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Dr. Mathias Middelberg: "Wir handeln gegen alle Formen des Extremismus"

Rede zum Vorgehen gegen Linksextremismus

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir sollten in der Debatte wieder etwas differenzierter werden. Aber es stimmt: Die linksextreme Gewalt und die politisch motivierte Kriminalität von links in Deutschland machen uns Sorgen. Die Zahlen für 2017 im Verhältnis zu denen für 2016 zeigen, dass das Gesamtstraftataufkommen politisch motivierter Kriminalität von links um 3,9 Prozent gewachsen ist. Bei den politisch motivierten Gewalttaten, also Tötungs- und Körperverletzungsdelikten, haben wir einen Anstieg um 15,6 Prozent zu verzeichnen; Ereignisse wie G 20 sind angesprochen worden. Es gibt also einen Anstieg auch linksextremistischer Gewalt. Dem müssen wir uns stellen; aber dem stellen wir uns auch sehr konsequent.

Wir handeln aber nicht nur gegen links, sondern gegen alle Formen des Extremismus. Ganz gleich, ob er von links, von rechts oder religiös motiviert ist: Wir verurteilen alle Formen des Extremismus gleichermaßen

(Zuruf von der AfD: Wir auch!)

und gehen gegen all diese Formen vor.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der AfD und der FDP)

Schon seit 2012 gibt es das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum, die Kommunikationsplattform für Polizei und Nachrichtendienste auf Bundes- und auf Länderebene. Wir steigern den Personalbestand beim Bundeskriminalamt. Das beinhaltet auch den Personalaufwuchs im Bereich der „PMK-links“ um 54 Stellen. Und wir haben mit dem Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia.org gehandelt. Wir haben bisher noch keine veritablen Erkenntnisse darüber, dass die Betreiber der neuen Plattformen, die ähnliche Namen führen, mit den Betreibern der verbotenen Plattform identisch sind und dieses Vereinsverbot umgangen wird; aber wir beobachten die Szene weiter sehr aufmerksam. Im Übrigen ist die Bundeszentrale für politische Bildung im Vorfeld tätig. Das alles ist auch richtig so.

Ich will aber klarstellen: Es gibt nicht nur Extremismus von links, sondern genauso auch Extremismus von politisch rechts oder mit religiös-ideologisch motiviertem Hintergrund. Die Straftaten von der rechten Seite sind zuletzt um 13 Prozent zurückgegangen. Ihre Zahl ist aber insgesamt höher als die von linksextremistischer Seite. Die Zahl der Straftaten mit religiös-ideologischem Hintergrund ist um fast 53 Prozent gestiegen. Insgesamt ist ihre Zahl noch kleiner, aber die Steigerung macht uns besondere Sorgen.

Dies alles ist kein schöner Befund. Jede extremistische Straftat ist eine zu viel. