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Marc Henrichmann: Gegen Extremisten und Straftäter gehen wir mit aller Härte vor

Drittes Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (Drittes Waffenrechtsänderungsgesetz – 3. WaffRÄndG)

Das nun vorliegende Dritte Waffenrechtsänderungsgesetz dient im Wesentlichen der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie in nationale Gesetze.

Überschattet werden die anstehenden parlamentarischen Beratungen von dem schrecklichen Attentat in Halle. Ich kann mich den Worten meiner Kolleginnen und Kollegen aus der vereinbarten Debatte am gestrigen Mittwoch nur anschließen: Wir müssen alles Menschenmögliche unternehmen, um solche Taten in Zukunft zu verhindern. Das Waffenrecht rückt da natürlich in den Fokus.

Bevor ich auf das zur Beratung anstehende Gesetz eingehe, möchte ich drei Vorbemerkungen machen:

Erstens: Kriminelle dürfen nicht in den Besitz von Waffen kommen. Das ist unstrittig in diesem Hohen Haus.

Zweitens: Wie der renommierte Terrorismusforscher Peter Neumann vom King’s College London feststellt, hat das strenge deutsche Waffengesetz Schlimmeres verhindert. Der mutmaßliche Täter von Halle hatte keinen Zugang zu funktionierenden Legalwaffen gefunden.

Drittens: Die Legalwaffenbesitzer in Deutschland – die vielen Jäger, Sportschützen etc. – halten sich an die strengen Gesetze und stellen auch kriminalstatistisch keine Gefährdung dar.

 All dies sollten wir bei der Reaktion auf das schreckliche Attentat in Halle nicht vergessen. Sicherheit – ja, unbedingt! Aktionismus – nein!

Zur Genese des Gesetzes: Die EU-Feuerwaffenrichtlinie ist die gesetzgeberische Reaktion auf die Charlie- Hebdo-Attentate in Paris im Jahr 2015. Ziel der Richtlinie ist es, Anschläge zu verhindern. Die europäische Richtlinie zeigt: „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht“ – auch wenn ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen der EVP die größten Brocken aus dem Weg geräumt haben. Dort, wo die Richtlinie zwingend Änderungen im Waffengesetz vorschreibt, werden wir als Union dies um- setzen. Im parlamentarischen Verfahren werden wir als Unionsfraktion genauestens darauf achten, dass die Richtlinie eins zu eins in nationales Recht umgesetzt wird. Genau das hat auch der Bundesinnenminister versprochen.

Darüber hinaus sind in dem Gesetz des BMI Regelungen enthalten, die nichts mit der EU-Richtlinie zu tun haben, die ich aber sehr begrüße. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes soll der Zugang von Jägern zu Schalldämpfern – die mitnichten lautloses Schießen er- möglichen – erleichtert werden. Dieser Vorschlag findet meine Zustimmung. Die bundeseinheitliche Regelung wird dazu führen, dass Jäger künftig für den Erwerb von Schalldämpfern für Langwaffen keiner Erlaubnis mehr bedürfen.

Eine ähnlich pragmatische bundeseinheitliche Regelung würde ich mir für den Einsatz der Nachtzieltechnik wünschen. Auch das BMEL hat offenbar noch massive Bedenken. Vor einer waffenrechtlichen Freigabe müssen die Ergebnisse des dortigen Feldversuches abgewartet werden. Es fehlen belastbare Erkenntnisse zu sämtlichen jagdlichen Folgen und zu Sicherheitsbedenken bei einer flächendeckenden Freigabe von Nachtzielgeräten. Eine waffenrechtliche Freigabe kann nur – auch um Flickenteppiche zu vermeiden – unter Verknüpfung mit näheren Regelungen durch das Bundesjagdgesetz erfolgen.

Magazine, Bedürftigkeit, Schießstandsachverständige, NWR II, Bürokratieaufwand, Sicherheitsgewinn durch Änderungen bei Salut- und Dekowaffen: Der vorliegende Gesetzentwurf enthält an vielen Stellen Formulierungen, über die wir im Ausschuss und während des parlamentarischen Verfahrens dringend reden müssen. Nur mit dem Blick auf die Frage „Welchen Sicherheitsgewinn erzeugen wir tatsächlich?“ können wir zu guten Lösungen kommen. Wir sind es den Menschen schuldig, dass wir Sicherheit erzeugen und sie nicht nur vorgaukeln.

Der Halle-Attentäter hat Waffen und Munition selbst gefertigt und Magazine mit dem 3D-Drucker gebaut. Statt „analog“ die Anmeldung unzähliger vorhandener Magazine zu verwalten, sollten polizeiliche Kapazitäten lieber für Netzfahndung nach Bauplänen für Waffen oder Onlinebestellungen von Waffenteilen verwendet werden.

