Skip to main content

Mechthild Heil: Klare, eindeutige, transparente Informationen sind ein guter Rechtsrahmen

Rede zum Haushaltsgesetz 2019 (Epl 07) für den Bereich Justiz und Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einzelplan 07, Justiz und Verbraucherschutz. Sprechen wir mal über den Verbraucherschutz. Unser Verbraucherbild ist geprägt vom eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Verbraucher als aktivem Teilnehmer am Markt. Ja, wir alle sind Teilnehmer und Konsumenten im Markt und in der Gesellschaft. Und ob wir uns im Markt und auch in der Gesellschaft wohlfühlen, ob wir Wahlmöglichkeiten haben, ob wir dieses oder jenes Produkt als geeignet ansehen, all das hat Auswirkungen darauf, ob wir uns als Menschen ernst genommen fühlen oder ob wir uns vielleicht sogar ausgeschlossen fühlen. Verbrauchern und damit auch dem Verbraucherschutz kommt daher eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft zu.

Wir als CDU/CSU haben im Blick, dass kein Verbraucher auf jedem Markt zu 100 Prozent informiert sein kann oder das gar will. Eines muss aber gelten: Der Verbraucher muss wissen, dass er sich sicher in jedem Markt bewegen kann. Er muss wissen, dass der Gesetzgeber, die Justiz und auch die Verbraucherorganisationen die schwarzen Schafe im Markt finden und dann auch effektiv ausschließen. Es gibt Märkte, wo das schon heute gut funktioniert. Lange Erfahrung haben wir zum Beispiel im Markt rund um die Ernährung. Auch im Finanzmarkt wurde nach der Finanzkrise wirklich viel reguliert; manchmal denke ich sogar, wir haben zu viel reguliert.

In anderen Märkten hinkt die Verbraucherfreundlichkeit noch etwas hinterher, zum Beispiel im digitalen Bereich. Bei Apps zum Beispiel sind wichtige Informationen zum Zugriff auf Mikrofon oder Smartphoneprofil­erstellungen nicht immer sofort ersichtlich. Verbraucher, die im Nachgang dann herausfinden, dass ihr Mobiltelefon vielleicht ein Bewegungsprofil erstellt hat, fühlen sich hintergangen, verunsichert, und das mit Recht. Wir Verbraucherpolitiker legen dann den Finger in die Wunde, oft mit Erfolg. Einige Unternehmen reagieren dann. Aber das reicht uns noch nicht. Das ist noch lange nicht genug.

Deswegen ein Blick in die Zukunft: Was haben wir uns vorgenommen? Was wollen wir in der Zukunft noch erreichen? Was sind unsere Ziele? Die Instrumente, die wir in der Hand haben, die uns zur Verfügung stehen, sind klar: Das ist die Verbraucherforschung, das ist die Verbraucherkompetenz bzw. ‑bildung, das sind klare, eindeutige, transparente Informationen, das ist ein guter Rechtsrahmen, und das ist auch eine funktionierende Rechtsdurchsetzung. Mit dem vorliegenden Haushaltsplan, unserem Einzelplan 07, stärken wir jedes dieser Instrumente.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Gar nicht wahr!)

Der Verbraucherzentrale Bundesverband bekommt rund 12,5 Millionen Euro. Das ist eine ganze Million Euro mehr als noch im Jahr 2017. Mit diesem Geld werden unter anderem Initiativen wie die aufsuchende Verbraucherberatung unterstützt, „aufsuchend“ im Bereich von Quartieren, wie man sie etwa hier in Berlin findet, oder auch bei mir im ländlichen Bereich „aufsuchend“ für die Leute, die keinen langen Weg auf sich nehmen können oder wollen, um in die nächste Verbraucherzentrale zu fahren. So kann vor Ort schnell Hilfe angeboten werden – schnell, niedrigschwellig und auch wirklich unkompliziert.

Gute Information ist das eine, das andere ist: Wie werden diese Informationen richtig verarbeitet? Das muss gelernt werden. Dabei geht es um Bildung. Es ist sinnvoll, die Finanz- und die Wirtschaftskompetenz, die Ernährungsberatung und einen gesunden Lebensstil bei den Bürgerinnen und Bürgern zu stärken, und zwar bereits im Schulalter. Hier müssen sich die Bundesländer viel stärker engagieren; denn sie sind für die Lehrpläne zuständig. Finanzkompetenz, gesunde Ernährung und Bewegung kommen weiterhin viel zu kurz – trotz unseres Engagements auf Bundesebene. Ich bin deswegen sehr gespannt, wie die Länder darauf reagieren und ob sie die Kraft haben, sich zu einigen, auf der Plattform, die wir eingeführt haben, auf dieser Bildungscloud ihre Inhalte und auch die Inhalte der Wirtschaftskompetenz zu platzieren.

Ein Weiteres. Ich finde es immer wieder ärgerlich, wenn der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen uns Parlamentarier in seine Verfahren nicht einbezieht,

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Richtig!)

aber mit Geldforderungen jedes Jahr neu auf uns zukommt. Auch da gibt es sicherlich Verbesserungsbedarf.

Ich freue mich, dass wir die Datenethikkommission eingerichtet haben. Dort werden Zukunftsfragen besprochen: Welche Rolle kommt den neuen Technologien zu? Wie entwickeln sich die Algorithmen, und inwiefern muss man selbstlernende Computerprozesse vielleicht kontrollieren, damit sie niemanden bevormunden oder sogar entmündigen? Wir haben unter den Parlamentariern sehr viel über den Algorithmen-TÜV diskutiert. Die Ethikkommission ist sicherlich die viel bessere Variante. Ich bin sehr, sehr froh, dass wir sie konstituiert haben, und wünsche ihr wirklich viel Erfolg. Wir warten auf die Ergebnisse.

Bei einigen der politischen Initiativen haben wir aber noch nicht die richtigen Instrumente gefunden. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: die Produktinformationsblätter. Wir sehen, dass der erhoffte Effekt, also die Übersichtlichkeit, die Vergleichbarkeit, bislang leider nicht so eingetreten ist, wie wir es erhofft haben. Warum ist das so? Was ist da falsch gelaufen? Jeder von uns wird seine eigene Antwort darauf haben – das ist auch okay –, aber so kommen wir nicht weiter. Die Lösung, damit wir besser werden, damit wir zielgenauer werden, damit wir effektiver werden, kann doch nur heißen: Wir brauchen mehr Forschung, auch in diesem Bereich. Die Fachleute können uns sagen, wie wir es besser machen können.

In den letzten Jahren ist es uns auch gelungen, eine genauere Übersicht über die Verwerfungen in bestimmten Märkten zu bekommen, dies auch dank der Marktwächter. Wir sind überzeugt: Sie leisten in diesem Bereich sehr gute Arbeit. Deswegen fördern wir sie auch sehr stark.

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Aber nur mit Projektmitteln!)

All das – von den Marktwächtern bis zur Forschung, von besserer Information und Bildung, vom Rechtsrahmen zur Rechtsdurchsetzung jetzt aktuell mit der Musterfeststellungsklage – sind geeignete Mittel, um das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Markt, in unsere Gesellschaft zu stärken. Vertrauen zu schaffen zwischen Käufern und Verkäufern, zwischen Kunden und den Anbietern, der Wirtschaft, zwischen Bürger und Staat, das ist unsere Aufgabe. Dafür arbeiten wir. Ich in der Verbraucherpolitik und natürlich auch als Christdemokratin mit Ihnen zusammen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)