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Philipp Amthor: "Die internationalen Beziehungen bleiben Schutzgut des Informationsfreiheitsrechts"

Rede zur Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Transparenz bei Regierung und Behörden stärken, Informationsfreiheitsgesetz des Bundes zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln“, das klingt ja wirklich so, als könne man das nicht ablehnen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steht im Koalitionsvertrag!)

Aber es ist dann doch mal wieder nur grüne Wohlfühletikettierung. Genau das werden wir herausarbeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn eines ist klar: Auch wenn man gegen Ihren Antrag ist, ist man nicht automatisch für eine verschlossene Regierung. – Wir sind sehr wohl für Transparenz. Ich will bei all der Kritik am ach so verschlossenen Staat auch einmal hervorheben, was unsere Beamten der Bundesbehörden leisten. Wir haben schon heute viele Transparenzmöglichkeiten. Schauen wir uns an, was allein 2018 bei Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes geschehen ist: fast 14 000 erledigte und beschiedene Anträge, dazu Tausende in den Ländern. Da kann man sagen: Unsere Behörden machen eine gute Arbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will richtigerweise sagen: Ja, beim Thema Open Data besteht Nachholbedarf. Der Kollege Marian Wendt wollte dazu ausführen, hat seine Rede aber aus persönlichen Gründen zu Protokoll gegeben. Jenseits von Open Data greifen Sie berechtigte Punkte auf, lieber Kollege von Notz, wenn Sie sagen: Das Informationsrecht ist zersplittert. Das Verhältnis der einzelnen Auskunftsansprüche zueinander ist nicht überzeugend geregelt. – Das ist rechtspolitisch durchaus eine berechtigte Kritik. Die Lösung ist Ihnen allerdings auch nicht gelungen. Sie wollten die Bundesregierung auffordern, das zu tun.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie uns mal regieren! Dann klappt das auch!)

Insofern muss man sagen: Guter Ansatz; Lösung noch nicht so gut ausgebaut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Übrigen geht Ihr Antrag, was das Informationsfreiheitsrecht angeht, einfach zu weit und ist dann auch von einer großen Ferne zur Verwaltungspraxis geprägt. Das zeigt sich zuallererst, wenn wir uns die Ausnahmetatbestände für Informationsansprüche ansehen; denn es gibt – ich finde, das ist nachvollziehbar – Gründe, aus denen der Staat Informationsanfragen der Bürger ablehnen kann. Das ist allerdings die Ausnahme. Von den erwähnten 13 600 IFG-Anträgen im letzten Jahr wurden nur 941 abgelehnt. Das ist also eine verschwindend geringe Zahl; da sollten Sie nicht so tun, als sei das ein überbordend großes Problem.

Was mich aber am allermeisten stört: Sie wollen die Bereichsausnahme für unsere Nachrichtendienste streichen, für den BND, das Bundesamt für Verfassungsschutz und den MAD. Diese Ausnahme ist sinnvoll. Denn welche Nachrichtendienste der Welt sollten denn mit uns kooperieren, wenn sie die Sorge haben müssten, dass die Informationen, die sie unseren Behörden geben, am nächsten Tag bei irgendwelchen Internetaktivisten auf dem Schreibtisch liegen? Das finden wir nicht überzeugend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! An den Haaren herbeigezogen!)

Im Übrigen sollten Sie sich einmal vergegenwärtigen, wie weit Ihre Informationsansprüche gehen, die Sie fordern. In der Begründung Ihres Antrags sagen Sie, es sei ein Problem, dass Bürger zum Beispiel keine Informationen über Flugbewegungen von CIA-Flügen im deutschen Luftraum oder über Rüstungsexporte nach Katar bekommen hätten. Ich kann Ihnen sagen: Sie sollten bedenken, dass es vielleicht sinnvoll ist, den Bürgern nicht weitergehende Informationsansprüche zu geben, die die Abgeordneten selbst nur aus guten, durch das Staatswohl konditionierten Gründen haben.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für ein Argument?)

Deswegen sage ich an dieser Stelle: Die internationalen Beziehungen bleiben für uns Schutzgut des Informationsfreiheitsrechts, und das ist auch gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wollen – das ist das größte Problem Ihres Antrags und zeigt die typisch grüne Denke, die sich von unserer unterscheidet – den Kreis der Anspruchsberechtigten ausweiten. Sie haben vorhin Rot-Grün gelobt und den ersten Entwurf des IFG. Dazu sage ich: Vieles daran war nicht gut, aber eine Regelung, die der damalige Gesetzgeber getroffen hat, war sinnvoll. Man hat sich damals nämlich bewusst entschieden, Bürgerinitiativen und Verbände aus dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes herauszunehmen. Man hat gesagt, der einzelne Bürger, der in einer Bürgerinitiative ist, hat ohnehin einen Auskunftsanspruch; da muss er sich nicht hinter der Bürgerinitiative verstecken. – Das wollen Sie heute wieder ändern.

Ihre Vorstellung ist grundlegend schief. Denn es gibt nämlich nicht nur die interessierten Bürger; vielmehr benutzen viele Ihrer interessierten Bürger und sogenannten Aktivisten an vielen Stellen Transparenzregelungen, um unsere Behörden vorzuführen. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Organisationen, die selber intransparent sind! Deutsche Umwelthilfe!)

Das sieht man an den aktuellen Fällen. Ich denke an Aktivisten, an Vereine, die nicht einmal zehn Mitglieder haben und bundesweit eine große Welle gegen Hubertusmessen und gegen Jäger machen. Und das sind dann die breiten gesellschaftlichen Kräfte, von denen Sie sprechen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Wovon reden Strunz?)

Das finde ich nicht überzeugend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen sollten wir hier auf Waffengleichheit setzen. Ich pointiere das ein bisschen:

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reden wir über das Waffenrecht, oder was?)

Die einzelnen Bearbeiter im IFG-Verfahren sind teilweise völlig schutzlos. Die Namen unserer Beamten in den Bundesbehörden werden dann im Internet veröffentlicht, und Sie wollen sich hinter irgendwelchen Bürgerinitiativen verstecken. Ich kann Ihnen sagen, woran mich das erinnert: Es erinnert mich daran, was Leute aus dem linken und grünen Spektrum immer gerne wollen: einen linken Aktivisten, am besten vermummt, gegen einen Polizisten, der seine Adresse am besten auf dem Helm tragen soll. Das ist der völlig falsche Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen beim beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind in der falschen Debatte!)

Wir brauchen hier keinen Generalverdacht gegen Menschen, die Informationsansprüche wollen; aber Ihre Punkte gehen einfach zu weit.

Die schöne Pointe ist – das will ich noch sagen –: Wer soll das nach den Vorstellungen der Grünen wohl bezahlen? Na, raten Sie einmal. Genau: die Allgemeinheit und der Steuerzahler.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die bezahlen auch dich, Mann!)

Das ist eine völlig falsche Akzentuierung. Die Gebührenpflicht ist heute bei Informationsfreiheitsansprüchen schon die Ausnahme. Nur gut 8 Prozent der Ansprüche sind überhaupt gebührenpflichtig, und nur bei 2,5 Prozent aller Ansprüche im letzten Jahr lagen die Gebühren bei über 100 Euro. Sie stellen das hier als großes Problem dar.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das stimmt nicht!)

Ich sage Ihnen: Der Steuerzahler muss nicht irgendwelche unsinnigen Einzelinteressen bezahlen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie den Antrag!)

Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele aus der Verwaltungspraxis. Die Behörden wurden gebeten, die Menge des Toilettenpapiers einer Behörde oder die Anzahl der gedruckten Grundgesetze, geordnet nach Jahren, aufzulisten. Ich freue mich über jeden, der sich für das Grundgesetz interessiert; aber ich finde, wenn ein Bürger das wissen will, kann er es bitte schön auch selbst bezahlen. Das muss nicht der Steuerzahler bezahlen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Übrigen, seien Sie ein bisschen selbstbewusst. Die Kernaufgabe der parlamentarischen Kontrolle liegt bei den Abgeordneten. Allein aus der Verfügbarkeit von Informationen folgt noch kein größeres Vertrauen in die Regierung oder in die Politik, sondern Vertrauen bekommen Sie nur, wenn Sie Informationen einordnen und kontextualisieren. Ich glaube, das ist unsere Aufgabe als Abgeordnete, und das können wir auch am besten.

Wir haben Kritik an Ihrem Antrag, und die werden wir im Ausschuss diskutieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An den Haaren herbeigezogen!)