Meine verbleibende Redezeit möchte ich aber dazu nutzen, um auf zwei Debatten einzugehen, die jetzt mit dem Anschlag von Halle in den Mittelpunkt der waffenrechtlichen Debatte gerückt sind. Es sind die Themen „Messerverbotszonen“ und „Regelabfrage des Verfassungsschutzes für Legalwaffenbesitzer“. Ich wiederhole, damit kein falscher Zungenschlag hereinkommt, noch einmal mein zu Beginn dieser Rede formuliertes Bekenntnis: Ich spreche mich mit aller Vehemenz dafür aus, dass Kriminelle, Islamisten, Extremisten und Reichsbürger nicht in den Besitz von Waffen kommen dürfen. Bezüglich der Frage „Verfassungsschutz und Regelabfrage für Legalwaffenbesitzer“ spreche ich mich aus Gründen der Entlastung der Behörden wie aus verfassungsrechtlichen Gründen dafür aus, dass die Verfassungsschutzämter selbst anstatt der Waffenbehörden zyklisch und noch regelmäßiger ihre Daten mit denen des NWR abgleichen. Feinde unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung dürfen keine waffenrechtliche Erlaubnis haben.

Wir sollten bei Straftätern ansetzen, ihnen intensiver auf die Finger schauen. Das bringt mich zum Thema „Waffenverbotszonen“. Die Innenministerkonferenz hat das BMI gebeten, eine Verordnungsermächtigung für die Länder zu schaffen, die es den Kommunen ermöglicht, das Mitführen von Messern in sensiblen Bereichen (zum Beispiel im Umfeld von Kinder-, Jugend- und Bildungseinrichtungen sowie des öffentlichen Personenverkehrs) nach einer Risiko- und Lageeinschätzung durch die örtlichen Polizeibehörden bei Bedarf untersagen zu können. Bereits heute gibt es eine ganze Reihe von Trage- und Führverboten von Messern und nach § 42 WaffG auch Verbotszonen.

Stichwort Kontrolldelikt: Erfahrungen bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität stimmen mich skeptisch, dass die Polizei dies, angesichts der zahlreichen Aufgaben, wird leisten können. Die nötigen Kontrollen stellen einen erheblichen Grundrechtseingriff für unbescholtene Bürger dar. Wir bringen Bürger in Alltagssituationen – beispielsweise beim Schneiden eines Apfels, bei der Abholung eines Kindes von Schule, Pfadfindergruppen, Wanderungen etc. – in die Bredouille. Ihnen droht eine Kriminalisierung in Alltagssituationen.

Messer sind potenziell gefährlich; da dürfte es keine zwei Meinungen geben. Sie sind ein Alltags- und Kultur- gut und für viele Menschen ein nützliches Werkzeug. Messer sind aber erst aufgrund der Art ihrer konkreten Verwendung gefährlich. Der Besitz und das Mitführen dieser Gegenstände überschreitet für sich genommen die Gefahrenschwelle nicht.

Gleichwohl weiß ich, dass die Zunahme von Messerkriminalität ein trauriger Anlass ist, die bisherigen Regelungen zu überdenken. Ich stehe jeder Verschärfung, die einen echten Sicherheitsgewinn bedeutet, offen gegenüber. Mancher Debattenbeitrag ist da aber eher Effekthascherei.

Deshalb sollten wir nach meiner festen Überzeugung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen neben den längst bestehenden Möglichkeiten zur Ausweisung von Verbotszonen zu gesetzlichen Regelungen kommen, die bei Straftaten wie Körperverletzung ein – gegebenenfalls auf fünf oder zehn Jahre befristetes – Waffenführverbot nach sich ziehen.

Ich habe mit vielen Polizeibeamten und Beamten des Zolls, die beim Kampf gegen Clans in NRW einen tollen Job machen, über diesen Vorschlag gesprochen. Alle haben mir gesagt: „Mensch, gute Idee. Als Polizei kennen wir unsere Pappenheimer. Mit dieser Regelung können wir denen richtig auf den Zahn fühlen …“ Von einer solchen Regelung würde auch eine klare Botschaft ausgehen: Als Staat trauen wir unseren rechtschaffenen Bürgern – gegen Extremisten und Straftäter gehen wir mit aller Härte vor.

Auch diese Regelungen sollten, neben der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie in das Dritte Waffenrechtsänderungsgesetz, aufgenommen werden. Es gibt noch viel zu besprechen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Debatten im Ausschuss.