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Artur Auernhammer: "Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten mit Leidenschaft"

Deutsche Landwirtschaft stärken

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es gibt Bauerndemonstrationen. Es gab sie auch in den letzten Jahren; es gab sie schon immer. Auch ich war vor meiner Zeit im Deutschen Bundestag öfter aktiv an solchen Demonstrationen beteiligt, und ich stehe dazu.

(Rainer Spiering [SPD]: Hört! Hört! Jetzt wissen wir, woher das kommt! – Frank Sitta [FDP]: Wilde Zeiten! – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Damals gegen Rot-Grün! Ist doch klar!)

– Bevor Sie sich richtig aufregen: Ich sage jetzt nicht, gegen wen oder wofür ich demonstriert habe.

In diesem Jahr waren an einem Tag, an dem wir hier im Deutschen Bundestag der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte gedacht haben, dem Holocaust-Gedenktag, auch Landwirte unterwegs – mit fragwürdigen Symbolen an ihren Traktoren. Sie fuhren am Holocaust-Mahnmal vorbei. Sie fuhren an der Stelle vorbei, wo die Neue Reichskanzlei stand. Sie fuhren dort laut hupend vorbei. An der Seite dieser Demonstranten stehe ich nicht; ich will mich klipp und klar von solchen Demonstrationen distanzieren.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hatte schon immer ein Problem damit, wenn mit der ehrlichen Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern populistische Politik gemacht wird, egal von welcher Seite oder welcher Fraktion dieses Hauses. Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten fleißig und ehrlich, und sie haben unseren Respekt und unsere Anerkennung verdient. Das vermisse ich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Auernhammer, der Kollege Protschka würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

 

Artur Auernhammer (CDU/CSU):

Nein, bitte nicht noch mehr.

(Beifall der Abg. Albert Stegemann [CDU/CSU] und Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Man bringt Anträge in den Deutschen Bundestag ein, die schön klingen und sich draußen vielleicht gut vermarkten lassen, die aber mit der Realität wenig am Hut haben. Es ist schön, wenn man soziale Marktwirtschaft verlangt. Gut, wir haben die soziale Marktwirtschaft eingeführt.

(Zuruf des Abg. Franziska Gminder [AfD])

Aber auch die Marktpreisentwicklung hat ihre eigene Dynamik.

(Franziska Gminder [AfD]: Ach!)

Und wo wir hinkommen, wenn wir zu sehr in Marktsysteme eingreifen, haben wir in der Vergangenheit gesehen: Milchseen, Butterberge, volle Fleischlager. Diese Dinge müssen wir anders regulieren.

Wenn die AfD hier Anträge einbringt, ist das ihr demokratisches Recht. Aber ich will schon sagen: Es sollte auch inhaltlich richtig sein.

(Franziska Gminder [AfD]: Ist es!)

In einem Ihrer Anträge steht, der Deutsche Bundestag habe das Insektenschutzgesetz bereits beschlossen. Nur mal so zum demokratischen Ablauf: Die Bundesregierung bringt einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein. Wir beraten diesen in erster Lesung, dann in den Ausschüssen, machen vielleicht noch eine öffentliche Anhörung dazu und beschließen dann darüber in zweiter und dritter Lesung. Das alles machen wir in diesem Fall nach Ostern. Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage des Bundeskabinetts zum Insektenschutzgesetz noch nicht beschlossen. Das zu Ihrer Information.

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Da steht sozusagen was Falsches drin!)

Ich glaube, man muss hier auch mal das eine oder andere klarstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, es wäre wunderschön, wenn der deutsche Verbraucher nur deutsche Lebensmittel kaufen und essen würde. Es wäre auch schön, wenn die Menschen in Niederbayern nur die niederbayerischen Autos und keine anderen Autos kaufen würden

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und wenn keine niederbayerischen Autos zum Beispiel nach Mittelfranken exportiert würden. Wäre das wirklich so schön? Also bitte, ich habe daran Zweifel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])

Es gehört auch dazu, dass wir in Deutschland eine Vielfalt an Nahrungsmitteln haben. Wir können dankbar sein für diese Vielfalt. Wenn wir hier zu wenig Obst und Gemüse anbauen, hat das vielleicht auch damit zu tun, dass Südfrüchte und Zitrusfrüchte wie Bananen und Orangen noch nicht in Deutschland wachsen. Gut, jetzt leugnen Sie den Klimawandel; vielleicht ändert sich daran noch etwas. Aber Bananen und Orangen haben auch einen Migrationshintergrund. Wahrscheinlich haben Sie deswegen ein Problem damit.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, ich weiß auch um das wahnsinnige Bürokratiemonster. Wenn man Landwirtschaft betreibt, dann sitzt man verdammt noch mal viel zu lange am Schreibtisch und zu wenig auf dem Traktor oder ist zu wenig im Stall unterwegs, um sich um seine Tiere zu kümmern. Daran muss sich etwas ändern. Dafür brauchen wir Bagatellgrenzen, gerade für klein- und mittelbäuerliche Betriebe, die ehrlich arbeiten. Da brauchen wir wirklich effektive Erleichterungen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Denn man zu!)

Ich wäre froh, wenn alle, die in den letzten Tagen die Verhandlungen bei der Agrarministerkonferenz blockiert haben, etwas mehr Sachverstand und weniger Emotionen in die Diskussion einbringen würden. Dann wären wir mit der Entscheidung zur Gemeinsamen Agrarpolitik schon wesentlich weiter und hätten schon eine wesentlich bessere Grundlage für die Zukunft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir, gerade nach dieser Coronapandemie, ein hohes Interesse an einer guten Selbstversorgung mit Lebensmitteln, aber auch anderen Produkten in Deutschland haben, dann müssen wir gerade unsere bäuerliche Landwirtschaft stärken. Dafür müssen wir die Instrumente in die Hand nehmen, die uns die Gemeinsame Agrarpolitik gibt. Ich bin zuversichtlich, dass uns das in nächster Zeit, in den letzten Tagen dieser Legislaturperiode, noch gelingen wird.

Diskussionen zur Agrarpolitik sind immer sehr leidenschaftlich. Das ist gut so; denn unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten auch mit Leidenschaft.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Rainer Spiering [SPD]: Artur, hast du gut gemacht! Und ich rechne dir hoch an, dass du auch zu den Demonstranten gehört hast!)