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(Quelle: picture alliance/ dpa)

Einheitliche Methoden zur Altersfeststellung

Jeder dritte minderjährigen Flüchtlinge sollen älter als 18 sein

Minderjährig oder nicht? Nach Expertenschätzungen sind viele der unbegleiteten jungen Flüchtlinge, die von der Jugendhilfe betreut werden, bereits älter als 18 Jahre. Um das Alter der betreffenden Personen jedoch eindeutig feststellen zu können, braucht es bundeseinheitliche Standards, fordert Nadine Schön. Zudem würden verlässliche Methoden zur Altersfeststellung zu selten angewandt.

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion macht in dem Zusammenhang auch klar: Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe darf nur wirklich Schutzbedürftigen zukommen – im Bedarfsfall auch jungen Volljährigen bis 21 Jahren. Es sei aber nicht länger hinnehmbar, dass durch die laxe Handhabung vieler Jugendämter nach Schätzungen von Experten mindestens ein Drittel bis zur Hälfte der in Obhut genommenen Jugendlichen deutlich älter ist – eine große Anzahl sogar Mitte zwanzig.

Unterstützung nur für wirklich Hilfsbedürftige

Deren Betreuung in Heimen, Wohngruppen oder durch Pflegeeltern sei, so Schön, nicht nur kostenintensiv, sondern binde auch Kapazitäten der Jugendhilfe, die für wirklich Hilfsbedürftige dann nicht mehr zur Verfügung stünden.

Um dem entgegenzuwirken bietet das Kinder- und Jugendhilferecht durch §42f SGB VIII schon jetzt einen entsprechenden rechtlichen Rahmen. Dieser legt ganz genau fest, in welchen Fällen und wie eine medizinische Altersfeststellung zu erfolgen hat. Doch dies geschieht nach Auffassung von Nadine Schön zu selten.

Jedes Jugendamt entscheidet eigenständig, das führt zu Problemen

Sie sieht das Problem vor allem an einer Stelle: „Derzeit kann jedes der rund 600 Jugendämter in Deutschland eigenständig entscheiden, wie das Alter unbegleiteter Minderjähriger festgestellt wird. Röntgen der Handknochen oder der Zähne werden von vielen Jugendämtern nur selten angewandt“, sagt sie. Die vorläufige Inobhutnahme beruhe so meist auf der sogenannten qualifizierten Inaugenscheinnahme durch Behördenmitarbeiter.

Österreich, Dänemark und Schweden als Vorbilder

In Zweifelsfällen könne zwar auf Antrag des unbegleiteten minderjährigen Ausländers (oder seines Vertreters) eine ärztliche Untersuchung zur Altersfeststellung veranlasst werden, doch solle man sich generell eher an Standards der Nachbarländer Österreich, Dänemark und Schweden orientieren, fordert Schön.

Gemeinsam mit den Bundesländern geregeltes Verfahren festschreiben

Ihr Vorschlag: Gemeinsam mit den Bundesländern soll ein geregeltes Verfahren zur Altersfeststellung festgeschrieben werden. „Wenn durch bloße Inaugenscheinnahme eines unbegleiteten jugendlichen Ausländers durch Behördenmitarbeiter nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob er noch minderjährig ist, sollten zwingend Mediziner zur Begutachtung hinzugezogen werden“, fordert Schön. Ließe sich dann auch durch die ärztliche Begutachtung der körperlichen Reife das Alter nicht eindeutig ermitteln, dürften Röntgenuntersuchungen der Handknochen, des Schlüsselbeins oder der Zähne kein Tabu sein. Denn: „Durch diese Untersuchungen kann zumindest ein Mindestalter diagnostiziert werden, was für die Entscheidung, ob eine Betreuung durch die Jugendhilfe erfolgen muss, ausreicht“.

Handwurzelbestimmung ist im Saarland bereits Standard

Im Saarland, so Schön weiter, werde schon jetzt bei der Altersfeststellung konsequent das Verfahren der Handwurzelbestimmung durch Röntgen angewandt. Bestünden dort Zweifel über das Alter, erfolge im Anschluss eine ärztliche Untersuchung bei der Rechtsmedizin am Klinikum Saarbrücken. „Von Februar 2016 bis November 2017 wurden bei 701 Untersuchungen 243 unbegleitete minderjährige Ausländer als volljährig erkannt“, sagt Schön.