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Michael Kießling: "Wir halten die kommunale Selbstverwaltung für wichtig"

Rede zur Förderung wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nicht oft einer Meinung mit den Grünen, aber, Frau Haßelmann, heute haben Sie meine volle Aufmerksamkeit erreicht, als Sie gesagt haben, der Antrag der Linken sei flüssiger als Wasser – so habe ich das verstanden –, weil er sich eigentlich überholt hat.

Als ehemaliger Bürgermeister und Mitglied im Kreisrat bin ich vom vorliegenden Antrag der Linken schon etwas enttäuscht. Er ist sehr rückwärtsgewandt. Es kommt mir so vor: Wer in der Vergangenheit lebt, versäumt, die Zukunft zu gestalten.

(Beifall des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Wenn ich Ihren Antrag lese, stelle ich fest: Er ist von vorgestern. Mehr noch: Ich frage mich, ob Sie mit den Kommunen vor Ort gesprochen haben. Wir haben gehört, wie die Kommunen arbeiten. Die Daseinsvorsorge ist eine kommunale Sache, und das soll sie auch bleiben. Der Bund sollte sich bitte heraushalten, um den Handlungsspielraum der Kommunen entsprechend zu gewährleisten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir halten die kommunale Selbstverwaltung für wichtig. Das entspricht auch dem Grundgedanken des föderalen Staates.

Was fordert Die Linke? Landesrechtliche Beschränkungen der wirtschaftlichen Tätigkeit der Kommunen sollen aufgehoben werden. Dazu kann ich nur sagen, dass der Rechtsrahmen zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen in unseren Bundesländern ganz bewusst unterschiedlich geregelt ist, und das hat auch einen Grund. Es gibt unterschiedliche politische Gegebenheiten, und daher ist das durchaus sinnvoll. Eine Harmonisierung, so wie sie Die Linke fordert, ist deshalb grundsätzlich abzulehnen.

Die Rechtslage in den meisten Kommunen ist folgende: Sie sollen dort wirtschaftlich tätig sein, wo es für die Erfüllung der Aufgabe der Daseinsvorsorge erforderlich ist und diese nicht durch eine partnerschaftliche Aufgabenerledigung erbracht werden kann. Das ist genau das, was wir als Kommunale wollen: Wir wollen das, was wir selber lösen können, selber lösen, und dort, wo wir Partner brauchen, lösen wir das mit Partnern. In der jetzigen Gesetzgebung gibt es die entsprechenden Freiheiten schon. Ihren Antrag brauchen wir dazu nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jeder, der als Kommunaler unterwegs ist, weiß: Es geht immer um die Einzelfallbetrachtung: Was mache ich in einem bestimmten Fall? Soll das über die Privatwirtschaft laufen, über die Kommune oder über die Stadtwerke? Das sollte man offenhalten. Eine Bevormundung vonseiten des Bundes und die Behauptung, dass der Bund alles besser weiß, können wir uns schenken. Ich glaube, dass die Menschen vor Ort sehr gut entscheiden können, wie die Kommune, wie der Landkreis gestaltet werden soll.

Ich wähle ein Beispiel – zufällig, weil ich von dort komme – aus Bayern. Nehmen wir die Abfallbeseitigung. Es gibt hier die Förderung von Privaten und Öffentlichen. In Bayern fallen jährlich circa 6 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle an. Rund 12 600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten hauptsächlich in der privaten Entsorgungswirtschaft, Tendenz steigend. Damit will ich nur verdeutlichen, dass private Unternehmen einen Beitrag leisten: zum einen als Dienstleister und kommunaler Partner; zum anderen schaffen sie Arbeitsplätze. Jeder, der ein Unternehmen vor Ort hat, weiß, dass private Unternehmen über die Gewerbesteuer den Kommunen Geld wieder zur Verfügung stellen. Somit denke ich nach wie vor: Was wir brauchen, ist eine soziale Marktwirtschaft, und Sie können darauf vertrauen – auch Die Linke –, dass sie auch funktioniert.

Der Verbraucher sieht das übrigens genauso. 97 Prozent der bayerischen Bevölkerung sind mit der Abfallentsorgung zufrieden. Bürger in Landkreisen mit kommunaler Abfallbeseitigung zahlen ungefähr 14 Prozent mehr Müllgebühren. Wir sehen also, dass kommunale und private Partnerschaften durchaus von Vorteil sind, nicht nur für die Kommunen selber, sondern auch für den Verbraucher und die Bürger vor Ort.

Die Linken fordern – das ist heute ebenfalls schon angesprochen worden –, dass die Rahmenverträge mit der Partnerschaft Deutschland gekündigt werden. Wenn man mit den Kommunalen redet, dann stellt man fest: Das ist eine Beratungsfirma, deren Dienste sehr gut angenommen werden. Sie berät die Kommunen, etwa wie sie rekommunalisieren und ihre Ausschreibungen gestalten können. Früher war es anders. Es gab die ÖPP, also die öffentlich-private Partnerschaft. Mit der PD, so wie sie jetzt aufgestellt ist, haben wir einen wichtigen Partner für unsere Kommunen vor Ort. Ich bitte Sie: Reden Sie mit den Vertretern Ihrer Kommunen vor Ort. Dann bekommen Sie vielleicht ein anderes Bild, und Sie legen in Zukunft keinen solchen Antrag mehr vor.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Zu guter Letzt zum Antrag der FDP. Er ist ein klassischer Gegenpol zum Antrag der Linken. Ich glaube – ich mache es kurz, weil schon viel gesagt worden ist –: So wie unser Gesetz momentan aufgestellt ist, gibt es eine gewisse Ausgewogenheit zwischen einer linken und einer sehr liberalen Haltung. Wir geben unseren Kommunen das richtige Werkzeug an die Hand. Die Kommunen und die Landkreise können selbstbestimmt agieren und sich entsprechend entwickeln.

Wir lehnen die vorliegenden Anträge ab. Ich denke, dass wir gut aufgestellt sind. Wie gesagt, wenn man vorher mit den Kommunen gesprochen hätte, dann hätten wir uns diese Stunde Debatte sparen können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Freitag und ein schönes Wochenende.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)