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Michael Kießling: Städtebauentwicklung ist ein langfristiges Projekt

Redebeitrag zum Thema Innenstädte als Heimatraum

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Beste, was Sie gesagt haben, Herr Magnitz, war: „Ich komme ... zum Schluss.“

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz ehrlich: Sie mussten über das Thema Corona reden, weil Ihr Antrag zum Thema Innenstädte nichts hergibt. Sie vermischen dort die Zuständigkeiten in unserem föderalen System. Sie vermischen die Verantwortung der Länder und die Planungshoheit der Kommunen. Das Interessante ist: Sie ignorieren auch das Eigentum der Menschen. Bei einer Innenortsentwicklung haben Sie sowohl die Kommunen als auch die Eigentümer als auch die Investoren an Bord. Das scheinen Sie in Ihrem Antrag komplett zu vergessen.

Das Schöne ist: Sie sprechen von Ordnung und von Innenpolitik. Sie sagen, Sie wollen Ordnung und Sicherheit haben. Was den Föderalismus angeht: Sie sind wahrscheinlich genauso lange im Bundestag wie ich und müssten daher eigentlich erkannt haben, wofür die Länder, wofür der Bund und wofür die Kommunen zuständig sind. Wenn Sie von Ordnung und innerer Sicherheit reden, dann reden Sie also von Länderverantwortung.

Zurück zum Antrag. Ich will gar nicht so sehr darauf eingehen, weil wir einiges, was Sie in Ihrem Antrag schreiben, längst umsetzen und auch schon auf den Weg gebracht haben, und zwar zusammen mit unserem Koalitionspartner, der SPD. Die Städtebauförderung ist die zentrale Säule der Städtebauentwicklungspolitik des Bundes, und das schon seit fast 50 Jahren; nächstes Jahr werden es 50 Jahre sein. Deshalb stellen wir dort 1 Milliarde Euro für 2021 zur Verfügung. Davon gehen 110 Millionen Euro an den Investitionspakt Sportstätten und 790 Millionen Euro in die Städtebauförderung.

Der Unterschied zwischen unseren Städtebauprogrammen und denen, von denen Sie in Ihrem Antrag schreiben, ist, dass wir sowohl den demografischen Wandel als auch die gesellschaftliche Veränderung als auch den Klimawandel in unsere Programme aufnehmen und damit sozusagen auch die Querschnittsaufgabe mit abdecken.

Was wollen wir? Wir wollen lebendige, liebenswerte Orte mit einer attraktiven Innenstadt haben. Dafür haben wir verschiedene Maßnahmen. Wir wissen aber auch, dass die Kommunen aufgrund der Coronapandemie in eine gewisse finanzielle Herausforderung reinlaufen. Daher haben wir zusätzlich zur Städtebauförderung, die als Standard enthalten ist, auch kommunale Konjunkturpakete auf den Weg gebracht. Das heißt, es gibt zusätzlich zu der Städtebauförderung, um den Kommunen Luft zu geben und um sie entsprechend handlungsfähig zu machen, zum Beispiel die Kompensation der Gewerbesteuereinnahmen von rund 5,9 Milliarden Euro, 75 Prozent der Übernahme der KdU, was 4 Milliarden Euro ausmacht, sowie die Unterstützung des ÖPNV von 2,5 Milliarden Euro. Das sind enorme Summen, die wir den Kommunen zur Verfügung stellen, damit sie ihren Aufgaben vor Ort gerecht werden.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, man müsse den Individualverkehr in den Orten besser gestalten. Gleichzeitig schreiben Sie weiter unten aber, die Innenstädte müssen durch den ÖPNV leichter erreichbar sein. Wie wollen Sie das machen? Sind Sie mal durch unsere Städte gefahren und haben sich angeschaut, wie die Straßen und der ÖPNV genutzt werden? Ich muss sagen: Da sind Sie etwas auf dem Holzweg.

Ich glaube, dass wir unsere Kommunen darin unterstützen müssen, sich mithilfe eines Gesamtkonzepts zukunftsfähig und klimaresilient – das haben wir gestern gehabt – aufzustellen, um in der Lage zu sein, die Lebensqualität vor Ort nachhaltig sicherzustellen.

Zum Thema Innenstadt. Das BMI ist aktiv geworden und hat einen Beirat Innenstadt eingerichtet, wo betroffene Akteure zusammenkommen. Wir sagen also nicht: „Wir machen die bessere Politik“, sondern wir fragen vor Ort Experten, die sich auskennen, um daraus entsprechende Maßnahmen abzuleiten und die Städtebauförderung entsprechend aufzustellen. Dazu sind Vertreter von Handel, Gastronomie, der Immobilienbranche und von Städte- und Gemeindeebenen eingeladen.

Sie reden auch vom Leerstand; das steht in Ihrem zweiten Antrag. Wenn Sie hergehen und Gebäude des Einzelhandels einfach umnutzen wollen, zum Beispiel in Seniorenheime, dann müssen Sie auch die Emissionen – ich weiß nicht, ob Sie davon schon gehört haben – berücksichtigen, also Lärm, Verkehr. Wenn man einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan hat und eine andere Nutzung draufsetzen will, ist es also wichtig, dass man sich Gedanken macht, wie man das gestaltet, weil es einfach unterschiedliche Interessen gibt, die abgewogen werden müssen.

Kurz und gut: Ihr Antrag ist eigentlich eine Katastrophe. Wenn man ihn sich durchliest, sieht man: Da steht nichts von Städtebauförderung, und Sie vermischen die verschiedenen Ebenen. Es ist also eigentlich schade um die Zeit, die wir heute damit verbringen müssen.

Wichtig ist, denke ich, dass wir es gemeinsam mit unseren Kommunen und mit den Ländern schaffen, unsere Städte langfristig zu gestalten; Städtebauentwicklung ist ein langfristiges Projekt. Daher müssen auch die Gelder entsprechend lange zur Verfügung gestellt werden.

Wir sind auf einem guten Weg, die Haushaltsmittel auch im nächsten Jahr wieder zu gewährleisten. Ich freue mich auch auf die Haushaltsberatungen und darüber, dass das vorangeht. Herzlichen Dank an die SPD für die gute Zusammenarbeit, was die Städtebauförderung betrifft. Wir sprechen zusätzlich auch oft über die Digitalisierung – dieses Thema wird oft aufgerufen –; Digitalisierung hilft, die Städte nachhaltig zu gestalten.

Herr Magnitz, wenn Sie schon einen Antrag stellen, dann reden Sie auch darüber, und reden Sie nicht über so viel Unsinn.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)