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Ulrich Lange: Wer an der Wahrheit arbeitet, muss alle hören

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zu politischen Konsequenzen für BM Scheuer

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner in einer solchen Debatte erlauben Sie mir zunächst eine Vorabbemerkung: Das Niveau und das Verständnis von Rechtsstaat waren hier heute an mancher Stelle, sorry, wirklich schwierig – ganz, ganz schwierig. Es war ein Missbrauch des Plenums – das sage ich so deutlich –;

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt genau der Richtige!)

davon konnten wir uns an dieser Stelle überzeugen.

Meine Damen und Herren der Grünen, der Einzige, der im Untersuchungsausschuss immer da ist und arbeitet, durfte bei Ihnen nicht reden. Geredet haben die mit einer großen Klappe, die noch keinen Fetzen Arbeit geleistet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lieber Kollege Krischer, es ist immer das Gleiche: Hier reißen Sie den Mund auf, und wenn es um die Akten geht und wenn es um die Details geht, dann sieht man Sie nicht.

(Widerspruch des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Ja, das ist ein gewisses Verständnis, das einfach schwierig ist.

Sie haben so oft das Wort „Wahrheit“ bemüht. Ich fange jetzt auch mal mit der Geschichte an: Natürlich haben die Grünen der Maut mit zugestimmt, und auch die Linken waren dabei. Ich sage nur: Thüringen. Das will man immer alles nicht wissen, gehört aber zur Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Und, liebe Kollegin – Sie kenne ich noch nicht,

(Heiterkeit – Dr. Christian Jung [FDP]: Seit heute kennen Sie sie!)

aber das macht nichts –, ich darf Ihnen einfach erklären: Die Kollegin Lühmann,

(Dr. Christian Jung [FDP]: Die kennen Sie offenbar schon!)

mit der ich jetzt einige Jahre immer wieder ganz gut zusammenarbeite, der Kollege Bartol, mit dem ich auch immer wieder ganz gut zusammenarbeite, haben zusammen diese Maut mitverhandelt. Der Herr Justizminister Maas, seines Zeichens Außenminister, hat die Maut abgesegnet. Der Fraktionsvorsitzende – ich weiß nicht, welcher es gerade war, wir hatten immer wieder Wechsel bei Ihnen erlebt – hat die Maut mitgezeichnet. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel, den Sie nicht mehr kennen wollen, hat auch mitgezeichnet. Schauen Sie in die Geschichte Ihrer Partei, dann wissen Sie, dass Sie ein Teil dieser Infrastrukturabgabe sind. Die SPD sollte stolz darauf sein und sie heute hier nicht angreifen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Meine Damen und Herren, dass das Ganze heute hier ein Showmanöver ist, ist ja wohl offensichtlich: 3 000 Ordner, 1 Million Blatt, 10 200 Dateien der Betreiber, vier Zettel öffentlich, und über die unterhält sich die Republik; über den Rest unterhält sich die Republik nämlich nicht, insbesondere nicht über 10 200 Dateien der Betreiber, die ja der Öffentlichkeit gar nicht zugänglich sind. Also: Wer hier meint, mit einem Zettel oder zwei Zetteln Politik machen zu können und Wahrheit finden zu können, der – sage ich ganz offen noch einmal – missbraucht heute dieses Plenum.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, das Ganze hat etwas von Vorverurteilung, und Vorverurteilung ist uns als Parlamentariern eigentlich unwürdig. Ich verwende ausdrücklich das Wort „unwürdig“.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn ich in die Reihen der FDP schaue: Ich hatte einmal wirklich Respekt vor dieser Partei.

(Zuruf von der AfD: Oh!)

Vielleicht habe ich Sie als Anwalt sogar mal gewählt, weil ich an die Rechtsstaatspartei FDP geglaubt hatte.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Zuruf des Abg. Dr. Christian Jung [FDP])

– Ich habe gesagt: vielleicht. – Wenn ich Richtung Grüne schaue, dann wird es zur Bezeichnung „Rechtsstaatspartei“ nicht reichen.

Liebe Kollegen der FDP,

(Michael Theurer [FDP]: Was ist jetzt die Wahrheit? Haben Sie FDP gewählt oder nicht? – Dr. Christian Jung [FDP]: Sie lieben die FDP, geben Sie es zu! Wahrscheinlich wählen Sie sie sogar heimlich!)

§ 33 PUAG besagt, dass wir einen Abschlussbericht zu machen haben. Genau den haben wir abzuwarten, und das wollen Sie nicht. § 24 PUAG sagt Ihnen, was eine Gegenüberstellung ist. Verwenden Sie nicht fälschlich das Wort „Kreuzverhör“. Ein Kreuzverhör gibt es bei den Amerikanern, und die Amerikaner leben zurzeit leider von Fake News.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lieber Kollege Özdemir, mit dem Untersuchungsausschuss haben Sie ja wirklich nichts zu tun, aber anscheinend mit der Wirtschaft. Und Sie glauben, dann beurteilen zu können, wer die Wahrheit spricht und wer lügt? Es ist schon bemerkenswert, dass Sie heute hier ausgerechnet für diejenigen Partei ergreifen und sie verteidigen wollen, die Gegenstand einer Kleinen Anfrage Ihrer Partei im Bayerischen Landtag vom 30. September 2016 wegen eines Strafverfahrens aufgrund des Verkaufs von Schwarzmarkttickets waren.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was reden Sie?)

Wer über ehrenwerte Kaufmänner redet, der muss sich die gesamte Geschichte der einzelnen Personen anschauen, meine Damen und Herren; auch das gehört zur Bewertung, wenn man so selbstsicher sagt: Einer lügt, und einer spricht die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, auch die Aussage des Zeugen Schulz – lieber Kollege Krischer, der Zeuge Schulz hat Ihnen eines kaputtgemacht: die Show – war rechtsstaatlich in Ordnung. Es gehört zum Rechtsstaat, dass diejenigen als Zeugen aussagen dürfen, die an einem Termin teilgenommen haben.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sagen sie das nicht drei Wochen vorher?)

Und wenn Sie einen Zeugen nicht wollen, dann zeigt es, dass dieser Zeuge vielleicht eine Aussage bringt, die Ihnen nicht passt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat eine super Aussage gemacht!)

Aber wer an der Wahrheit arbeitet, muss alle hören. Das ist unsere Aufgabe; dafür gehen wir jetzt wieder aus dem Plenum zurück in den Untersuchungsausschuss. Wir suchen die Wahrheit, und die finden wir definitiv nicht hier in dieser Aktuellen Stunde. Sie war leider ein klassisches Beispiel für den Missbrauch des Plenums.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD])