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Sebastian Steineke: Die Kosten müssen verhältnismäßig und angemessen sein

Redebeitrag zum Verbraucherschutz im Inkassorecht

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im März 2019 haben wir ja schon über zwei Entwürfe geredet, unter anderem über den, über den Kollege Maier von der AfD gerade gesprochen hat. Und da weise ich noch mal darauf hin: Wir haben den Grundsatz der Totalreparation im Bürgerlichen Gesetzbuch, und wir haben die Zahlungsverzugsrichtlinie im Verkehr der Europäischen Union. In beiden steht eindeutig drin, dass der Gläubiger Kostenersatz verlangen kann. Wir können nicht gegen europäisches Recht verstoßen. Darauf muss man am Anfang vielleicht noch mal hinweisen. Deswegen können wir hier nicht einfach die Kosten komplett streichen. Das geht schlicht nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD])

Man muss vielleicht noch einmal Folgendes anmerken: Im heutigen Wirtschaftsleben ist die Möglichkeit, Inkasso in Anspruch zu nehmen, von zentraler Bedeutung, gerade für die kleinen Unternehmen und für den Mittelstand. Wir reden hier über 5 bis 10 Milliarden Euro – das habe ich beim letzten Mal schon gesagt –, die dem Wirtschaftskreislauf zugeführt werden. Wir können jetzt nicht sagen: Weil wir in einer besonders schwierigen Situation sind, fangen wir an, den Leuten zu verbieten, Inkasso zu betreiben. – Das ist schlicht unmöglich. Aber – da setzt der Entwurf aus unserer Sicht völlig zu Recht an –: Die Kosten müssen verhältnismäßig und angemessen sein. Das war ein zentrales Ziel. Das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Daran halten wir uns selbstverständlich.

Natürlich gehört auch dazu, dass wir über das Verhalten der Inkassobranche reden müssen, jedenfalls in Teilen. Es gibt einen ersten Ansatz der Branche selber, den Code of Conduct. Wir begrüßen, dass die Branche versucht, etwas auf den Weg zu bringen. Aber das alleine wird sicherlich nicht reichen. Auch da setzen wir mit diesem Gesetzentwurf an. Das ist auch ein wichtiger Schritt.

Behandelt werden in diesem Entwurf aber im Wesentlichen Fragen des Gebührenrechts im RVG, insbesondere bei der Geschäfts- und der Einigungsgebühr. Ziel ist es dabei, dass wir einerseits den Schuldnerinnen und Schuldnern die Möglichkeit geben, keine unangemessen hohen Belastungen zu erleiden, und auf der anderen Seite müssen selbstverständlich die Inkassodienstleistungen noch wirtschaftlich möglich sein. Das ist ein Interessenausgleich, der aus unserer Sicht schon recht gut gelungen ist.

Wir haben insbesondere die Fälle in den Blick genommen, bei denen es um Bagatellforderungen geht. Das war uns sehr wichtig. Das ist nämlich auch ein ganz breiter Bereich. Hier ist ein besonderes Missverhältnis, das viele Bürgerinnen und Bürger zu Recht spüren, dass die Forderung am Ende niedriger ist als der Gebührenansatz. Das ist ein großes Problem. Dieses zu ändern, haben wir gerne gefordert, und wir freuen uns, dass das im Gesetzentwurf enthalten ist, sodass wir gut starten können.

Wir haben auch gefordert, dass wir über das Thema „hohe Inkassoforderungen“ insgesamt reden müssen, weil wir immer wieder das Problem haben, dass auch im Bereich bis zu 500 Euro, also nicht nur bis zu 50 Euro, insgesamt zu hohe Kosten auflaufen. Auch hier haben wir im Gesetzentwurf einen guten Vorschlag umgesetzt. Ich glaube, auch das ist ein ganz wesentlicher Faktor, über den wir schon sehr gut reden können.

Klar ist auch, dass wir in den ersten Ansätzen noch nicht all das wiedergefunden haben, was heute im Gesetzentwurf steht. Deswegen ist das Thema Bagatellforderungen wichtig. Dann dauert es auch mal einige Monate länger, bis die Entwürfe zwischen den Häusern abgestimmt sind. Ich glaube, wir haben inzwischen auch eine gute Vorlage gefunden. Wir freuen uns, dass sich der Entwurf weiter entwickelt hat.

