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Andreas Jung: "Wir heben die Klimapolitik auf eine neue Ebene"

Rede zum Bundes-Klimaschutzgesetzes

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir handeln beim Klimaschutz: Wir bringen jetzt die Diskussion, die wir in letzten Monaten intensiv geführt haben, in Gesetzesform. Es ist unser deutliches Signal: Wir nehmen ernst, was viele Menschen von uns erwarten. Wir nehmen ernst, was die Wissenschaft sagt. Wir handeln und setzen die Dinge konkret um.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir heben die Klimapolitik auf eine neue Ebene. Wir setzen mit dem Klimaschutzgesetz das um – Matthias Miersch hat es gesagt –, wofür Klimapolitiker, wofür Umweltverbände, wofür Klimabewegte seit vielen Jahren gekämpft haben. Klimaziele bleiben nicht Programme der Regierung. Sie werden gesetzlich verbindlich. Sie werden konkret kontrolliert. Sie werden verbindlich eingehalten. Wo es ein Problem gibt, wird nachgesteuert. Dieses Parlament wird darauf Wert legen, wird Transparenz herstellen und wird dafür sorgen, dass am Ende das, was jetzt passiert ist, dass nämlich eine Lücke entstanden ist, nicht mehr passieren wird. Klimaziele werden in Zukunft verbindlich eingehalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir etablieren dazu neue Mechanismen. CO2 bekommt einen Preis im Bereich Verkehr und Gebäude. CO2 wird zu einem wichtigen Maßstab in der Besteuerung. Und: Wir setzen ganz konkret Programme um, mit denen wir die Menschen beim notwendigen Umbau, bei dem notwendigen Umstieg unterstützen. Es braucht selbstverständlich Veränderungen. Weiter-so kann nicht die Botschaft in einer Situation sein, in der eine Lücke entstanden ist. Deshalb muss unsere gemeinsame Botschaft sein: Ja, Veränderungen sind notwendig. Aber unsere Botschaft ist auch: Wir wollen und wir müssen diese Veränderungen gestalten. Wir müssen die Menschen mitnehmen. Wir müssen denjenigen, die in alten Häusern wohnen, die ineffiziente Heizungen haben, die sich nicht von einem Tag auf den anderen ein neues Auto kaufen können, aufzeigen, wie es geht. Das ist der Geist, den dieses Paket atmet. Deshalb bringt es uns voran.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Hofreiter, zum Thema Realität. Die Realität ist, dass wir den Menschen dazu Angebote machen müssen. Die Realität ist, dass wir seit vielen Jahren über die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung immer wieder diskutiert haben. Wir sind am Bundesrat immer wieder gescheitert. Jetzt bringen wir diese Förderung auf den Weg. Sagen Sie doch bitte Ihren grünen Ländervertretern: Wenn man jetzt fordert, dass das bereitgestellte Geld beispielsweise in die Senkung der EEG-Umlage und andere Dinge investiert wird, dann kann dieses Geld nicht gleichzeitig den Ländern als Kompensation ihrer Einnahmeausfälle zur Verfügung stehen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ist es!)

Da müssen Sie sich schon entscheiden: Soll das Geld den Menschen gegeben werden oder die Einnahmeausfälle der Länder kompensieren? Diese Frage müssen auch die Grünen beantworten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ganz wichtige Frage!)

Dann ist vonseiten der AfD über die Automobilindustrie gesprochen worden. Ich will sagen: Es macht mich betroffen, dass hier im Deutschen Bundestag der Satz gesagt wurde: Die Automobilindustrie gibt den Löffel ab. Die Automobilindustrie ist in einer schwierigen Situation. Die Automobilindustrie muss sich dem Wettbewerb stellen. Unsere Automobilindustrie muss den Wettbewerb um neue Technologien gewinnen. Wenn Marc Bernhard sagt: „Die Automobilindustrie gibt den Löffel ab“, dann redet er eine Kernindustrie unseres Landes schlecht,

