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Thomas Jarzombek: Wir müssen uns auf den ländlichen Raum fokussieren

Fortsetzung der Aussprache zur Regierungserklärung Verkehr und digitale Infrastruktur

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bemitleide den Kollegen Krischer, weil er während seiner Rede so schreien musste. Die Mikrofone funktionieren aber, stelle ich fest.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Politik ist auch zum Schreien!)

Herr Krischer, Sie sind ja sozusagen der inoffizielle dieselpolitische Sprecher der Grünenfraktion. Das, was ich nicht begreife, ist, warum Sie, wenn Sie den Vorwurf an den Bundesverkehrsminister richten, er sei schuld daran, dass durch Tricksereien bei der Software der Autos die Grenzwerte nicht eingehalten werden, sagen, dass ein Update dieser Software zur Einhaltung der Zulassungswerte nichts bringen soll.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht verstanden! – Gegenruf der Abg. Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Das war klar!)

Das ist der Kern dessen, was der staatliche Rahmen ist. Darüber hinaus erwecken Sie pausenlos den Eindruck, als ob Dieselfahren in Deutschland direkt nach Geschwistermord kommt.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Genau!)

Das wird vielen Menschen nicht gerecht, die Autos gekauft haben, die mit dafür sorgen, dass die Luftqualität in Deutschland besser geworden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Man bekommt ja den Eindruck, sie wäre schlechter geworden.

Meine Damen und Herren, in meiner Heimatstadt Düsseldorf werden Kontrollen vorgenommen. Wenn man sich diese Kontrolldaten ansieht, stellt man fest, dass die Stickoxidwerte gesunken sind und dass angesichts dieser Entwicklung in vier Jahren alle Grenzwerte eingehalten werden. Wenn Sie heute die Jagd auf die Dieselfahrer eröffnen und, weil es irgendwo noch drei Jahre Umstellungszeitraum gibt, die Autos der Leute verschrotten wollen, dann werden jedenfalls wir als CDU/CSU-Fraktion dabei nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte heute zur Digitalisierung sprechen. Die Digitalisierung im Verkehr ist übrigens auch etwas, was die Grünen überhaupt nicht auf dem Zettel haben. Dass die realen Emissionswerte so weit von denen auf dem Rollenprüfstand abweichen, liegt auch daran, dass in manchen Städten, wo die Grünen regieren, die Ampeln so programmiert sind, dass Sie garantiert jedes Mal eine rote Ampel sehen, wenn Sie an eine Kreuzung kommen.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Bremsen und Beschleunigen verursacht nicht weniger Ausstöße. Lieber Herr Krischer, ich würde gerne mit Ihnen zusammen eine Initiative starten und die Ampeln so vernetzen, dass die Autos bei optimalen Gegebenheiten durchfahren können. Das würde sowohl den Lärm als auch die Emissionen senken.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht ist in Düsseldorf der Karneval noch nicht vorbei!)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Thomas Jarzombek (CDU/CSU):

Wenn er nicht so schreit, ja. –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ach so, vom Kollegen Janecek. Ja, wunderbar.

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Lieber Kollege Jarzombek, wir kennen uns ja aus dem Ausschuss Digitale Agenda. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass die Stadt Darmstadt, die von einem grünen Oberbürgermeister regiert wird, im Jahr 2017 als „Digitale Stadt“ ausgezeichnet worden ist, weil sie das Thema „Mobilität, Vernetzung, Digitalisierung“ in den Vordergrund stellt und auch umsetzt. Genau das ist es, was wir Grüne wollen, nämlich in der Fläche – übrigens auch für die ländlichen Räume – eine Mobilität des Teilens mittels digitaler Modelle zu ermöglichen. Die letzte Bundesregierung war da nicht besonders fortschrittlich. Nehmen Sie das zur Kenntnis, und stimmen Sie mir zu, dass wir da entschlossen vorangehen müssen?

Thomas Jarzombek (CDU/CSU):

Herr Kollege Janecek, ich stimme Ihnen auf jeden Fall zu, dass es auch bei den Grünen vernünftige Leute gibt.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)

Wenn die sich in Darmstadt finden, dann gratuliere ich der Stadt dazu.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann Ihnen aber aus meiner Erfahrung sagen: Wenn ich versuche, hier in Berlin zum Reichstag zu kommen, sind da nicht nur vernünftige Leute am Werke.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie haben natürlich in einem Punkt recht – da sind wir uns einig –: Wir müssen mehr für die Breitbandinfrastruktur in Deutschland tun. Deshalb hat die Bundesregierung bereits in der letzten Legislaturperiode 4,4 Milliarden Euro dafür zur Verfügung gestellt.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie wollen nichts ausgeben für den Breitbandausbau!)

Die Krux ist, dass Deutschland wahrscheinlich das einzige Land auf der Welt ist, wo Breitbandkabel unterirdisch verlegt werden müssen. Das ist der Unterschied zu Rumänien und anderen Ländern. 80 Prozent der Kosten des Breitbandausbaus sind hier Tiefbaukosten. Darüber hinaus sind viele Kapazitäten erschöpft; wir haben komplizierte Ausschreibungsverfahren. Das ist der Grund, warum Mittel in Höhe von über 3 Milliarden Euro zugesagt, aber noch nicht abgerechnet wurden. Die Projekte sind in der Umsetzungsphase. Viele dieser Projekte werden in den nächsten Jahren dazu beitragen, die Breitbandversorgung im ländlichen Raum zu verbessern.

