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Patrick Schnieder: Wir wollen Transparenz herstellen bei der Interessenvertretung

Redebeitrag zur Einführung eines Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Koalition hat einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters vorgelegt. Ich kann nur feststellen: Die Koalition liefert, und das Warten auf diesen Gesetzentwurf hat sich gelohnt; denn jetzt gibt es zumindest einen konkreten, vernünftigen Vorschlag für ein Lobbyregister, der dem Hohen Hause vorliegt. Wir wollen ein Lobbyregister beschließen, das umfassend und angemessen ausgestaltet ist. Wir wollen Transparenz herstellen bei der Interessenvertretung, bei der Interessenwahrnehmung, ohne aber den Kontakt zu Abgeordneten und das freie Mandat einzuschränken.

Wir beschließen dieses Lobbyregister nicht nur für den Bundestag, sondern auch für die Bundesregierung. Das Bundesministerium des Innern – das ist federführend; vielleicht kümmert sich Herr Scholz um die Dinge, die im Moment bei ihm im Ministerium etwas stärker im Mittelpunkt stehen – hat zugesagt, dass sich die Ministerien unserer Regelung im Bundestag anschließen. Wir werden noch einen Änderungsantrag vorlegen und in der zweiten und dritten Lesung dann ein umfassendes Lobbyregister für Bundestag und Bundesregierung verabschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was sieht unsere Regelung vor? Für Interessenvertretung besteht künftig eine Eintragungspflicht, bevor gegenüber Abgeordneten oder Fraktionen und auch gegenüber der Bundesregierung Interessenvertretung betrieben wird. Interessenvertreter müssen dabei Daten über sich selbst eintragen. Das sind vor allem Daten, die Rückschlüsse auf die Intensität der Interessenvertretung geben, also Daten über die Finanzierung, die Anzahl der Mitarbeiter, die für Interessenvertretung zur Verfügung stehen, über Auftraggeber und dergleichen mehr.

Auf der anderen Seite war uns aber wichtig, dass das freie Mandat des Abgeordneten nicht eingeschränkt wird; der Schutz des freien Mandates ist von grundsätzlicher Bedeutung. Wer hier etwas anderes fordert, zum Beispiel Daten über Termine oder Gesprächspartner, der will die Ausforschung von Abgeordneten. Das widerspricht dem Bild des Abgeordneten, das das Grundgesetz von ihm zeichnet. Von dort wäre es auch nur noch ein kleiner Schritt, bis man mit ähnlichen Argumenten auch die Offenlegung von Kontakten zu Anwälten, Journalisten oder Geistlichen fordern könnte.

Die Registrierungspflicht in unserem Register wird umfassend sein. Sie betrifft auch Interessenvertreter, die im Rahmen von Netzwerken oder Internetplattformen Interessenvertretung betreiben. Wenn hier darauf hingewiesen wird, dass dort Lücken blieben,

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Ja, genau!)

zum Beispiel bei der Interessenvertretung von Gewerkschaften oder von Arbeitgebern, dann empfehle ich einen Blick ins Grundgesetz, in Artikel 9 Absatz 3, Koalitionsfreiheit; das ist ein vorbehaltlos gewährtes Grundrecht.

Wer bei den Anhörungen in der 17. Wahlperiode – es waren natürlich nicht alle da, die sich darüber auslassen – dabei gewesen wäre, der hätte eindeutig hören können, was uns die Rechtsgelehrten dort ins Stammbuch geschrieben haben. Transparenz ist sicherlich ein hoher Wert, den wir verfolgen, hat aber keinen Verfassungsrang.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Das stimmt nicht! – Otto Fricke [FDP]: Das stimmt nicht! Der ist essenzielle Voraussetzung für die Grundrechte!)

Das hier gegenüber dem vorbehaltlos gewährten Grundrecht aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz anzuführen, reicht nicht aus. Wir sollten uns auf die Anhörung am 1. Oktober freuen; dann werden wir das noch einmal sehr deutlich hören können.

(Beifall des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])

Wir sehen ferner Auskunftsverweigerungsrechte vor. In diesen Fällen werden entsprechende Interessenvertreter auf einer gesonderten öffentlichen Verweigerungsliste geführt. Verstöße gegen die Eintragungspflicht werden bußgeldbewehrt sein; Bußgelder bis zu 50 000 Euro können ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhang wollen wir das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ergänzen, damit die Bundestagsverwaltung im Verfahren über Rechte verfügt, die auch die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten hat. Umfassender können wir in einem Rechtsstaat Sanktionierungen nicht regeln.

Welche Vorschläge liegen sonst noch auf dem Tisch? Die FDP hat einen schmalen Antrag gestellt, der hinter unserem Gesetzentwurf deutlich zurückbleibt.

(Otto Fricke [FDP]: Es kommt aber nicht immer auf die Größe an!)

Die Grünen legen über mehrere Wahlperioden überhaupt keinen konkreten Vorschlag vor, sondern immer wieder denselben unkonkreten Antrag.

Die Linken legen einen Gesetzentwurf vor, der aber deutlich verfassungswidrig ist. Nicht nur, dass man dort ein Bürokratiemonster schaffen will mit einem Lobbyismusbeauftragten – Besoldungsgruppe B 11 plus Behörde –, sondern – jetzt kommen wir zur Verfassungswidrigkeit – die Linken wollen, dass bei Verdacht auf Verstöße Häuser, Wohnungen, Geschäftsräume durchsucht werden können, und zwar ohne richterlichen Beschluss.

(Zuruf des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])

– Das ist durchaus dramatisch. – Die Linken wollen auch ein Sanktionsverfahren mit der Pflicht zur Mitwirkung an der eigenen Verurteilung nach ihrem Interessenvertretungsgesetz statuieren. Ich glaube, da hat man vom „Nemo tenetur“-Grundsatz noch nichts gehört; das ist ein Grundsatz unseres Rechtsstaates. Deshalb steht dem Gesetzentwurf die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Debatte nicht dazu führen sollte, dass wir Interessenvertretung stigmatisieren oder überhöhen. Interessenvertretung ist notwendig in der Demokratie. Wir wollen hier die nötige Transparenz schaffen. Aber wir brauchen auch in Zukunft Interessenvertretung. Politik ist immer die Wahrnehmung von Interessen. Es geht darum, dass wir klarmachen, wer hier warum Interessen wahrnimmt.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Schnieder, die rote Lampe leuchtet.

 

Patrick Schnieder (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss. – Deshalb glaube ich, meine Damen, meine Herren, dass wir mit unserem Gesetzentwurf eine neue, eine vernünftige und eine ausgewogene Antwort auf das Miteinander von Interessenvertretung und Politik geben.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])