Skip to main content

Philipp Amthor: "Auch wenn Parteien an Medienunternehmen beteiligt sind, schreiben und berichten sie trotzdem objektiv"

Rede zur Publizistischen Vielfalt

Philipp Amthor (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben hier – es wurde schon gesagt – tatsächlich eine AfD, die sich mal wieder als Verteidiger der Presse- und Meinungsvielfalt

(Stephan Brandner [AfD]: Das sind wir!)

und als Verteidiger eines transparenten Diskurses gerieren will. Es ist wie so oft, lieber Herr Brandner: netter Versuch, aber gescheitert.

(Stephan Brandner [AfD]: Da kennen Sie sich aus!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Vorschlag der AfD ist, die Transparenz der Beteiligung von Parteien an Medienunternehmen zu erhöhen. Dazu – das muss man sagen – haben Sie einige Vorschläge gemacht; es wurde schon einiges gesagt.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie scheinen den Antrag gelesen zu haben!)

Sie wollen die Möglichkeiten in Rechenschaftsberichten ausweiten. Aber Sie wollen – das finde ich besonders schön – im Wettbewerbsrecht einen Warnhinweis für die Bürger verankern, dass quasi die Presseerzeugnisse, die Zeitungen, an denen Parteien beteiligt sind, dann – so schlagen Sie es vor – folgenden Warnhinweis an die Artikel drucken -

(Stephan Brandner [AfD]: Da steht das drin! Sie sind ja ein pfiffiges Bürschchen!)

ich zitiere ihn aus Ihrem Entwurf –: „redaktionell aufbereitet von XYZ – ein Unternehmen mit Beteiligung der ABC-Partei“. Die AfD als Servicepartei. Da fragt man: Braucht man das eigentlich?

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, genau! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Braucht man das? Ich werde es Ihnen nachher noch sagen.

Um es vorab zu sagen: Dass sich die Parteien an Medienunternehmen beteiligen, ist doch erst mal gar nichts Verwerfliches, sondern es ist auch so vorgesehen, weil die Parteien einerseits verfassungsrechtliche Institutionen, andererseits aber auch Grundrechtsträger sind. Das kann man mehr oder weniger intensiv machen. Es wurde schon gesagt: Die SPD hat ein bisschen tiefer hineingegriffen und hat einige Medienbeteiligungen mehr als die anderen Parteien. – Aber das herauszufinden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, ist wirklich kein Hexenwerk. Ich glaube, wir sollten als Abgeordnete immer die Einstellung haben, dass wir die Bürger nicht für dümmer halten als uns selbst. Wenn selbst Sie herausfinden konnten, an welchen Unternehmen die SPD beteiligt ist, können die Bürger das auch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen insbesondere zum Warnhinweis sagen: Braucht man den Warnhinweis? Sie haben das RedaktionsNetzwerk Deutschland kritisiert, Herr Brandner. Da ist die Madsack-Gruppe mit über 50 Tageszeitungen einer der größten Anteilseigner. Dann sagen Sie: Ja, das ist alles ganz schlimm für unsere Mediendemokratie. – Ich habe mich gefragt: Führen die Unternehmensbeteiligungen der SPD dazu, dass alle nur so toll über die SPD schreiben?

(Marianne Schieder [SPD]: Leider nein! – Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Wir sagen denen, dass die schlecht über uns schreiben!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur mal zwei Schlagzeilen aus der Berichterstattung des RedaktionsNetzwerks Deutschland: „SPD-Parteitag: Es ist kein Aufbruch zu spüren“ und „Bald nur noch einstellig? SPD sackt in Umfragen auf 11 Prozent ab“.

(Stephan Brandner [AfD]: Das sind die Fakten! – Gegenruf des Abg. Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Guck mal auf deine eigenen Umfragen!)

Also: Jubelpresse ist das nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen muss man mal sagen: Auch wenn Parteien an Medienunternehmen beteiligt sind, schreiben und berichten sie trotzdem objektiv. Aber es stört Sie gar nicht, ob gut oder schlecht über die SPD berichtet wird. Sie stört, dass so schlecht über die AfD geschrieben wird. Da fragt man sich: Woran liegt das eigentlich?

(Marianne Schieder [SPD]: Weil es nichts Gutes zu schreiben gibt! – Stephan Brandner [AfD]: Natürlich!)

Es kann mehrere Gründe geben, weshalb schlecht über die AfD geschrieben wird. Ein Grund könnte sein – Herr Brandner, das ist wahrscheinlich Ihre Idee –: Es gibt die große links-grüne Altkartellparteienverschwörung, derentwegen über die AfD schlecht geschrieben wird. Ich glaube, es ist ein anderer Grund: Über Ihre Politik wird schlecht geschrieben, weil sie schlecht ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will nun wirklich nicht derjenige sein, der hier Medienbeteiligungen der SPD verteidigt. Ich will auch zugestehen: Es gibt unfaire Berichterstattungen in der Presse über Parteien im Allgemeinen, gelegentlich auch über die AfD. Aber was mich wirklich stört, liebe Kollegen, ist Ihr Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ihr Verständnis impliziert nämlich, dass Sie glauben, dass aus Ihrer Freiheit, alles zu sagen, eine Pflicht der anderen folge, Ihnen zuzustimmen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus dem Recht, etwas zu sagen, folgt eben nicht die Pflicht zur Zustimmung. Deshalb: Wenn Sie über die Medien reden und immer behaupten, Sie wollten die letzten aufrechten Verteidiger des Vaterlandes sein, dann seien Sie im Umgang mit den Medien bitte nicht so verdammt mimosenhaft, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was wirklich nervig ist, ist die Doppelmoral in der Diskussion; das wurde schon gesagt. Sie tun hier so, als sei es das größte Problem, dass man, um die Medienbeteiligungen der SPD zu finden, einen Wikipedia-Artikel bemühen muss und dafür fünf Minuten Rechercheaufwand braucht. Sie tun so, als sei das das größte Transparenzproblem. Gleichzeitig verlieren Sie – das klang in der Debatte an – über Ihren „Deutschland Kurier“

(Stephan Brandner [AfD]: Gehört uns nicht!)

und die undurchsichtigen Beziehungen dazu nicht ein Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will Ihnen eines sagen: Dieser „Deutschland Kurier“, Ihre Presseerzeugnisse,

(Stephan Brandner [AfD]: Wie kommen Sie darauf, dass der „Deutschland Kurier“ der AfD gehört?)

diese Beziehungen, die Sie dort haben, ist eigentlich die größte intransparente Aktion in der Parteienfinanzierung der letzten Jahre.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen muss man solchen Kampfblättern und ihrer Finanzierung aus dem Ausland den Kampf ansagen. Deswegen muss man hier von Doppelmoral sprechen. Das passt doch alles nicht zusammen.

Ich sage Ihnen – das ist das Lustige –, wozu die von Ihnen vorgeschlagene Regelung führt. Ihr Warnhinweis soll dazu führen, dass Ihr „Deutschland Kurier“ geschützt wird, dass die redlich recherchierten objektiven Berichterstattungen der Tageszeitungen den Warnhinweis bekommen:

(Stephan Brandner [AfD]: Sie meinen die „taz“, oder was?)

„Achtung, Achtung, linksgrüne Presse“, aber der „Deutschland Kurier“ erhält das Prädikat der Wahrheit. Das ist Ergebnis Ihrer Logik. Und das ist Doppelmoral, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wenn wir schon über einen Warnhinweis reden, kann ich nur sagen, dass dann solche Postillen wie der „Deutschland Kurier“ einen entsprechenden Warnhinweis bräuchten. Man könnte schreiben – um Ihren Vorschlag aufzugreifen –: redaktionell aufbereitet von Tarnunternehmen X, einer Parallelaktion der AfD Deutschland. Genau darum handelt es sich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Messen Sie hier deshalb nicht mit zweierlei Maß. Sorgen Sie vielmehr erst einmal im eigenen Haus für Ordnung.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das wird denen nicht gelingen!)

Mein Tipp nach fast einer Stunde Debatte wäre, zukünftig vielleicht folgenden Warnhinweis für solche Debatten einzuführen: Vorsicht Kernzeitdebatte! Rüpel Brandner rumpelt sich wieder zum Eigentor. – Das ist Ihnen gelungen. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)