Wir haben in diesem Gesetzentwurf aber einige Punkte mehr geregelt, über die wir gerne noch diskutieren können und die auch wichtig sind. Das ist beispielsweise das Thema Doppelbeauftragung, auch immer ein großes Ärgernis. Also: Inkassodienstleister und Rechtsanwälte, wann geht das überhaupt? Ich glaube, wir haben jetzt schon eine gute Regelung gefunden, dass das nicht ohne Weiteres möglich ist.

Wir müssen das Thema Informationspflichten behandeln. Man kann sich sicher noch genauer anschauen, wie man dies konkreter gestaltet. Geht es so in der Form, wie es bisher ist? Das spielt eine große Rolle für die Schuldnerinnen und Schuldner, aber übrigens auch für die Unternehmen, die nicht immer hören wollen, sie hätten schlecht informiert.

Die Anforderungen an die Eignung und Zuverlässigkeit – die Ministerin hat es gesagt – wollen wir auch noch mal anpacken. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, weil wir in den Debatten immer wieder hören, man müsse nicht immer von dem klassischen Fall „Inkasso-Team Moskau“ ausgehen – das kennt sicherlich noch jemand aus dem Fernsehen –, den es früher einmal gab. Auch jetzt haben wir immer noch Probleme, und darüber müssen wir noch einmal reden.

Wir haben das Thema Untersagungsverfügung, wir haben das Thema Zentralisierung angesprochen. Hierzu hat sich der Bundesrat erstaunlicherweise auch schon bekannt; er will das auch noch einmal angehen. Ich glaube, das ist ein Thema, über das wir reden müssen.

Am Ende des Tages gibt es mit der kostenrechtlichen Gleichbehandlung von Firmen und Rechtsanwälten eine Neuregelung im Mahnverfahren. Da wird man sicherlich noch gucken müssen, ob das zielführend ist oder ob zu viele Verfahren direkt in das Mahnverfahren gehen. Darüber muss man sicherlich noch einmal reden. Das ist auch ein Thema; aber das steht schon im Gesetzentwurf.

Ein Thema, das uns besonders wichtig war und wir immer in den Mittelpunkt der Debatte gestellt haben, ist das Thema – das ist besonders ärgerlich für die Menschen – Identitätsdiebstahl. Viele Kollegen von uns haben übrigens auch schon erlebt, dass ihnen in vielen Fällen Sachen nach Hause geschickt worden sind. Das ist ein weitverbreitetes Thema, gerade wenn man in der Öffentlichkeit steht. Es ist mit riesigen Problemen verbunden bei der Abwicklung. Wenn man nicht gerade Rechtsanwalt ist, kommen noch weitere Folgeschäden hinzu. Ich glaube, auch hier haben wir zumindest einen ersten Punkt gesetzt, um damit besser umzugehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Uns ist auch bewusst, dass der Entwurf nicht nur viel Freude bringt. Die Branche hat sich durchaus negativ geäußert, aber so ist das. Ich glaube, wir haben einen gemeinsamen Konsens. Wir werden in einer Anhörung noch darüber sprechen, ob das in diesem Sinne bleiben kann. Ich glaube, dies ist schon eine sehr gute Vorlage.

Auch über die Zentralisierung kann man noch einmal reden. Der Bundesrat hat sich geäußert. Vielleicht kann man noch weitere Schritte gehen. Die Frage ist aber, ob man beim Identitätsdiebstahl in Bezug auf Informationspflichten weitergehen kann. Insgesamt haben wir eine sehr gute Grundlage. Wir können mit dem Entwurf sehr gut arbeiten. Ich habe im Antrag der FDP ein, zwei interessante Punkte gesehen – das kann man auch einmal sagen –, die durchaus debattenfähig sind.

(Heiterkeit bei der FDP)

Das heißt nicht, dass wir sie umsetzen, aber man kann einmal darüber reden.

Insofern haben wir eine interessante Debatte und eine schöne Anhörung am 16. September.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)