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Dr. Mathias Middelberg: Wir werden nicht alle Probleme dieser Welt auf deutschem Boden lösen können

Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten (Familiennachzugsneuregelungsgesetz)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz der kritischen Anmerkungen bin ich wie die Kollegin Högl der Meinung: Das ist heute ein guter Tag, ein guter Tag für die Menschlichkeit, aber auch ein guter Tag – das hat auch der Kollege Mayer betont –, was die Begrenzung, Steuerung und Ordnung der Migration angeht.

Wir müssen beide Aspekte im Auge behalten: Bei der Asylpolitik und auch bei der Flüchtlingspolitik insgesamt werden wir nicht alle Probleme dieser Welt auf deutschem Boden lösen können. Deswegen müssen wir die Dinge politisch steuern. Deswegen müssen wir auch immer eine Abwägungsentscheidung treffen und müssen abwägen zwischen dem humanitären Wunsch, den sicherlich viele von uns haben, möglichst alle Bedrohten in Deutschland aufzunehmen, ihnen zumindest zu helfen, und der Notwendigkeit, auf der anderen Seite aber auch zu erkennen, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind: Wir können nicht allen auf dieser Welt helfen, jedenfalls nicht auf deutschem Boden,

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 84 Prozent der Geflüchteten sind außerhalb Europas!)

und deswegen können wir auch nicht alle, Frau Polat, grenzenlos bei uns aufnehmen. Da sind wir tatsächlich anderer Meinung als die Linken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier ist eben der Satz gefallen, wir oder die FDP dürften die Begriffe „christlich“ und „Familie“ nicht mehr für uns in Anspruch nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich sage Ihnen dazu mal ganz deutlich: Im letzten Jahr haben wir hier in Deutschland in 524 000 Fällen über Asylanträge entschieden. In allen anderen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind insgesamt nur 449 000 Asylentscheidungen getroffen worden. Wir tragen mehr als die Hälfte der Aufgabe und der Verantwortung in diesem Bereich. Da müssen wir uns nicht schämen und müssen uns auf gar keinen Fall sagen lassen, wir seien unchristlich und wir würden nicht an die betroffenen Familien denken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Dem Kollegen Strasser von der FDP möchte ich sagen: Sie hatten gefragt: Was sagen Sie denn dem 1 001.?

(Benjamin Strasser [FDP]: Das ist eine Frage!)

Sie wissen vielleicht, dass die Zahl 1 000 an die Resettlement- und Relocation-Programme anknüpft. Die Zahl ist nicht irgendwie gegriffen, sondern die Zahl rührt genau daher. Wir dürften, wenn wir Ihrer Argumentation folgen würden, überhaupt keine Kontingentflüchtlinge aufnehmen; denn Kontingentflüchtlinge sind immer kontingentiert; wir haben immer eine Begrenzung.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Middelberg, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Polat?

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU):

Gern.

Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Middelberg, in alter Verbundenheit – wir sind beide aus dem Landkreis Osnabrück bzw. aus der Stadt Osnabrück; ich kenne Sie als sehr restriktiven Innenpolitiker –: Weil auch Sie diese Mär „Das Boot ist voll“, die die AfD immer wieder wiederholt, hier sinngemäß wiedergegeben haben, die Frage: Ist Ihnen bekannt, dass der Familiennachzug, je nach Zahl, die angenommen wird – der Bundesregierung ist sie faktisch nicht bekannt; aber nehmen wir mal den Mittelwert, den auch Ihre Fraktion in den Sondierungen vertreten hat –, 0,000625 Prozent der deutschen Bevölkerung ausmachen würde?

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht!)

Glauben Sie, dass es die deutsche Bevölkerung überfordert, wenn wir dieses Grundrecht auf Familieneinheit hier beachten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU):

Vielen Dank. – Frau Kollegin Polat, mir erschließt sich Ihre Rechnung, ehrlich gesagt, nicht. Ich kann das nicht nachvollziehen, weil ich die Grunddaten nicht kenne, die Sie Ihrer Rechnung zugrunde gelegt haben.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso behaupten Sie das dann?)

Ich will Ihnen aber Folgendes sagen: In den Jahren 2015 bis 2017, also in den letzten drei Jahren, sind allein über den Familiennachzug für anerkannte Flüchtlinge, also für Asylberechtigte und für voll Anerkannte nach der Genfer Konvention, 126 000 Menschen in dieses Land gekommen. Das ist mit Sicherheit humanitär. Das ist nicht unmenschlich, und das ist nicht gegen die Familien gerichtet. Es sind in den letzten drei Jahren im Wege des Familiennachzugs für Einwanderer und Zuwanderer nach Deutschland insgesamt über 300 000 Menschen nach Deutschland gekommen.

(Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gegenruf der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Darum geht es gar nicht, um Prozentzahlen!)

Wir stellen uns keinem Nachzug in den Weg, aber wir müssen am Ende durch unsere Migrationspolitik in diesem Land steuern, ordnen und begrenzen. Darum geht es uns: um eine vernünftige und abgewogene Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])

Ich möchte noch zwei Punkte betonen. Der eine Punkt, der mir wichtig ist: Hier wird immer gesagt, diese Unterscheidung zwischen subsidiär Schutzberechtigten und Flüchtlingen nach der Genfer Konvention sei nur willkürlich; sie sei durch nichts begründet. Dem möchte ich an dieser Stelle mal ausdrücklich entgegentreten. Die Flüchtlinge nach der Genfer Konvention sind direkt Betroffene von Konflikten oder sind unmittelbar Verfolgte, die wegen Religion, Volkszugehörigkeit was auch immer unmittelbar verfolgt sind.

Das gilt für die subsidiär Schutzberechtigten nicht. Hier schützen wir Menschen, nehmen sie bei uns auf, weil sie, wenn wir sie zurückschicken würden, Nachteile, ernsthaften Schaden befürchten müssten. Das unterscheidet.

Wir geben den subsidiär Schutzberechtigten hier deshalb auch nur einen auf ein Jahr befristeten Schutz; die anderen erhalten einen längeren befristeten Schutz, nämlich für drei Jahre. Da macht es Sinn und ist auch vernünftig, den Familiennachzug entsprechend anders zu regeln. Für die subsidiär Schutzberechtigten ist es dann auch vertretbar, den Familiennachzug entsprechend einzugrenzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Der zweite Punkt, den ich nicht auslassen will, ist der Hinweis auf die Gefährder und den Familiennachzug für sie. Er ist in diesem Gesetzgebungsvorhaben vollständig ausgeschlossen, und das halten wir als CDU/CSU auch für richtig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)