Damit werden wir uns aber nicht zufriedengeben; wir werden weitermachen. Im Koalitionsvertrag haben wir 10 Milliarden Euro dafür vereinbart, übrigens, Kollege Sitta, unabhängig von den Auktionserlösen der Mobilfunkfrequenzen; da stimme ich Ihrer Bewertung zu. Mit diesen 10 Milliarden Euro werden wir unsere Ziele neu justieren, und zwar von 50 MBit auf 1 000 MBit. Dafür brauchen wir die Unterstützung der Europäischen Union; denn zu den Absurditäten des Breitbandausbaus gehört, dass wir Anschlüsse mit 30 MBit oder mehr gar nicht fördern dürfen.

Ich sehe den Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage. Das ist für meine Redezeit ideal. – Bitte.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Die müssen wir dann zulassen. Sie haben selbstverständlich ein Recht auf eine Zwischenfrage.

Margit Stumpp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Jarzombek, ist Ihnen bekannt, dass die Definition „50 MBit“ in diesem Zusammenhang schon lange nicht mehr stimmt? Die Aufgreifschwelle liegt bei 30 MBit. Das heißt, die frühere und die jetzige Bundesregierung garantieren einen Breitbandzustand mit 30 MBit. Im Koalitionsvertrag ist auch nicht definiert, was Sie unter der Breitbandgarantie bis 2025 verstehen. Da ist nicht von 1 GBit die Rede.

Thomas Jarzombek (CDU/CSU):

Bei 30 MBit liegt die Aufgreifschwelle der Europäischen Union. Unsere Zielmarke sind 1 000 MBit. – Um das am konkreten Beispiel zu beschreiben: Von diesen 4,4 Milliarden Euro gehen 400 Millionen Euro in ein Programm für den Ausbau von Breitband in Gewerbegebieten. Wenn ein Gewerbegebiet 40 Gewerbeeinheiten hat, von denen 17 Gewerbeeinheiten über 32 MBit und die restlichen 23 Gewerbeeinheiten über 16 MBit verfügen, und wir eine Förderung auf den Weg bringen, um auf 1 000 MBit aufzurüsten, dann muss der Bagger um die 17 Einheiten herumfahren; denn die bleiben bei 32 MBit. Ich finde, das ist eine absurde Politik. Das müssen wir in Europa ändern; sonst werden wir in Deutschland keinen konformen Breitbandausbau machen können.

Ihre Frage zu dem garantierten Breitbandanschluss im Jahr 2025 – so weit war ich ja noch gar nicht – ist relativ einfach zu beantworten: Das geht einher mit der Universaldienstverpflichtung, die wir in dieser Legislaturperiode noch beraten werden. Dann werden wir auch sehen, wie das genau ausgestaltet wird. Das kann man jetzt nicht vorwegnehmen. Aber klar ist, dass es einen Anspruch auf die Bandbreite geben wird, die 80 Prozent der Bevölkerung haben. Das wird im Jahr 2025 1 GBit sein. Dafür nehmen wir diese Mittel in die Hand.

Im Übrigen ist es ein Missverständnis, dass wir mit Staatsmitteln jeden Anschluss in Deutschland auf 1 000 MBit aufrüsten. Ich glaube, gerade in den innerstädtischen Bereichen werden die Unternehmen das im Wettbewerb machen.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Richtig!)

Wir haben heute schon eine Reihe Anschlüsse mit 400 oder 500 MBit, die wir in den nächsten Jahren auf 1 000 MBit bringen wollen. Ich glaube aber, dass es nicht unsere Aufgabe ist, da staatliche Mittel zu investieren, wo es auch Private machen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wir tun müssen, ist, uns auf den ländlichen Raum zu fokussieren. Wir haben hier eine Open-Access-Verpflichtung verabredet. Das ist, glaube ich, richtig, damit man nicht an einen Anbieter gebunden ist. Den Rechtsanspruch haben Sie benannt.

Das letzte Thema, das uns dieser Tage ja sehr beschäftigt, ist die Frequenzauktion der fünften Mobilfunkgeneration. Hier ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir schnell vorwärtskommen. Wir haben immer gesagt: Wir wollen das erste Land in Europa sein, in dem es 5G gibt. – Wir haben im Koalitionsvertrag verabredet, dass wir in fünf Regionen damit anfangen wollen. Wir diskutieren im Beirat der Bundesnetzagentur darüber, wie wir es schaffen können, dass diese Netze auch im ländlichen Raum funktionieren; denn da gibt es heute noch große Lücken: auf den Kreisstraßen, auf den Staatsstraßen, teilweise sogar auf den Bundesautobahnen. Hier sind wir dabei, ein besseres Regime vorzubereiten, damit wir durchsetzen können, dass die Versorgungsauflagen auch eingehalten werden.

Am Schluss ist mir wichtig, eines noch zu sagen: Wenn wir das Internet der fünften Generation einführen, dann muss das auch für die Hidden Champions im ländlichen Raum verfügbar sein. Der Unternehmer, der im Sauerland oder im Münsterland seine Industriehalle mit 5G ausrüsten will, muss das vom ersten Tag an können; er soll nicht darauf warten müssen, bis irgendein Anbieter das in seiner Region ausbaut. Deshalb werden wir einen Teil des Spektrums für Anwendungen vor Ort reservieren, die den Industrieunternehmen die Möglichkeit geben, von dieser Technik als Erste zu profitieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)