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Hermann Färber: Was wir brauchen, ist mehr Forschung

Rede zur Reduzierung von Pestiziden

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Antrag der Grünen zur Reduktion von Pestiziden liest, bekommt man den Eindruck, dass man einfach nur Pflanzenschutzmittel weglassen müsste oder am bestem auf ökologische Landwirtschaft umstellen sollte, und dann wäre alles gut.

In Wirklichkeit aber stehen traditionelle und ökologische Landwirtschaft im Bereich des Pflanzenschutzes vor gewissermaßen gleich großen Herausforderungen; denn auch die ökologische Landwirtschaft kommt eben nicht ohne Gift aus. Zwar werden im Biolandbau keine synthetischen Stoffe eingesetzt, aber die Zulassung der Pestizidanwendungen im ökologischen Landbau in Deutschland umfasst immerhin 99 DIN‑A4-Seiten. Diese Liste enthält Stoffe wie Mineralöle, Bakterienstämme, Viren, Mikroorganismen, Pflanzenextrakte, aber natürlich auch Chemikalien wie Kupfer. Daran sieht man schon, dass die Begriffe „natürlich“ oder „natürliche Gifte“ nicht automatisch auch „harmlos“ und „gesund“ bedeuten.

Um beispielsweise den Pilzbefall auf den Reben zu vermeiden, müssen die Winzer, die Weinbauern im Ökolandbau Chemikalien, prophylaktische Lösungen mit Kupfersalzen, spritzen. Kupfer aber ist ein Schwermetall, das sich im Boden sehr schnell anreichert und bereits in geringen Dosen höchst toxisch auf Mikroorganismen, auf Weichtiere und auch auf Kleinstlebewesen auswirkt. Die EU-Kommission würde deswegen Kupfer am liebsten verbieten. Das hätte jedoch verheerende Folgen; denn für den Ökolandbau gibt es keinen möglichen Ersatz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Grünen?

Hermann Färber (CDU/CSU):

Ja, gerne.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Bitte sehr.

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke, Herr Präsident. – Danke, Herr Kollege Färber, dass Sie die Frage zulassen – Sie haben jetzt sehr auf den Ökolandbau abgezielt. Ich möchte Sie deshalb fragen, ob Sie mir zustimmen, dass wir eigentlich jetzt an einem Zeitpunkt angekommen sind, an dem es nicht mehr um gegenseitige Schuldzuweisungen geht und um die Frage, welche Landwirtschaft besser oder schlechter arbeitet, sondern darum, dass wir Lösungen brauchen. Deshalb haben wir sie aufgeschrieben.

Das haben wir aus genau dem Grund gemacht, den Sie gerade benannt haben, weil wir im Weinbau durchaus ein Problem haben, weil wir mehr Investitionsmittel in die Forschung stecken müssen und dass es unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, das zu tun, dass wir nämlich genau hier die Alternativen anbieten möchten. Deshalb frage ich Sie nochmals: Stimmen Sie mir zu, dass es jetzt darum geht, Lösungen zu erarbeiten, und dass wir uns darum gemeinsam bemühen müssen?

Hermann Färber (CDU/CSU):

Vielen Dank, lieber Herr Kollege Ebner. Wenn Sie mir noch ein bisschen zugehört hätten, dann wäre ich auf diesen Bereich noch zu sprechen gekommen; denn es geht in der Tat um eine Lösung für die Landwirtschaft insgesamt. Aber vielleicht lassen Sie mich meine Rede zu Ende bringen.

Ich gehe gerade auf Ihren Antrag ein. Ich weiß ja, dass Sie persönlich viele Dinge besser wissen, als es manchmal aus den Anträgen ersichtlich wird.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er schreibt ihn!)

Mir liegt eben nur der Antrag vor, auf den ich jetzt eingehe und den Sie hier im Hause eingebracht haben.

Aber ich möchte, ohne auf der Ökolandwirtschaft herumtrampeln zu wollen, einfach ein paar Dinge sagen. Ein Beispiel ist die Verwendung von Pyrethrinen. Diese werden aus Chrysanthemenarten gewonnen, und sie werden auch im Bioanbau als Insektizide zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Doch sie wirken auf alle Insektenarten neurotoxisch, auch auf Nützlinge.

Was mich an diesen Dingen besonders stört, ist, dass diese Chrysanthemen, die in Kenia und in Südamerika angebaut werden, eben nicht ökologisch angebaut werden, sondern dass Pestizide und Organophosphate für ihren Schutz eingesetzt werden. Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man ein Problem nur ins Ausland verlagert. Wir können doch nicht hier sagen, wir arbeiten ökologisch, und dann die Produktionsmittel für diesen ökologischen Landbau in anderen Ländern erzeugen. Das ist alles andere als ökologisch.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein weiteres Insektizid ist Spinosad, das in die höchste Kategorie für Bienengifte einsortiert ist. Es wirkt toxisch auf Schmetterlinge, ist giftig für Algen und Fische und sehr giftig für Wasserorganismen, wird aber in der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt.

Diese Beispiele zeigen, lieber Herr Ebner, dass wir eben keinen Keil zwischen die ökologische und die konventionelle Landwirtschaft treiben dürfen. Beide stehen vor den gleichen Herausforderungen. Ich bitte Sie alle hier im Hause – insbesondere natürlich auch Sie von den Grünen –, dass wir wieder zu einer lösungsorientierten, aber insbesondere zu einer sachlichen Debatte zurückkehren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist wichtig und richtig, dass wir Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anwenden und dass wir bei der Ausbringung darauf achten, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind.

Was wir brauchen, ist mehr Forschung: Forschung für den integrierten Pflanzenschutz, Resistenzforschung, Forschung für den vorbeugenden, nichtchemischen Pflanzenschutz und insbesondere eine Ursachenforschung zum Rückgang des Insektenbestandes. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, die vielzitierte Krefelder Studie – die einzige Studie, die es zum Rückgang des Insektenbestands gibt –, sagt nämlich über die Ursache dieses angeblichen Rückgangs überhaupt nichts aus.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Deshalb muss die Ursache, die definitiv nicht nur monokausal ist, noch erforscht werden.

Diese Maßnahmen sind im Koalitionsvertrag vereinbart. Darin werden unter anderem folgende Punkte genannt: die Umsetzung einer Ackerbaustrategie für umwelt- und naturverträgliche Anwendungen, die Ergänzung dieser Ackerbaustrategie durch ein Innovationsprogramm für digital-mechanische Methoden zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, aber auch die Intensivierung der Forschung, um die Bandbreite innovativer, aber auch verfügbarer Pflanzenschutzmittel zu sichern. Denn die Resistenzen, die Sie vorhin angesprochen haben, Herr Ebner, werden ja nicht draußen auf den Äckern produziert. Da entstehen sie. Produziert werden sie in der Politik, weil immer weniger Wirkstoffe für die entsprechenden Problemfelder zur Verfügung stehen. Ein „Aktionsprogramm Insektenschutz“ und der Aufbau eines Monitoringzentrums unter Einbeziehung des Bundesumwelt- und des Bundeslandwirtschaftsministeriums werden die Biodiversität stärken.

Der Antrag der Grünen ist daher nicht nur unsachlich und unvollständig, sondern er ist obendrein auch völlig überflüssig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)