Skip to main content

Michael Frieser: Formal könnte die Debatte nach 30 Sekunden aufhören

Redebeitrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Infektionsschutz

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn, Kollege Straetmanns, die Anmerkung, dass ich mich schon ewig über den Nazisprech gegenüber Altparteien aufrege. Ich kann Sie da nur unterstützen, dafür zu sensibilisieren. Ich will nur sagen: Nicht nur die CSU feiert in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag. Wir sind alle ehrwürdige, alte Parteien. Aber so alt in Denke, Rückwärtsgewandtheit und Verknöchertheit können wir nie werden wie das, was da drüben sitzt.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Formal könnte die Debatte nach 30 Sekunden aufhören: Ein Antrag zu einem Zeitraum, der nicht abgeschlossen ist, ist gegen die Geschäftsordnung – Punkt!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das reicht vollkommen aus, um diesen unfähigen Untersuchungsausschussantrag abzulehnen.

Aber es geht natürlich wieder darum, die Geschäftsordnung mit Füßen zu treten. Es geht wieder darum, in diesem Parlament den Versuch zu unternehmen, es vorzuführen. Es geht wieder darum, die Regeln, mit denen wir versuchen, im Augenblick, am Gipfel dieser zweiten Welle der Pandemie, für die Menschen zu arbeiten, mit Füßen zu treten. Schon deshalb kann man an dieser Stelle bei all diesen Anträgen nicht mitmachen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber einen Satz will ich schon noch zu dem großen Thema der Parlamentsbeteiligung sagen. Sie haben alle recht: Maßnahmen wie die, die wir im Augenblick den Menschen zumuten, die Corona uns zumutet, der Demokratie zumutet, sind erklärungsbedürftig, um Vertrauen zu stärken und zu bekommen. Deshalb ist eine große, breite Debatte richtig. Aber – Entschuldigung – ich weiß ja nicht, was Sie alle getan haben, aber ich habe die letzten sieben Monate nichts anderes gemacht, als mich auch an dieser Stelle, auch im Wahlkreis als Parlamentarier genau mit dieser Frage zu beschäftigen. 70 Debatten! Nicht ein einziger Antrag dazu aus diesem Haus wurde nicht diskutiert.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ist es!)

Trotzdem muss man staatstheoretisch sagen: Die Exekutive beim Bekämpfen dieser Pandemie sitzt in den Ländern. Die müssen das umsetzen, oder wir setzen den Föderalismus außer Kraft. Ich glaube, das will in diesem Haus – na ja, ich bin mir nicht ganz sicher – aber keiner. Deshalb: Vertrauen stärken: ja; aber das Parlament ist tatsächlich beteiligt, und wir sollten nicht schlechterreden, was wir in den letzten paar Monaten gut organisiert und gemanagt haben, sehr verehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber das, was die AfD an dieser Stelle macht, muss man schon auf ein grundsätzliches Maß herunterrütteln. Wer Fakten in dieser Art verdreht, wer der Unwahrheit die Plattform bietet, der vergeht sich an den Opfern dieser Pandemie.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Unser höchstes Schutzgut ist das Leben. Wir ergreifen doch diese Maßnahmen, die wir unterstützen, für die wir den Rahmen setzen, für die wir tatsächlich mit Leidenschaft draußen werben, nicht, weil uns nichts Besseres einfällt, sondern weil wir am Ende des Tages Leben schützen wollen und müssen. Das ist unser höchster Auftrag. Dazu kann ich nur zur Unterstützung aufrufen. Sie vergehen sich ja nicht nur an den vulnerablen Gruppen – ich habe das immer wieder gesagt: das, was die AfD macht, ist fast vorsätzliche Körperverletzung bei dem, was sie den Menschen draußen zuruft –, nein, auch an einer jungen Generation. Wenn wir nichts tun in diesem Land, dann berauben wir sie der sozialen Grundlage, der wirtschaftlichen Grundlage, auch ihrer Zukunft. Deshalb sind diese Maßnahmen, die wir anstreben und die wir den Menschen zu erklären versuchen, auch tatsächlich notwendig.

Alles, was Sie tun, ist das genaue Gegenteil. Da stellt man sich natürlich die Frage: Warum eigentlich? Worum geht es denn gerade in einer Stunde, in der wir den Zusammenhalt bräuchten? Sie wollen diesen Zusammenhalt überhaupt nicht; Sie wollen den Spaltpilz in dieser Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist etwas, was man Ihnen nicht durchgehen lassen kann. Das ist das moralisch Verwerfliche. Dann kann ich am Ende nur sagen: Wenn Sie schon nicht bereit sind, Leben zu schützen, wenn Sie schon nicht bereit sind, konstruktiv gegen diese Pandemie mitzuarbeiten und den Leuten nicht auch noch die Zeit zu stehlen, dann stehlen Sie bitte diesem Haus nicht die Zeit, und stellen Sie nicht solche Anträge, die uns letztendlich genau davon abhalten: nämlich den Bürgerinnen und Bürgern den Schutz zukommen zu lassen, den sie eigentlich von diesem Haus verdienen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)