Skip to main content

Jens Koeppen: Die Ziele müssen realistisch sein"

Rede zu CO2-Vorgaben für neue Pkw

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Verkehrsbereich sind Ressourceneffizienz, die Minderung von Abgasen und CO 2 -Optimierungen immer ein Thema und werden seither leidenschaftlich diskutiert, und zu Recht. In diesem Bereich gibt es ein großes Einsparpotenzial. Seither engagieren sich auch Ingenieure, Techniker, Wissenschaftler, das Handwerk, die Industrie, aber auch die Politik bei diesen Themen. Seit jeher gibt es aber auch einen Überbietungswettbewerb in Bezug auf Regeln, die Festlegung von Grenzwerten und die Steuerungsmechanismen.

Auch in dieser Debatte sieht man, wie viele Dokumente es gibt. Man weiß nicht genau, welche Zahlen für uns aktuell sind und welche Dokumente gelten.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie regieren doch! Da müssten Sie es doch wissen!)

Wir haben zum einen den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit sehr ambitionierten Zielen, aber auch mit einer deutlichen Mikrosteuerung, die wirklich in die einzelnen Details geht. Da haben wir den Kommissionsvorschlag aus Brüssel zu den Minderungsvorgaben. Dann haben wir den Klimaschutzplan unserer Bundesregierung, der bereits die Pariser Klimaschutzziele beinhaltet. Und dann gibt es zurzeit ein Papier, das nicht hier, sondern in der Öffentlichkeit die Runde macht und in dem das Umweltministerium die Mikrosteuerung noch einmal drastisch verschärft und die Ziele gegenüber den ambitionierten im Kommissionsentwurf ganz schnell einfach verdoppelt.

Das ist aus der Sicht der einzelnen Autoren durchaus verständlich. Wenn wir uns Ziele aber setzen – das wurde heute ja schon mehrfach angesprochen –, dann müssen sie auch realistisch, müssen sie erfüllbar sein. Es macht nämlich überhaupt gar keinen Sinn, wenn man jedes Mal mit Beharrlichkeit versucht, sowohl Physik als auch den Stand von Wissenschaft und Technik sowie die Wirtschaftlichkeit völlig auszublenden. Deswegen bin ich Wirtschaftsminister Altmaier sehr dankbar, der am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss gesagt hat: Wir brauchen durchaus ambitionierte Ziele, aber diese müssen auch realistisch und umsetzbar sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben in der Tat einen sehr ambitionierten Klimaschutzplan 2050 erarbeitet. Auf dessen Basis soll und darf die Bundesregierung in Brüssel verhandeln. Ich sage Ihnen: Ideologische Non-Paper aus den Amtsstuben, in denen der Sachverstand teilweise fehlt, sind bei den Verhandlungen in Brüssel völlig fehl am Platze.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben im Verkehrsbereich in den letzten Jahren mit Blick auf die Reduktionsziele respektable Verbesserungen erreicht.

(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

– Ja, das ist so. – Denn der spezifische Endenergieverbrauch ist im Vergleich zu 2005 um 10 Prozent zurückgegangen; es wurde heute schon darauf hingewiesen. Durch die zunehmende Mobilität, Herr Kühn, durch die Ausweitung des Pendlerverhaltens usw. ist allerdings dieser Emissionsrückgang in realen Zahlen nicht mehr messbar. Sie können es den Bürgern aber nicht verwehren, zu ihrer Arbeit zu pendeln, wenn sie dies müssen. Ich sage also: Wir müssen was tun.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was?)

Aber davon, dass man die Maßnahmen der Automobilindustrie zur Erreichung ihrer Ziele als Nichtstun bezeichnen müsste, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, kann überhaupt nicht die Rede sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bis zum Jahre 2020 will die deutsche Automobilindustrie zum Beispiel alternative Antriebe mit 40 Milliarden Euro unterstützen und entsprechend investieren sowie das Modellangebot in diesem Bereich um weitere 100 Modelle erweitern. Ich denke, das kann man mit Respekt entgegennehmen.

Was kann nun die Politik tun? Die Politik muss in der Tat gute Rahmenbedingungen setzen und in die Infrastruktur investieren. Da ist einiges passiert. Möglicherweise sind das erste Schritte: 300 Millionen Euro für den Ausbau der Ladeinfrastruktur, dann die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge, steuerliche Förderung der Elektromobilität, das Carsharinggesetz, Forschungsförderung und, und, und. Hier braucht es in der Tat weitere Anstrengungen. Aber dabei muss es sich um mehr handeln als nur um Zahlen und nicht erfüllbare Wunschzettel; denn das A und O ist die Technologieoffenheit. Die Entwicklung muss offen gestaltet werden; denn das Ziel ist entscheidend und nicht der Weg dahin.

Wir müssen weiterhin investieren und forschen: bei synthetischen Kraftstoffen, bei den Wasserstoffantrieben, bei der Verbesserung der Verbrennungsmotoren, bei intelligenten Leitsystemen, bei Digitalisierung, ÖPNV, Schiene und Carsharing. In Ihrem Antrag wird allerdings wieder einmal ein Weltbild von Bevormundung, Verboten und unerfüllbaren Zielen gezeichnet. Das ist nicht meine Vorstellung von moderner, technologieoffener Verkehrspolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wiehle [AfD] – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn der SUV und die Premiumklasse für Sie immer noch die Blechwerdung des Bösen ist und Sie das verteufeln, wird es diese Fahrzeuge trotzdem geben. Der Markt ist offen. Selbst wenn Sie diese Fahrzeuge verbieten, wird es sie geben. Wie wollen Sie das denn verhindern?

Glauben Sie denn wirklich, dass mit der Verteufelung einzelner Technologien deren Ausschluss Wirklichkeit wird? Ist es dann nicht besser, wenn wir die Emissionen im Verkehrsbereich mit der Industrie, mit den Technikern, mit den Wissenschaftlern reduzieren, und zwar mit Marktanreizen? Ist es nicht besser, Partner der Branche zu sein, statt ihr immer wieder feindlich gegenüberzutreten? Ist es nicht besser, die Gestaltung der Produktpalette den Herstellern zu überlassen, um das Ziel über Kundenwünsche und Anreize für alternative Antriebe zu erreichen?

Mein Fazit: Solange wir ambitionierte, aber realistische Ziele erreichen werden, sollte das unser Weg sein. Dann haben Sie uns auf Ihrer Seite.

(Beifall bei der CDU/CSU)