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Felix Schreiner: Es sollte das Ziel von uns allen sein, Fahrverbote in Deutschland zu verhindern

Rede zur technischen Nachrüstung von Diesel-Pkw

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehöre dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags erst wenige Wochen an, kenne aber natürlich die Diskussionen aus meiner Zeit im Landtag von Baden-Württemberg schon intensiv. Ich glaube, es ist nichts Neues, dass die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von uns als Parlamentariern im Deutschen Bundestag Antworten auf ganz konkrete Fragen erwarten.

Die Diskussion über die Nutzbarkeit von Dieselfahrzeugen ist keine abstrakte. Sie wird ganz konkret. Da kommt bei mir im Schwarzwald der junge Azubi zu mir, der sich ein gebrauchtes Auto gekauft hat, weil er zu seiner Ausbildungsstätte fahren muss und kein ÖPNV vorhanden ist und frägt: Wie kann ich das Auto weiter nutzen? Da kommt der Familienvater mit seinem Familienvan, der jeden Monat beim Autohändler sein Auto abstottert und frägt: Wie geht es weiter? Da kommt der Handwerksmeister aus Stuttgart und frägt: Ich habe drei Pritschenwagen auf meinem Hof stehen. Wie kann ich diese weiter einsetzen? Wie kann ich meine Leute zur Arbeit schicken? Oder ist das in Zukunft gar nicht mehr möglich, wenn ihr mir verbietet, mit meinem Auto in die Stadt zu fahren? – Das sind alles konkrete Fragen, mit denen wir uns hier zu beschäftigen haben.

(Zuruf von der LINKEN: Was sagt der Verkehrsminister? – Pascal Kober [FDP]: Sie sollen mal ein paar Antworten haben! – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Dann müssten Sie doch einfach unserem Antrag zustimmen! Dann ist das Problem gelöst!)

Deshalb möchte ich vorwegschicken, dass wir als Unionsfraktion, CDU und CSU, hier immensen Handlungsbedarf sehen. Ich betone vorweg: Denjenigen, die betrogen haben, die bei den Schadstoffbescheinigungen den kleinen Mann hinters Licht geführt haben, gehört klar gesagt: Ihr müsst einen Beitrag für die Nachrüstung der vielen Dieselfahrzeuge in Deutschland leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber wer sich den Antrag der Linken anschaut, wer sich damit im Detail beschäftigt, der kann beinahe den Eindruck bekommen, dass in den vergangenen Monaten überhaupt nichts geschehen wäre.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es ja auch!)

Das Gegenteil ist der Fall.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Oh!)

Als Sofortmaßnahme wurde beschlossen, die 5,3 Millionen betroffenen Dieselfahrzeuge nachzurüsten. Anfang 2018: Das Ergebnis ist positiv. 92 Prozent der betroffenen VW-Fahrzeuge sind nachgerüstet. Bei den freiwilligen Fahrzeugumrüstungen sind es 72 Prozent. Das sind in der Summe 2,5 Millionen Fahrzeuge,

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Vergleichen Sie doch nicht Äpfel mit Birnen!)

die insgesamt zu einer Reduzierung der Stickoxidemissionen um 30 Prozent bis Ende des Jahres beitragen. Ich finde, auch darüber kann man an dieser Stelle reden, sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber das reicht nicht! Denken Sie an Helmut Kohl: Wichtig ist, was hinten rauskommt!)

Es ist uns gelungen, seit 2000 die Stickoxidbelastung um 60 Prozent zu reduzieren. Wir haben es vorhin – Kollege Grundmann hat es in der anderen Debatte gesagt – schon gehört: Es gibt das „Sofortprogramm Saubere Luft“. Ja, meine Damen und Herren: 500 Millionen Euro für die Digitalisierung der kommunalen Verkehrssysteme, 390 Millionen Euro für die Elektrifizierung des Verkehrs, 107 Millionen Euro für die Nachrüstung von Dieselbussen im ÖPNV, also die Busse, die in den Städten für die Verschmutzung verantwortlich sind. Wer da nicht von Erfolgen spricht, der verkennt schlicht und ergreifend die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Das reicht alles nicht!)

Wissen Sie, Frau Remmers, das ist eben der Unterschied zwischen der linken Hälfte dieses Hauses und uns.

(Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Der rechten Hälfte!)

Sie fordern pauschal: Wir brauchen einen Zwang zur Umrüstung auf Kosten der Industrie. – Sie fordern das, obwohl Sie ganz genau wissen, dass das rechtlich hochumstritten ist und dass sich damit gerade eine Kommission beschäftigt.

In der Politik geht es auch immer um die Verhältnismäßigkeit und um die Betrachtung der Wirklichkeit.

(Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Fragen Sie mal die Diesel-Pkw-Besitzer nach der Verhältnismäßigkeit!)

Da sage ich Ihnen ganz offen: Hören Sie auf, pauschal auf eine Industrie zu schimpfen. Sie gefährden damit den Wirtschaftsstandort Deutschland,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Reden Sie doch mal aus der Perspektive der Dieselfahrerinnen und Dieselfahrer!)

und Sie gefährden damit 1,8 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland, die von der Automobilindustrie direkt abhängig sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Klar ist auch: Die Mobilität der Zukunft, ein Umdenken hin zu schadstoffarmen, ja vielleicht sogar schadstofffreien Fahrzeugen, wird uns nur dann gelingen und uns werden nur dann Länder auf der Welt folgen, wenn wir beides schaffen: auf der einen Seite die Nachrüstung und die Weiterentwicklung der Dieselfahrzeuge und der Fahrzeugflotten insgesamt und auf der anderen Seite die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und damit eine starke Automobilindustrie.

Abschließend muss ich sagen: Es ist das Ziel und sollte das Ziel von uns allen sein, Fahrverbote in Deutschland zu verhindern. Dazu brauchen wir einen Schulterschluss mit der Automobilindustrie.

Herr Kollege Gastel – wir kennen uns schon aus den Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg –, dazu muss ich Ihnen sagen: In der Stadt Stuttgart gibt es einen Oberbürgermeister der Grünen, und es gibt Maßnahmen, die er sofort von seinem Schreibtisch aus beschließen könnte. Dabei geht es um die intelligente Ampelsteuerung: nicht umgesetzt. Es geht um die Flottenerneuerung für die Kommune in Stuttgart und um die ÖPNV-Erneuerung: alles nicht gemacht.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles läuft! Alles läuft! Wo leben Sie denn?)

Stattdessen macht man es sich leicht und sagt: Berlin soll es richten. – Es sind aber alles Maßnahmen, die vor Ort in der Stadt ganz schnell erledigt werden könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, es geht um Vertrauen, das wir zurückgewinnen möchten. Ich bitte Sie herzlich: Lassen Sie uns eine Versachlichung der Diskussion herbeiführen. Lassen Sie uns dem Handwerksmeister in Stuttgart wie dem Azubi bei mir im Schwarzwald klipp und klar sagen, was wir für Maßnahmen ergreifen können, damit auch in Zukunft Vertrauen möglich ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)