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Michael Donth

Michael Donth: Ein generell kostenloser ÖPNV ist nicht finanzierbar

Rede zu Chancen des kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehrs

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hofreiter, nachdem Sie keine Silbe zu Ihrem eigenen Antrag gesagt haben, muss ich das jetzt übernehmen. Aber dann mache ich das eben auch noch.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja auch Ihr Job!)

Dass ein generell kostenloser ÖPNV nicht finanzierbar ist und darüber hinaus womöglich zu unerwünschten Effekten führen kann, haben wir gerade vor einer Woche an dieser Stelle in einer Aktuellen Stunde diskutiert. Heute kommen wir wieder zum selben Thema. Wir diskutieren quasi dasselbe noch einmal in Grün.

Diesen Monat fand ja, wie wir der Zeitung entnehmen konnten – danke für den Hinweis, Herr Hofreiter –, ein Gespräch der fünf ausgewählten Modellkommunen mit Vertretern des Umweltministeriums statt. In diesem Gespräch hat sich keine der fünf Städte für den kostenlosen Nahverkehr als Baustein zur Luftreinhaltung ausgesprochen. Ich denke, es macht keinen Sinn – ich zitiere aus Ihrem Antrag –, „zusammen mit den Ländern und Kommunen ein Konzept für kostenlosen ÖPNV … voranzutreiben“, wenn die Kommunen das gar nicht wollen bzw. für nicht sinnvoll oder zielführend halten.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Ein Konzept schon!)

Deshalb ist es zielführender, das zusätzliche Geld für Maßnahmen zu verwenden, die jeweils passgenau für die Problemlage vor Ort am sinnvollsten sind.

(Beifall des Abg. Gero Storjohann [CDU/CSU] – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das verhindern Sie seit Jahren!)

Genau das war auch der Tenor in dem Gespräch am vergangenen Montag.

Interessant finde ich nebenbei, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dass Sie der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Brief an Kommissar Vella in den Medien Aktionismus vorgeworfen haben, weil nach Ihrer Ansicht – so war zumindest Herr Krischer, der ja auch hier ist, zu vernehmen – ein kostenloser ÖPNV das aktuelle Problem schmutziger Luft nicht lösen würde. Und jetzt fordern Sie in Ihrem Antrag – auch von Herrn Krischer unterschrieben –, dass wir die Chancen des kostenlosen ÖPNV nutzen sollen. Ja, was denn jetzt? Das ist doch Aktionismus.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Donth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jung?

Michael Donth (CDU/CSU):

Nein.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Okay.

Michael Donth (CDU/CSU):

Aber grundsätzlich ist es ja erfreulich, dass Sie die Bundesregierung in Ihrem Antrag loben und die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zur Problemlösung für sinnvoll halten. Da bin ich in der Tat Ihrer Meinung.

Ich bin zuversichtlich, dass wir mit Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam das Problem in den Griff und die Luft noch sauberer bekommen können. Daran arbeiten wir ja bereits.

Die Fördermaßnahmen aus dem Sofortprogramm „Saubere Luft“, das für besonders betroffene Städte geschaffen wurde, laufen bereits an. Darin sind die Digitalisierung der kommunalen Verkehrssysteme, intelligente Verkehrslenkung, Elektrifizierung von Bussen und Taxis, Carsharing-Autos und des Lieferverkehrs und die Nachrüstung von Dieselbussen vorgesehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit können wir schon einen großen Teil des Verkehrs – der Fahrzeuge, die den ganzen Tag in unseren Innenstädten herumfahren – deutlich sauberer machen. Deshalb brauchen wir nicht den Pendler auszusperren, der nur einmal morgens in die Stadt hinein- und abends wieder nach Hause fährt.

Im Jahr 2017 ist die Zahl der Städte, die die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in der Luft überschritten haben, weiter zurückgegangen, von zuletzt 90 auf wahrscheinlich – die Zahl ist noch nicht genau ermittelt – unter 70. Die Überschreitungen waren darüber hinaus weniger signifikant als im Jahr zuvor, wohlgemerkt ohne die Maßnahmen aus dem Sofortprogramm, die ich gerade aufgezählt habe. Wenn diese zusätzlich greifen, wird es einen weiteren spürbaren Fortschritt in Richtung saubere Luft geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen zusammen mit den Ländern und Kommunen den öffentlichen Personennahverkehr weiter ausbauen und attraktiver machen, damit ihn noch mehr Menschen nutzen können und auch nutzen wollen. Um dies zu erreichen, ist es einfach nicht genug, nur ein kostenloses Ticket anzubieten. Das ist vielleicht sogar kontraproduktiv; wir wollten das austesten. Es gibt nicht die Lösung, die wir als Bund allen gleich vorschreiben sollten. Im Gegensatz zu den Grünen gehört für uns missionarischer Eifer in den Bereich der Religion und nicht in die Politik. Wir setzen auf kommunale Ideen, in Reutlingen genauso wie in Essen. Wir wollen die Städte einbinden und ihnen nicht mit grüner Besserwisserpolitik etwas überstülpen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)