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Patrick Schnieder: "Mitglied dieses Hohen Hauses zu sein, ist Ehre und Verpflichtung zugleich"

Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitglied dieses Hohen Hauses zu sein, ist Ehre und Verpflichtung zugleich. Wer dieses Mandat ausüben darf, muss sich dabei allein am Nutzen für das Gemeinwohl orientieren. Haltung, Anstand und Integrität sind unverzichtbare Voraussetzungen für die Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter, eine Tätigkeit im Übrigen – auch das muss man an dieser Stelle sagen –, die angemessen und vor allem ausreichend bezahlt ist.

Für die ganz überwältigende Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion kann ich sagen, dass sie diesen Anspruch lebt und sich tagtäglich mit viel Einsatz im besten Sinne für das Wohl unseres Landes engagiert.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass einige frühere Mitglieder unserer Fraktion

(Zuruf von der LINKEN: Einige ist gut! – Martin Reichardt [AfD]: Ganz schön viele!)

diesem Anspruch nicht gerecht geworden sind und das Vertrauen, das Wählerinnen und Wähler in sie gesetzt haben, schwer enttäuscht haben. Dass die Menschen in unserem Land darüber empört sind, kann ich gut nachvollziehen. Ich kann Ihnen versichern: Mir und den anderen Mitgliedern meiner Fraktion geht es genauso. Schlimm ist, dass es auf alle abfärbt – auf die Anständigen, auf die Politik insgesamt, auf die Institution Bundestag. Deshalb sollte man das Fehlverhalten Einzelner auch nicht als systemisch darstellen. Wir alle nehmen dann in unserer Demokratie noch mehr Schaden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])

Aber – auch das gehört zur Wahrheit – ich hätte mir das, was jetzt bekannt geworden ist, beim besten Willen nicht und nicht in diesem Ausmaß vorstellen können.

(Zuruf von der AfD: Wir schon!)

Ich habe eben beschrieben, was ich von einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages erwarte. Für mich ist das eigentlich selbstverständlich. Daher bedurfte es bisher auch keiner gesetzlichen Regelung dafür. Leider musste ich mich, mussten wir uns eines Besseren belehren lassen. Wir haben jedenfalls verstanden, dass wir ohne deutliche und klare Gesetzesverschärfungen nicht mehr auskommen. Es gilt, jetzt diese Dinge schnell und entschieden anzugehen und zu lösen. Daher haben wir als Union früh – das heißt, kurz nach Bekanntwerden der ersten Fälle – eine Transparenzoffensive beschlossen.

(Zuruf von der LINKEN)

Die Koalition hat sich, wie Sie vielleicht schon den Medien entnehmen konnten, auf dieser Grundlage auf einen gemeinsamen Maßnahmenkatalog verständigt, den wir jetzt zeitnah in einen gemeinsamen Gesetzentwurf gießen wollen.

Was ist unser Maßstab? Erstens. Transparenz ist kein Selbstzweck. Es geht darum, mögliche Interessenkonflikte bei Tätigkeiten von Abgeordneten offenzulegen bzw. auszuschließen. Allerdings sind dabei die Freiheit des Mandats und die Berufsfreiheit, also Artikel 38 und Artikel 12 Grundgesetz, zu beachten.

Zweitens. Wenn es einen politischen und gesellschaftlichen Konsens gibt, dass eine bestimmte Art von Geschäften der Abgeordneten per se unmoralisch und mit Blick auf damit verbundene Interessenkonflikte gefährlich ist, ist es nur logisch und konsequent, diese auch gesetzlich zu verbieten und Verstöße hart zu sanktionieren.

Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Die Union ist stolz darauf, dass Freiberufler, Unternehmer, Ärzte, Landwirte und Handwerker in unseren Reihen im Bundestag sind. Was wir nicht wollen, ist ein reines Beamtenparlament oder nur noch Politiker, die aus dem Hörsaal, vielleicht über den Umweg der Mitarbeit bei einem Abgeordneten, im Plenarsaal landen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Worauf haben wir uns mit der SPD konkret verständigt? Wir wollen in Zukunft anzeigepflichtige Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen betragsgenau auf Euro und Cent veröffentlichen. Einkünfte sind nicht anzuzeigen, wenn sie im Monat unter 1 000 Euro bzw. in der Jahressumme unter 3 000 Euro liegen. Beteiligungen an Aktiengesellschaften und Beteiligungen an sonstigen Gesellschaften sollen ab 5 Prozent angezeigt und veröffentlicht werden. Einkünfte aus anzeigepflichtigen Unternehmensbeteiligungen, zum Beispiel Dividenden und Gewinnausschüttungen, sollen ebenfalls anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden. Auch Aktienoptionen unterfallen der Anzeige- und Veröffentlichungspflicht, und zwar unabhängig von der Frage, ob sie einen bezifferbaren Wert haben. Das soll auch für vergleichbare Finanzinstrumente gelten.

Ein zentraler Punkt, bezogen vor allem auf die inkriminierten Fälle, wenn ich so sagen darf: Bezahlte Lobbytätigkeit von Abgeordneten für Dritte gegenüber der Bundesregierung oder dem Bundestag soll gesetzlich verboten werden. Es ist klar, dass wir im Einzelfall noch genaue Abgrenzungsarbeit zu leisten haben, damit wir zum Beispiel Tätigkeiten im ehrenamtlichen Bereich gegen Aufwandsentschädigung nicht grundsätzlich ausschließen.

Der Missbrauch der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag zu geschäftlichen Zwecken ist heute schon unzulässig. Wir wollen das aber gesetzlich verbieten und mit Sanktionen versehen. Auch Honorare für Reden und Vorträge von Abgeordneten sollen verboten werden. Das ist eine Kerntätigkeit, die mit dem Mandat verbunden ist, für die wir keine zusätzliche Bezahlung und Honorierung erwarten können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir wollen die Möglichkeit der Abschöpfung verbotener Einnahmen schaffen. Wer aus unzulässigen Geschäften Einnahmen hat, muss diese abführen; zusätzlich kann ein Ordnungsgeld verhängt werden. Schließlich wollen wir den § 108 e Strafgesetzbuch verändern. Hochstufung zum Verbrechen ist das Stichwort. Auch die Entgegennahme von Geldspenden durch Abgeordnete soll in Zukunft verboten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an die Opposition gerichtet will ich sagen: Sie sehen, unsere Vorschläge gehen noch einmal über das hinaus, was Sie vorgelegt haben. Wir werden unsere Vorschläge in der Koalition jetzt zügig umsetzen und einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeiten. Ich lade alle demokratischen Fraktionen ausdrücklich ein, sich daran konstruktiv zu beteiligen. Wir sind für Gespräche immer offen.

Ich denke, unsere Vorschläge innerhalb der Koalition sind die richtige Antwort auf die Vorfälle, die in den letzten Wochen bekannt geworden sind. Sie können dazu beitragen, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und für die Zukunft sicherzustellen, dass so etwas möglichst nicht mehr passiert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)