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Mechthild Heil: Die ländlichen Räume spielen beim Thema Wohnen eine wichtige Rolle

Rede in der aktuellen Stunde zu den Ergebnissen des Wohngipfels

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht Arbeit etwa oder Rente, nein, „Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit.“ Dieser Satz hat in den letzten Monaten wirklich eine steile Karriere gemacht, auch heute haben wir ihn ein paarmal gehört. Und an dem Satz – das muss ich ehrlich sagen – ist natürlich etwas Wahres dran, aber mit diesem Satz ist noch längst nicht alles gesagt. Wohnen ist doch viel mehr. Wohnen ist das Urbedürfnis von uns Menschen, zu Hause zu sein, Heimat zu fühlen, Schutz zu haben, sich treffen zu können. Wohnen ist eine wichtige gesellschaftliche Frage, es ist eine wichtige wirtschaftliche Frage, und natürlich ist es auch eine kulturelle Frage.

Es ist daher zwar richtig, beim Thema Wohnen auf den sozialen Aspekt, wie Die Linke das gemacht hat, und auf die hohen Wohnkosten in den Ballungsgebieten zu schauen, aber das alleine reicht nicht aus; denn nicht überall in Deutschland herrscht Wohnungsmangel. In einigen Regionen gibt es sogar erheblichen Leerstand. Die Menschen gehen dorthin, wo es attraktive Angebote gibt: Angebote für die Ausbildung, für den Arbeitsplatz, für Kitas, für Schulen, für ein breites Freizeitangebot oder auch ein Kulturangebot. Wenn aber die Regionen mit Wohnungsleerstand nur 20 Kilometer vom Ballungsgebiet mit explodierenden Mieten entfernt sind, dann müssen wir uns doch fragen: Woran liegt das? In der Antwort auf diese Frage liegt ein Teil der Lösung für „ die soziale Frage unserer Zeit“.

Die ländlichen Räume spielen beim Thema Wohnen eine wichtige Rolle. Es geht – Herr Daldrup hat es eben gesagt – um gleichwertige Lebensverhältnisse in Berlin wie in Berlichingen. Das ist unsere Aufgabe. Es geht um ein faires Miteinander der Regionen zum Wohle aller. Ländliche Räume brauchen starke Zentren, und die Ballungsgebiete haben ihrerseits ein großes, ein vitales Interesse an lebendigen Entwicklungen der Räume um sie herum.

Ich kann das auch ganz einfach mit einem indianischen Sprichwort sagen: Erst wenn die letzte Baulücke gefüllt und das letzte Dachgeschoss aufgestockt worden ist,

(Heiterkeit der Abg. Karsten Möring [CDU/CSU] und Michael Theurer [FDP])

dann werdet ihr merken, dass man in Ballungsgebieten nicht unbegrenzt bezahlbaren Wohnraum schaffen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen also beides tun: den Gebieten helfen, die von Wohnraummangel betroffen sind – dazu wurde von meinen Vorrednern schon viel Richtiges gesagt –, aber auch Entlastungen schaffen, indem wir die ländlichen Regionen weiter stärken und attraktiver machen, zum Wohle von Stadt und Land.

Ich rede hier wirklich nicht dem unkontrollierten Flächenfraß das Wort. Auch im ländlichen Raum gibt es natürlich das Gebot der Verdichtung. Wir brauchen die Revitalisierung der Ortskerne und deshalb auch die Stärkung der örtlichen Verwaltungen, die diese Revitalisierung vor Ort durchsetzen müssen. Wir brauchen auch die Konversion von ehemaligen Militärflächen, und wir müssen über Brachflächenreaktivierung sprechen, gerade mit Blick auf das Problem der unkalkulierbaren Bodenbelastungen. Dieses Problem müssen wir lösen, auch wirtschaftlich.

Ländliche Regionen sind als Wohnort dann besonders attraktiv, wenn die Verkehrsanbindungen besonders gut und zuverlässig sind. Deshalb sage ich: Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ist noch Luft nach oben, und auch die eine oder andere Straße – das sage ich an die linke Seite dieses Hauses gerichtet – ist noch auszubauen. Auf die Bedeutung guter Freizeitangebote und Naherholungsgebiete habe ich schon hingewiesen. Wenn wir das alles beherzigen, dann kann die Entlastung der Ballungsgebiete ein Stück weit besser funktionieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, Wohnen ist eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit; aber wir leben in einem Land, in dem Gebäude oft älter werden, als ein Menschenleben dauert. Was wir heute entscheiden, was wir heute an Bautätigkeiten anregen, wird die Welt unserer Kindeskinder noch prägen. Deshalb ist mir nicht in erster Linie wichtig, dass wir schnell vorgehen, sondern dass wir die Maßnahmen, die wir geplant haben, klug und verantwortungsbewusst umsetzen, zum Wohle unseres Landes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sören Bartol [SPD])