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Dr. Heribert Hirte: Rechtssichere Mietspiegel wären nicht nur für Mieter, sondern auch für Vermieter ein Segen

Rede zur Reform des Mietrechts

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Untertitel Ihres Antrags lautet „Bezahlbares Wohnen sichern“. Wenn man den Antrag genau durchliest, dann stellt man fest: Es geht nicht um das Sichern von bezahlbarem Wohnen für alle, sondern es geht darum, hippe Innenstadtwohnungen für Ihre Klientel weiterhin billig zu halten. Das ist das, was uns unterscheidet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Niema Movassat [DIE LINKE]: Und Sie wollen für Menschen bezahlbaren Wohnraum bauen? Das ist ja unverschämt! Das ist ein Schlag ins Gesicht von den Menschen, die sich keinen Wohnraum leisten können!)

– Dass Sie nun laut zustimmen, ist klar; denn Sie haben das gerade auch gesagt, Frau Lay. Ihnen geht es nicht darum, auch Menschen auf dem Land Wohnraum zu verschaffen, sondern Ihnen geht es genau um dieses Ziel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht Ihnen aber nicht um unser Ziel, bezahlbaren Wohnraum für alle zu erreichen.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Liebich zu?

Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU):

Er soll zu Ende zuhören. Dann kann er beurteilen, ob sich seine Zwischenfrage erledigt.

Über einige Ihrer Vorschläge, die Sie uns vor ein paar Stunden gemacht haben, kann man durchaus nachdenken. Gegen eine vernünftige und übersichtliche Betriebskostenabrechnung hat niemand etwas einzuwenden. Auch rechtssichere Mietspiegel wären nicht nur für Mieter, sondern auch für Vermieter ein Segen. Ihre anderen Vorschläge – das sei gesagt, bevor ich auf weitere Punkte, trotz der kurzen Vorlagefrist, eingehe – sind jedoch nur Kosmetik und bedeuten nichts anderes als graduelle Änderungen des geltenden Mietrechts, die letztlich, wie gesagt, den Besitzstand derjenigen wahren, die schon in einer schönen Wohnung drin sind. Uns geht es aber auch darum, Menschen Wohnraum zu verschaffen, die noch keine Wohnung haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von der Opposition müsste man eigentlich mehr erwarten als nur Detailänderungen, etwa 50 Stück, Klein-Klein, nämlich eine Vision, wie das Wohnen in diesem Land besser gestaltet werden kann. – Jetzt will der Kollege Sven Lehmann fragen. Er kann auch gleich seine Frage stellen oder seine Bemerkung machen, um das vorweg zu sagen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Nachdem Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Chance vertan haben, lassen Sie mich meine Vorstellung von bezahlbarem Wohnraum für alle darlegen, eine Vorstellung von bezahlbarem Wohnraum ohne überbordende Bürokratie. Eine Fußnote – das haben Sie eben gesagt –: Jemand, der unter Berufung auf die Mietpreisbremse klagt, bekommt sehr häufig recht. Das zeigt: Verdient wird an ganz anderen Stellen. Nicht die Wohnungen werden billiger, sondern die Anwälte reicher.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Es soll darum gehen, dass auch bildungsferne Schichten günstigen Wohnraum bekommen. Im Übrigen habe ich eine Vorstellung, die nicht davon ausgeht, dass der Staat alles regeln muss.

Nach meiner Vorstellung brauchen wir mehr Wohnungen, übrigens von der Größe, um es deutlich zu sagen, die sich Bürgerinnen und Bürger wünschen, und nicht die, die irgendwelche Förderrichtlinien vorschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb haben wir in der Koalition vor zwei Tagen zu Recht verabredet – ich will das für die Kollegen, die das nicht gehört haben, in Erinnerung rufen –, dass es in diesem Punkte beim Baukindergeld keine Flächenbegrenzungen geben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war auch nie unser Vorschlag!)

