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Steffen Bilger: Fahrverbote sind nicht sinnvoll, um die Luftreinhalteziele zu erreichen

Rede zur Elektromobilität

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Dienstag hat die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, ihr Gutachten zum Thema „saubere Luft, Grenzwerte und Fahrverbote“ vorgelegt. Dieser Bericht bestätigt uns in unserer Linie beim Einsatz für Luftreinhaltung unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das genaue Gegenteil ist der Fall!)

Fahrverbote sind nicht sinnvoll, um die Luftreinhalteziele zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])

Viel besser geeignet sind Maßnahmen wie Softwareupdates, Hardwarenachrüstungen bei Bussen, der Umstieg auf alternative Antriebe, die Förderung des ÖPNV, des Radverkehrs und neuer Mobilitätsangebote. Und: Die Luft wird ohnehin Jahr für Jahr besser, sodass es unter Beibehaltung der bisherigen Anstrengungen nur eine Frage der Zeit ist, bis die Grenzwerte überall eingehalten werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP] – Florian Oßner [CDU/CSU]: Exakt!)

Die Leopoldina bestätigt, dass es richtig ist, auf Innovationen statt auf Verbote zu setzen. Die Wissenschaftler bestätigen auch, dass es nicht richtig wäre, sofort nur noch auf Elektroautos zu setzen. Saubere Verbrennungsmotoren werden noch eine Zeit lang ihre Berechtigung haben. Außerdem gibt es auch andere alternative Antriebe als nur das Elektroauto mit Batterie.

Ein Grundkonflikt wird in der politischen Debatte ohnehin bleiben: Stehen wir zur Individualmobilität, zur Freiheit des Menschen, selbst zu entscheiden, wie er von A nach B kommt, oder wollen wir alles reglementieren und mit Verboten und Verteuerungen eine Umerziehung anstreben?

Am Montag gab es ein Ereignis, das viel über die aktuelle Debatte aussagt. Minister Scheuer fuhr zu einer Veranstaltung und wurde von selbsternannten „Aktivisten“ gestoppt. Greenpeace feierte die Aktion in den sozialen Medien und freute sich, dass der Minister in „seinem dicken SUV“ gestoppt wurde. Nur: Der „dicke SUV“ war ein Elektroauto.

(Zuruf von der FDP: Was? – Florian Oßner [CDU/CSU]: Na, sag mal!)

Meine Damen und Herren, wer aus ideologischen Gründen sogar dagegen ist, dass man mit einem Elektroauto, egal ob groß oder klein, unterwegs ist, dem sage ich sehr deutlich: So nicht! Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Spaßminister?)

Das Ziel muss doch sein, nachhaltige, effiziente und bezahlbare Mobilität zum Wohl der Menschen zu ermöglichen.

Die Umsetzung der Energiewende ist eine große Herausforderung. Das gilt umso mehr für die Energiewende im Verkehr. Um die Ziele der Bundesregierung im Bereich Klimaschutz zu erreichen – Schadstoffminderung und Energieeffizienz –, sind erhebliche Veränderungen für das gesamte Mobilitätssystem notwendig. Der schrittweise Umstieg auf alternative Antriebe und Kraftstoffe mit gleichzeitigem Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur ist dabei eine unverzichtbare Voraussetzung.

Die Bundesregierung unterstützt den Markthochlauf alternativer Antriebstechnologien mit zahlreichen Aktivitäten und Fördermaßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung, Marktaktivierung und Beschaffung über entsprechende Förderprogramme. Das betrifft sowohl die batterieelektrische Mobilität als auch die Nutzung von Wasserstoff- und Brennstoffzelle. Auch die Gasmobilität mit steigenden Anteilen erneuerbarer Gase sowie biogene und strombasierte Flüssigkraftstoffe werden ihren Beitrag leisten. Auch die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe verdient Unterstützung. Offen gesagt, kann ich die Ablehnung von Teilen der Grünen, was die synthetischen Kraftstoffe anbelangt, nicht nachvollziehen.

In anderen Bereichen gibt es, wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, Übereinstimmungen. Auch wir sind beispielsweise der Auffassung, dass im Bereich der privaten Ladeinfrastruktur mehr passieren muss. Daher hat Minister Scheuer kürzlich ein Förderprogramm für private Ladeinfrastruktur vorgeschlagen. Auch beim Wohneigentumsrecht soll sich endlich etwas tun.

Im Ergebnis müssen also, um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen, alle vorhandenen Technologien ihre Potenziale zur Reduzierung der Emissionen im Verkehr beisteuern. Heute Morgen beim „Tag der Logistik“ habe ich viele Beispiele für die Anwendung alternativer Antriebe gesehen. Zum Westhafen bin ich mit einem Wasserstoffauto gefahren. Dort wurde ein Schiffsprojekt mit Wasserstoffantrieb vorgestellt. Es waren Zugmaschinen mit Elektroantrieb im Einsatz. Die Unternehmen, die sich dort präsentiert haben, setzen Gas-Lkw ein. Das alles ist schon Realität.

Für alle genannten Beispiele und auch für Hybridbusse oder Wasserstoffzüge gibt es Fördermaßnahmen des Bundes. Ich will einen eindrucksvollen Beleg für diese effektive Förderung nennen. Seit Sommer letzten Jahres konnten wir allein im Lkw-Bereich – wir reden viel zu oft nur über das Auto, aber auch im Lkw-Bereich gibt es gewaltige Potenziale für alternative Antriebe – die Anschaffung von 506 LNG- und 160 CNG-Lkw, beides Gas-Lkw, und von 22 E‑Lkw fördern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Alternative Antriebe technologieoffen zu fördern, ist wichtig. Nicht die Politik muss entscheiden, welche Form nachhaltiger Mobilität sich durchsetzt. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bundesregierung hält einen breiten Technologiemix zur Erreichung der im Klimaschutzplan 2050 beschlossenen Klimaziele für notwendig. Deshalb müssen wir die Potenziale aller verfügbaren Technologien bestmöglich erschließen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)