(Karsten Hilse [AfD]: Das macht er gar nicht! Sie machen die Automobilindustrie kaputt!)

und das tut er in der billigen Absicht, billige Polemik darauf aufzusetzen. Ich schäme mich für diese Bewertungen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Der zweite Redner der AfD sagte gerade eben: Wir bekennen uns zur Automobilindustrie und zum Verbrennungsmotor. Wir sagen: Technologieoffenheit ist wichtig. Deshalb hat Effizienz beim Verbrennungsmotor genauso seine Berechtigung wie Elektromobilität, wie Wasserstoff, wie synthetische Kraftstoffe. Das ist unser Weg. Aber nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass die deutsche Automobilindustrie – –

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Jung, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Ich mache den Satz fertig. Dann würde ich die Zwischenfrage akzeptieren.

Ola Källenius, Vertreter eines baden-württembergischen Unternehmens, sagt, man habe den Hebel umgelegt und für sich ohne irgendeine Einflussnahme, ohne irgendeine Rücksicht auf politische Entscheidungen beschlossen: Ja, wir wollen mit voller Energie in Elektromobilität gehen, weil wir hier einen Antrieb, einen Weg in die Zukunft der Automobilindustrie sehen und weil es eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit ist, weil die Frage der Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie sich daran entscheiden wird, ob sie innovativ ist, ob sie beim Wettbewerb um die Technologien der Zukunft vorne ist. Dann wird unsere Industrie punkten. Dann wird es Arbeitsplätze geben. Dann werden wir beim Klimaschutz vorankommen, und dann werden wir unsere Produkte weltweit exportieren. Deshalb ist es der Weg, den wir unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Jung, ich habe noch nicht verstanden: Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bystron zu?

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Ja.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Es gibt weitere Wünsche nach Zwischenfragen. Der Kollege Bystron war der Erste, der sich gemeldet hat. – Bitte, Herr Kollege Bystron.

 

Petr Bystron (AfD):

Lieber Kollege Jung, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. Sie haben jetzt gerade ausgeführt, wir seien gegen die deutsche Automobilindustrie. Ich muss Ihnen eines sagen: Die deutsche Automobilindustrie ist wettbewerbsfähig. Vor allem: Sie hat einen technologischen Vorsprung.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann reden Sie doch mit Ihrem Kollegen, damit der nicht so einen Unsinn erzählt!)

Ich habe über zehn Jahre in dem Bereich gearbeitet. Ich war bei allen A-Messen in der Welt – Detroit, Tokio, Frankfurt usw. – dabei, und es war ganz klar, dass wir vor allem mit der Dieseltechnologie einen technologischen Vorsprung vor allen anderen Mitbewerbern hatten.

Jetzt kommt eine künstlich in den Markt gedrängte, staatlich subventionierte Technologie, die unterlegen ist, nämlich das Elektroauto. Den Elektroantrieb gibt es seit über 100 Jahren. Er hat sich am Markt nicht durchgesetzt, weil er nicht wettbewerbsfähig war, und Sie unterstützen das auch noch. In welchen Ländern wird dieser Antrieb subventioniert? Vor allem in China und in den USA. Auch Sie unterstützen das, und damit machen Sie die deutsche Automobilindustrie kaputt; damit machen Sie unseren Wettbewerbsvorteil kaputt.

(Beifall bei der AfD)

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Mit Verlaub, ich bin weit davon entfernt, alles, was die Automobilindustrie uns vorschlägt, eins zu eins übernehmen zu wollen. Das müssen wir immer kritisch beobachten. Die Politik setzt den Rahmen. Aber das, was Sie gerade beschrieben haben, steht in einem diametralen Widerspruch zu dem, was die deutsche Automobilindustrie selber für richtig hält.

(Karsten Hilse [AfD]: Quatsch! Weil Sie sie dazu zwingen!)

