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Michael Kuffer: Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten muss wachsen

Rede zur Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Tatsache, dass wir im Koalitionsvertrag eine sehr klare Vereinbarung getroffen haben und dass Sie die Politik der Union an dieser Stelle kennen und wissen, wie klar diese ist, und in Anbetracht der Tatsache, dass wir deutlich weitergehen wollen, als die FDP in ihrem vorliegenden Gesetzentwurf fordert, kann man die Debatte zu Recht als Schaufensterdebatte entlarven.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Nein!)

Dass der Vorwurf allerdings von Ihnen kommt, liebe Frau Kollegin Amtsberg, liebe Frau Kollegin Jelpke, ist schon paradox; denn, liebe Kolleginnen, Sie waren doch die Parteien, an denen damals im Bundesrat der Gesetzentwurf der Bundesregierung gescheitert ist. Sie tun heute so – das ist das Paradoxe daran –, als würden wir den Asylanspruch einschränken, indem wir die Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitern. Das ist schlicht Augenwischerei; denn der Asylanspruch und auch das Recht auf individuelle Prüfung bleiben selbstverständlich unberührt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber wir müssen auch die Fakten zur Kenntnis nehmen. Sie haben die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bemüht, das klare Kriterien vorgegeben hat. Wir erhalten auch Informationen aus unseren Botschaften. Wenn wir uns auf all das stützen, dann können wir nur zu dem Ergebnis kommen, dass die Liste der sicheren Herkunftsstaaten wachsen muss und dass Algerien, Marokko und Tunesien selbstverständlich darunterfallen; wahrscheinlich auch noch andere Staaten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum muss die wachsen? Verstehe ich nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen eins ganz deutlich: Wir würden als Deutscher Bundestag unsere politischen Vollmachten überschreiten, wenn wir aus den Realitäten keine Konsequenzen ziehen würden, heißt, wenn wir uns nicht immer wieder anstrengen würden, sauber zwischen Flucht und Zuwanderung zu trennen. Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens in diesem Land, dass wir helfen wollen, wo Not am Mann ist; aber Sie dürfen als Konsens nicht unterstellen, dass eine ungebremste Zuwanderung gewollt ist. Einen solchen Konsens gibt es nicht. Dafür haben wir kein Mandat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir haben von unserer Bevölkerung etwas eingefordert, und zwar nicht nur Hilfsbereitschaft, sondern eine langfristig währende Solidarität, die wir brauchen, um die Herausforderungen, die mit diesem Thema verbunden sind, zu bewältigen. Die Anstrengungen unserer Nation und unserer Volkswirtschaft, die damit verbunden sind, können und dürfen wir nur verlangen, wenn wir im Gegenzug alle Mittel ausschöpfen, um Asylmissbrauch zu verhindern, um Flucht und Zuwanderung sauber voneinander zu unterscheiden und um eine konsequente Rückführung zu gewährleisten. Aber überflüssige Anstrengungen und Aufwendungen müssen vermieden werden, und genau darum geht es hier.

Wie sollen wir den Menschen in unserem Land erklären, dass wir bei Antragstellern aus Ländern, deren Anträge wir zu 95 Prozent und mehr zurückweisen müssen, erst einmal so tun, als wäre jeder Antrag begründet? Wir würden doch den Eindruck erwecken, dass sich dieser Staat künstlich dumm stellt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ein solcher Staat dürfen wir in Anbetracht der Ausgangslage, die ich Ihnen beschrieben habe, nicht sein. Wir dürfen kein Staat sein, der seine Bürger treuherzig um etwas bittet, aber dann keines der gegebenen Versprechen einhält. Ein Versprechen ist, dass wir sauber trennen und dass wir dort, wo wir nur minimale Anerkennungsquoten haben, das Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Das ist auch deshalb notwendig, weil wir trotz des Rückgangs der Asylzahlen immer noch gefährlich nahe am Limit sind. Jeder kann leicht erkennen, dass wir bei einer Zahl von 186 000 im Jahr 2017 schon nahe an der Obergrenze sind, dass da kaum noch Puffer besteht und deswegen Handlungsdruck herrscht.

Daher werden wir uns weiter anstrengen, immer besser und effektiver zu werden. Das war unsere Politik, das ist unsere Politik, und das wird auch weiterhin die Politik der Union und der Großen Koalition sein, sofern sie in der nächsten Woche – hoffentlich – ihre Arbeit aufnimmt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)