Dazu braucht es günstiges Geld. Davon gibt es – das muss man auch mal sagen – zurzeit genug. Wir brauchen ein entschlacktes Baurecht, und wir brauchen schnelle Behördenentscheidungen mit praxisgerechten Bebauungsplänen. Während wir über Ersteres im Bauausschuss nachdenken werden, liegt der zweite Punkt, nämlich eine schnellere Entscheidung der Behörden, nicht in unserer Macht, sondern es ist eine Sache der Länder und Kommunen. Deshalb ist es an uns allen, unsere Kolleginnen und Kollegen in den Ländern und Gemeinden hier zu einem Umdenken zu motivieren.

Gleichzeitig gilt es, Regionen, Stadtteile, Straßenzüge und andere Gegenden attraktiver zu gestalten und so den Wohnungsmarkt zu entzerren. Wer etwa in meiner Heimatstadt Köln nicht nach Sülz ziehen will oder kann, für den müssen wir daran arbeiten, dass Mülheim ähnlich hip wird, wie es Sülz und Ehrenfeld schon sind. Das bedeutet auch: Wir müssen das Gefälle zwischen Stadt und Land reduzieren; denn 30 Minuten mit dem Regionalexpress von Berlin entfernt gibt es durchaus attraktiven Wohnraum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt: Die Familien mit Kindern sollen rausziehen!)

Neben der Entzerrung des Mietwohnungsmarktes bedarf es auch noch weiterer Anstrengungen, Wohneigentum, gerade von jungen Familien, zu steigern. Wohnungseigentum macht nämlich unabhängig von Mietsteigerungen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

bindet Kapital, das im Alter und in Notsituationen zur Verfügung steht, und ist zudem – ich sage es ganz deutlich – ein gutes Gefühl. Deshalb ist das Baukindergeld der richtige Ansatz, auch wenn es ökonomische Kritik an der einen oder anderen Stelle daran gibt; denn es rückt das Eigentum und das Eigentumsrecht weiter in die Öffentlichkeit und lässt mehr Menschen über diesen Schritt nachdenken.

Meine Damen und Herren, wenn wir schon bei guten Maßnahmen der Bundesregierung sind: Auch die aktuelle Niedrigzinsphase hilft bei der Finanzierung von Wohnungseigentum. Das sollte man in diesem Zusammenhang nicht unterschlagen.

Wenn ich von schöneren Wohnungen spreche, die man bekommen können soll, dann muss ich doch noch mal auf Ihren Antrag zurückkommen. Sie beklagen an einigen Stellen, dass die Menschen „herausmodernisiert“ werden. Das ist an einigen Orten durchaus richtig. Ich sage es noch mal – der Kollege Luczak hat es ja schon im Zwischenruf deutlich gesagt –: Deshalb haben wir in den Koalitionsvertrag Maßnahmen zu diesem Punkt hi­neinverhandelt.

(Ulli Nissen [SPD]: Sie haben hineinverhandelt? Das war die SPD!)

Da wird also etwas passieren.

Was mir aber gar nicht gefällt, ist der Unterton, den wir in Ihrem Antrag an der einen oder anderen Stelle herauslesen können, dass nämlich Vermieter lediglich geldgierige, herzlose Finanzinvestoren von den Cayman Islands sind.

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Pfui!)

Denn zumindest in meiner Heimatstadt besagt die Statistik etwas ganz anderes: 66 Prozent der Mietwohnungen sind in der Hand von Privatpersonen,

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Genau!)

18 Prozent in der Hand öffentlicher Wohnungsunternehmen. Nur bei 14 Prozent sind es privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen. Selbst wenn Letztere ihre Mieter auspressen sollten, dann sind die anderen 86 Prozent noch ordentliche Vermieter, und auch daran müssen wir denken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Letztlich noch eine Anmerkung zum Thema „bezahlbarer Wohnraum für alle“. Auch mit einer Begrenzung der Mieterhöhung auf 10 Prozent in drei Jahren kommt ein Geringverdiener nicht an Wohnraum; diese Maßnahme hilft nicht.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hä?)

Sie sehen also: Unsere Fraktion und meine Partei haben alle Bürgerinnen und Bürger im Blick, private und gewerbliche Vermieter und natürlich auch den Grünenwähler, der gut verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)