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Michael Frieser: "Wo die Vernunft nicht ausreicht, helfen nur Sanktionen"

Änderung des Abgeordnetengesetzes – Einführung eines Ordnungsgeldes

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vorkommnisse waren ein neuer Tiefpunkt in unserer parlamentarischen Geschichte, in dieser Legislatur; ich hoffe, einer der letzten, zumindest in absehbarer Zeit. Es war aber auch erwartbar.

Verletzungen von Regeln als Vorsatz folgen immer demselben Ablauf: zuerst der Tabubruch, dann Aufrufe, Abgeordnete mal richtig zu bedrängen und einzuschüchtern, hinterher die Verkleinerung, das Verniedlichen, die halbseidene Entschuldigung. Es ist immer derselbe Ablauf. Wir werden mit Appellen an die Würde dieses Hauses, die Würde des Souveräns und derjenigen, die in freier Wahl gewählt wurden, nichts ausrichten.

(Beatrix von Storch [AfD]: Was ist mit der Korruption in Ihrer eigenen Fraktion? Das häuft sich langsam! – Enrico Komning [AfD]: Das ist doch Verschwörung, was Sie erzählen!)

Wenn doch die Absicht genau darin besteht, diese Würde dem Parlament nicht zukommen zu lassen, weil man damit die Demokratie unterminieren will, sind unsere Appelle wohl etwas fehlgeleitet.

Letztendlich muss man schon deutlich sagen: Dieser Angriff auf den Einzelnen unter uns ist ein Angriff auf das ganze Haus, ein Angriff auf die freie Rede, auf das freie Mandat. Auf diesem Boden haben Menschen ihr Leben gelassen, um dieses freie Mandat, die freie Rede, den freien Staat zu verteidigen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Konstantin Kuhle [FDP])

Das in Abrede zu stellen, ist das eigentliche Drama. Deshalb sage ich: Mit Appellen kommt man, glaube ich, nicht weiter. Wo der Verstand aufhört und die Vernunft nicht ausreicht, helfen nur Sanktionen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

In die andere Richtung gefragt: Ehrlich, das soll Ihre Argumentation sein, der unbestimmte Rechtsbegriff? – Wie hilflos ist das! Egal welche Seite dieses Hauses: Ich bin mir sicher, Sie werden durch Einzelfälle schon dafür sorgen, dass die Juristerei in diesem Land genug Möglichkeiten hat, diese unbestimmten Rechtsbegriffe auszufüllen. Darüber mache ich mir keinerlei Sorgen, glauben Sie mir.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wehrhafte Demokratie setzt voraus, dass sie gerade in Tiefpunkten standhaft ist, dass sie irgendwann entsprechende Maßnahmen, von denen man nie gedacht hätte, dass man sie einmal braucht, auch hervorholt, um die Zielrichtung deutlich zu machen. Darum geht es am Ende des Tages. Es geht nicht nur darum, zu sagen: „Wir müssen dieses Haus verteidigen“; vielmehr müssen wir deutlich sagen: Hier steht mehr auf dem Spiel als die Frage des unbeeinträchtigten Gelangens von A nach B im Parlament. Hier geht es darum, dass wir deutlich machen, dass das Mandat frei ist, die Rede und der Streit auch. Deshalb müssen wir uns entsprechend schützen. Überlegt es euch noch mal. Stimmt besser zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)