Natürlich sagt sie: Wir wollen auch weiterhin in Effizienz in der Dieseltechnologie investieren. Aber sie sagt auch – es ist doch öffentlich bekannt; Sie können es nachlesen –: Wir sehen die Zukunft im Bereich der Elektromobilität. Wir wollen sie auch in Deutschland auf den Markt bringen. Aber um sie auf den Markt zu bringen, müssen wir bestimmte Rahmenbedingungen haben. – Diese Rahmenbedingungen schaffen wir mit diesem Klimapaket. Wir müssen den Menschen sagen: Wir erwarten Veränderungen, und wir wollen dabei individuelle Mobilität erhalten. Zu dieser individuellen Mobilität gehört die Stärkung der Schiene, gehört die Stärkung des ÖPNV. – Das leisten wir mit diesem Paket: Zugfahren wird billiger, und es wird entsprechend investiert.

Aber auch in Zukunft gehört zur individuellen Mobilität, die ein Ausdruck von Freiheit ist, die ein Ausdruck von sozialer Teilhabe ist, selbstverständlich auch das Auto. Dafür muss das Auto aber klimafreundlicher werden; sonst erreichen wir die Ziele, die wir beim Klimaschutz anstreben, nicht. Sie negieren diese Ziele, weil Sie das, was wir als Wertgrundlagen beschreiben, was unser Papst als besonders wichtige Aufgabe beschreibt – „Verteidigung der Mutter Erde“ –,

(Karsten Hilse [AfD]: Welchen Papst meinen Sie denn?)

was wir als einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung unserer Heimat empfinden, weil es zum Beispiel um den deutschen Wald geht, ablehnen; das alles negieren Sie. Für uns ist das wichtig. Wenn das aber richtig ist, dann muss auch das Auto klimafreundlicher werden. Dazu ist Elektromobilität ein wichtiger Beitrag.

Mit der Förderung der Infrastruktur, mit Kaufprämien, mit steuerlichen Maßnahmen ermöglichen wir den Menschen, diese Technologie auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen, sich so ein Auto zu kaufen, es im ländlichen Raum auch zu fahren. Damit ist unsere Antwort auf die Frage „Wie bringen wir Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit zusammen?“ technologieoffen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Jung, es gibt eine Reihe von weiteren Wünschen nach Zwischenfragen aus der AfD-Fraktion.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Immer dasselbe!)

Ich frage Sie, ob Sie noch eine weitere Zwischenfrage zulassen, und zwar vom Kollegen Hollnagel.

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Ich würde eine Frage noch zulassen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Eine noch. Weitere Zwischenfragen lasse ich dann nicht zu, weil wir sonst völlig aus dem Zeitplan kommen. – Bitte, Herr Kollege Hollnagel.

 

Dr. Bruno Hollnagel (AfD):

Herr Präsident! Vielen Dank für das Wort. – Herr Kollege Jung, ich habe eine ganz einfache Frage:

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann mal los!)

Wie viel kostet uns das Klimapaket auf der einen Seite, und wie viel bringt es an Effekt an nicht erhöhter Temperatur im Weltmaßstab? Wie groß ist der Effekt?

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Wir werden mit diesem Klimapaket unserer Verantwortung, die wir für den Klimaschutz haben, gerecht. Weil Sie fragen: „Was ist die Auswirkung, die deutsche Maßnahmen auf das Weltklima haben?“, will ich einfach feststellen, dass wir doppelt so viel CO2 ausstoßen wie die Menschen weltweit im Schnitt.

(Beatrix von Storch [AfD]: Was das kostet, war die Frage!)

Um Ihre Frage konkret zu beantworten: Wir werden es so umsetzen, dass es sozialverträglich geschieht. Unsere Antwort ist: konsequenter Klimaschutz auf der einen Seite, sozialverträglich und wirtschaftlich vernünftig auf der anderen Seite. So werden wir es tun, und deshalb werden wir die Menschen mitnehmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich komme damit zum Schluss. Wir machen heute einen entscheidenden Schritt auf dem Weg, Klimaschutz konsequent umzusetzen, das Pariser Abkommen in Deutschland zu implementieren. Auf diesem Weg werden wir weitergehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)