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Rüdiger Kruse: "Wir müssen uns bemühen, auch eine Nachhaltigkeitsdebatte zu führen"

Rede zum Einzelplan 16 - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Rüdiger Kruse (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind in der Haushaltsdebatte, und wir sind bei jedem Etat gleichzeitig noch in einer anderen Debatte.

Die Haushaltsdebatte ist ziemlich klar. Sie geht nach ziemlich logischen Regeln vonstatten. Wir haben einen Gesamthaushalt. Wir haben eine gesetzliche Vorgabe, das ist die Schuldenbremse, und wir haben zusätzlich die Verpflichtung dieser Koalition, dass wir keine neuen Schulden machen, die berühmte schwarze Null. Das steht über allem, und daran muss sich jedes Haus halten. Das heißt, in der Zusammenfassung muss das Ergebnis stimmen. Wenn es noch nicht stimmt, muss es nachjustiert werden. Das ist unter anderem eine Aufgabe des Haushaltsausschusses. Dann gibt es daneben eine fachlich geprägte Debatte in jedem einzelnen Ressort, in der dann auch immer wieder gefragt wird: Welche Auswirkung hat denn zum Beispiel eine Maßnahme im Umweltschutz auf den Bereich Wirtschaft?

Im Bereich Wirtschaft kann man genau umgekehrt fragen. Und Dinge, die man bei Umwelt inhaltlich vermisst, sind vielleicht im Bereich Verkehr geregelt. Manchmal wird ja auch das angesprochen, was wir dort machen. Aber dafür haben wir keine klaren Regeln, wir haben keine Möglichkeiten, so etwas festzustellen. Beim Haushalt, beim finanziellen Aufwand haben wir dann auch noch den Bundesrechnungshof, der uns kritisch begleitet. Das heißt, wir haben immer eine Prüfinstanz.

Die zweite Debatte betrifft die Nachhaltigkeit. Wirtschaft, Umwelt, Soziales, die verschiedenen Auswirkungen darauf und der Anspruch, Einzelthemen miteinander in Einklang zu bringen, das sind die Nachhaltigkeitsziele. Gibt es dort denn keine feststehenden Regeln, gibt es dort nicht so etwas wie die Schuldenbremse? Doch, natürlich: 2015 – nicht in Deutschland allein, sondern weltweit – wurden sie beschlossen, die 17 Nachhaltigkeitsziele. Das sind keine 17 Ziele, die sich irgendeine NGO ausgedacht hat, wo dann die Opposition eines Landes der Regierung des Landes vorhalten könnte, dass sie diese Ziele verfehlt, und die Regierung sagen kann, dass das nicht ihre Ziele seien. Das sind die Ziele dieser Regierung und auch der zukünftigen Regierungen, das sind die Ziele von allen europäischen Regierungen, das sind die Ziele, auf die man sich weltweit geeinigt hat.

Aber wir haben weder eine Debatte dazu, noch haben wir ein Berichtssystem, das eine solche Möglichkeit eröffnet. Ralph Brinkhaus, der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, hat es schon postuliert: Wir brauchen ein Berichtssystem, das auch diese Kriterien erfasst. Wir müssen in die Lage versetzt werden, zu sehen, welche Auswirkungen eine Maßnahme, die wir zum Beispiel im Landwirtschaftsbereich machen, wiederum im Umweltbereich hat – um dann zu sehen, ob das im Einklang mit allen 17 Nachhaltigkeitszielen ist.

Wir können feststellen, dass sich das Parlament und federführend der Haushaltsausschuss intensiv damit beschäftigt hat. Die Veränderungen, die wir in den einzelnen Haushalten vorgenommen haben, sind alle kongruent mit den 17 Nachhaltigkeitszielen.

(Gerhard Zickenheiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Das ist ein großer Erfolg. Aber das reicht natürlich nicht. Wenn es nur um Zuwächse geht, wird das nicht ausreichen, um einen so großen Tanker umzusteuern. Das heißt, wir müssen uns bemühen, in Zukunft nicht nur eine Haushaltsdebatte, sondern immer auch eine Nachhaltigkeitsdebatte zu führen. Dafür müssen wir ein Berichtssystem entwickeln, Kriterien entwickeln, an die sich die Bundesregierung halten muss, die wir kontrollieren können und wo es dann wiederum eine Prüfinstanz gibt; das könnte auch der Bundesrechnungshof machen. Auf dieser Grundlage müssen wir diese Debatte führen.

Andernfalls werden wir uns immer mit singulären Themen beschäftigen, ohne die Auswirkungen auf etwas anderes feststellen oder überprüfen zu können. Natürlich hat niemand die Absicht, die deutsche Automobilindustrie lahmzulegen, noch hat jemand die Absicht – wir, die die Regierung tragen, jedenfalls nicht –, Windenergie aus diesem Land zu vertreiben. Aber natürlich muss man sehen, was man mit einer Regelung, die gut gemeint ist, auf der anderen Seite auch bewirkt.

Wir sind hier alle deutsche Staatsbürger; sonst könnten wir nicht Abgeordnete im Parlament sein. Es gibt etwas, was sehr, sehr deutsch ist: Das ist der kategorische Imperativ. Wir sollten uns darauf verständigen, dass zukünftig Nachhaltigkeit zum kategorischen Imperativ der deutschen Politik wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)