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Christoph Bernstiel: Technische Lösungen müssen auch Akzeptanz beim Nutzer finden

Rede zur Stärkung der Privatsphäre und Sicherheit im digitalen Raum

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Der vorliegende Antrag der FDP zeigt, dass das Bewusstsein für Bedrohungen im digitalen Raum wächst und dass das mittlerweile auch bei der Opposition angekommen ist. Das ist positiv und sehr zu begrüßen; denn inzwischen beziffert der Digitalverband Bitkom den Schaden der deutschen Unternehmen durch Cyberkriminalität – da habe ich andere Zahlen als die FDP – auf 55 Milliarden Euro. Experten gehen sogar davon aus, dass jedes vierte Unternehmen in unserem Land schon einmal Opfer einer Cyberattacke geworden ist. Doch nicht nur Unternehmen sind zur Zielscheibe von Cyberkriminalität geworden; auch Privathaushalte und somit Kinder, Jugendliche und Senioren geraten zunehmend in den Fokus. Das BKA spricht von circa 86 000 Fällen von Cyberkriminalität allein im Jahr 2017. Es besteht also unzweifelhaft Handlungsbedarf.

Ich wage jedoch, zu bezweifeln, dass ein Recht auf Verschlüsselung dazu beitragen kann, die individuelle Sicherheit im digitalen Raum zu verbessern. Unserer Meinung nach sollte jeder Mensch frei und selbst entscheiden, welche Daten er verschlüsselt und welche nicht. Es sollte schon noch unterschieden werden, ob jemand niedliche Videos, beispielsweise von Katzenbabys, hochlädt oder ob er gerade ein Aktienpaket ordert. Die bewusste Entscheidung, Daten zu verschlüsseln, ist für uns ein Teil des gelebten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Übrigen nutzen schon heute viele Menschen ganz selbstverständlich verschlüsselte Kommunikation im Alltag. Messengerdienste wie WhatsApp, Threema oder die preisgekrönte App Chiffry, die in meinem Wahlkreis, Halle an der Saale, entwickelt wurde, gehören längst zur gängigen Praxis. Nicht so gut – da gebe ich Ihnen explizit recht – sieht es hingegen mit der Verschlüsselung von E-Mails aus. Laut einer aktuellen Telekom-Studie sagen zwei Drittel der befragten Personen, dass ihnen die Verschlüsselung ihrer E-Mails sehr wichtig ist; aber nur ein Bruchteil nutzt auch entsprechende Programme.

Der Knackpunkt ist die Anwenderfreundlichkeit. Technische Lösungen können nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch Akzeptanz beim Nutzer finden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch mit ein paar Vorurteilen aufräumen. Sie sagen: Die Bundesregierung macht da nichts. – Das ist schlichtweg falsch; denn das BMWi und das Innenministerium fördern bereits seit Jahren beispielsweise das Programm GNU Privacy Guard, das explizit für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von E-Mails sorgt. Darüber hinaus fördert das hier angesprochene BSI das Projekt EasyGPG, ein nutzerfreundliches, da weitgehend automatisiertes Verfahren für eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der E-Mail-Kommunikation. Beide Programme, die die Bundesregierung unterstützt, sind sehr sinnvoll. Im internationalen Ranking der Länder rangiert Deutschland zudem unter den Top Ten, wenn es um Datenschutz und IT-Sicherheit geht.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Doch Datenschutz, liebe FDP, ist nur eine Seite der Verschlüsselungsmedaille. Es ist auch eine der wichtigsten Aufgaben des Staates, seine Bürger vor Kriminalität zu schützen. Das gilt sowohl in der realen als auch in der digitalen Welt. Leider müssen wir jedoch mit Sorge feststellen, dass sich die Technik viel schneller entwickelt hat als unsere Gesetze zur Strafverfolgung. Kriminelle setzen heutzutage vermehrt auf verschlüsselte Kommunikation und machen es unseren Sicherheitsbehörden und Nachrichtendiensten damit sehr schwer, Verbrechen aufzuklären oder zu verhindern. Wer mehr Verschlüsselung fordert, der muss auch immer die damit einhergehenden Nachteile für unsere Ermittlungsbehörden mit einkalkulieren. Meine Damen und Herren, die Sicherstellung der Vertraulichkeit von Kommunikationsdaten ist ein ebenso hohes Gut wie der Schutz der Bevölkerung vor Kriminalität. Beides darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe FDP, so gut das Ansinnen Ihres Antrages auch sein mag: Mit den darin enthaltenen Forderungen schützen Sie eben nicht unsere Bürger, sondern kriminelle Strukturen im Internet.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn!)

Sie fördern damit die Ausbreitung von rechtsfreien Räumen im Internet. Ihren Antrag müssen wir daher ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum Schluss möchte ich die amtierende Europol-Chefin De Bolle zitieren, die uns gestern hier, im Deutschen Bundestag, besucht hat. Sie hat darauf hingewiesen, dass Ermittlungsergebnisse aus dem Cyberraum bei der Aufklärung von nahezu allen Kriminalitätsfällen hilfreich sind. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam daran arbeiten, die Cyberfähigkeiten unserer Sicherheitsbehörden zu stärken und nicht zu schwächen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)