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Michael Brand: "Zuwanderung besser steuern und begrenzen"

Rede - Einstufung als sichere Herkunftsstaaten

Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über was sprechen wir heute hier? Wir sprechen nicht darüber, dass Menschen, die in ihren Heimatländern verfolgt und an Leib und Leben bedroht sind, künftig etwa kein Recht mehr auf Asyl hätten. Wir sprechen auch nicht darüber, dass wir Länder wie Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien sich selbst überlassen; das wäre kurzsichtig und auch nicht im Interesse Deutschlands und Europas an mehr Stabilität. Über all das sprechen wir nicht. Wir führen keine Schwarz-weiß-Debatte. Was wir als Koalition wollen, ist, in offensichtlich unbegründeten Fällen, Verfahren zu beschleunigen, indem Anträge zügiger bearbeitet und schneller entschieden werden können, sodass im Falle einer Ablehnung auch die Rückkehr schneller erfolgen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zuwanderung besser steuern und begrenzen, beim Erreichen dieses Ziels – das beweisen auch die Zahlen – sind wir deutlich vorangekommen. An offensichtlich unbegründeten Asylverfahren kann doch niemand mit Vernunft Interesse haben. Sie belasten Bund, Länder und Kommunen in vielfacher Hinsicht und gehen im Ergebnis zulasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für sie weniger Kapazitäten zur Verfügung stehen. Das Recht auf politisches Asyl gilt aus guten Gründen ausschließlich in Fällen politischer Verfolgung.

Es liegt nicht zuletzt im Interesse der Länder selbst, dass sie als sichere Herkunftsländer anerkannt werden. So war es doch auch bei den Ländern des westlichen Balkans: Die Anzahl aussichtsloser Asylanträge ist hier nachweislich erheblich gesunken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erinnern uns an die Bilder, als die damalige kosovarische Präsidentin am Busbahnhof der Hauptstadt Pristina ihre Bürger eindringlich aufgefordert hat, im Land zu bleiben, weil sie dort gebraucht werden und ihre offensichtlich unbegründeten Anträge keine Aussicht auf Erfolg haben. Deswegen: Die Einstufung bestimmter Länder als sichere Herkunftsstaaten ist verantwortbar und sogar geboten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch mit der Ansage der kosovarischen Präsidentin nichts zu tun!)

Ungebremste Zuwanderung will niemand, Humanität und Hilfsbereitschaft für verfolgte Menschen hingegen schon. Es geht um das Schicksal von Menschen und um eine bessere Ordnung für Europa. Ich lasse jetzt mal bewusst die Extrempositionen außen vor; denn die kennt man ja schon: Auf der linken Seite spricht die Linke entgegen den Fakten schrill und ideologisch von „Zynismus“ und „blankem Hohn“ – Frau Jelpke hat in der letzten Debatte gesagt, das Recht auf Asyl würde angeblich abgeschafft werden –, und von der rechten Seite kommt genauso schrill und ideologisch die kaltherzige Parole „Das Boot ist voll.“

Ich glaube, dass wir – deswegen haben wir das im Koalitionsvertrag so festgeschrieben – eine angemessene Regelung brauchen. Ich zitiere:

Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung werden Algerien, Marokko und Tunesien sowie weitere Staaten mit einer regelmäßigen Anerkennungsquote unter fünf Prozent zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt. Der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung bleibt unberührt. Gleichzeitig wird durch eine spezielle Rechtsberatung für besonders vulnerable Fluchtgruppen deren besondere Schutzwürdigkeit berücksichtigt.

Das sind die Fakten. Ich finde, das ist eine sehr ausgewogene Regelung, die CDU/CSU und SPD hier gefunden haben. Die FDP hat sich ja auch in diese Richtung geäußert, bei der letzten Debatte noch etwas beeinflusst durch die Hessenwahl, aber geschenkt, die Wahlen sind rum. Auch aus den Reihen der Grünen gab es unterschiedliche Positionen; auch das, Frau Amtsberg, gehört erwähnt. Ministerpräsident Kretschmann spricht anders als Herr Habeck. Und jeder weiß, dass das Vorhaben beim ersten Versuch im Jahr 2016 im Bundesrat gescheitert ist.

Ich möchte die Debatte nicht dazu nutzen, in Schwarz-weiß-Denken zu verfallen, sondern ich möchte die Gelegenheit nutzen, an die Grünen zu appellieren, den Weg im Bundesrat freizumachen; denn Ihre Forderung, die Länder, die ich genannt habe, beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und Stärkung von Zivilgesellschaft zu unterstützen, ist richtig. Deshalb tun wir das ja auch. Die Axt an das Asylrecht zu legen, wäre natürlich falsch, auch da haben Sie recht. Deswegen bleibt der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung, auch bei den Verfahren bei sicheren Herkunftsländern, und natürlich dürfen Menschenrechtsverletzungen nicht unter den Teppich gekehrt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn die Bundesregierung anhand von Rechtslage, Rechtsanwendung und dem Heranziehen der Schutzquoten im Asylverfahren – ich nenne sie noch einmal: 2017 liegen sie bei Georgien bei 0,6 Prozent, bei Algerien bei 2 Prozent, bei Marokko bei 4,1 Prozent, bei Tunesien bei 2,7 Prozent – und der sorgfältigen Prüfung der politischen Verhältnisse zu dem nachvollziehbaren Ergebnis kommt, dass es in diesen Staaten – das muss man differenziert betrachten; es sagt ja keiner, es gebe keine Menschenrechtsverletzungen – generelle, systematische und durchgängige Verfolgung nicht gibt, muss daraus auch eine politische Handlung entstehen und angemessen gehandelt werden.

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen wir nicht anders!)

Im Übrigen finden Sie auch in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Stellungnahme zu dem, was Sie zum Bundesverfassungsgericht gesagt haben. Ich zitiere abschließend:

Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurde geprüft, ob die Verfolgungsfreiheit landesweit besteht und ob nicht nur bestimmte Gruppen verfolgungsfrei sind, andere Gruppen dagegen verfolgt werden.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU):

Das war das Zitat, sehr geehrter Herr Präsident. – Ich denke, dass auch mit dem Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Regierung in Baden-Württemberg darauf richtet reagiert worden ist. Deswegen richte ich den Appell an die Grünen im Bund – die eben nicht schwarz-weiß denken sollten, wie links und rechts –, sich zu besinnen, auch jetzt bei den Verhandlungen zwischen Schwarz und Grün in Hessen und auch in Sachsen-Anhalt bei der sogenannten Kenia-Regierung. Ich zitiere die Fraktionsvorsitzende der Grünen nach der letzten Regierungserklärung der Bundeskanzlerin: „Tun Sie endlich, was zu tun ist.“ Ich glaube, dass wir eine sehr ausgewogene Lösung haben. Deswegen: Nicht schwarz-weiß denken, sondern den Weg frei machen. Ich glaube, das ist eine sehr vernünftige Lösung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)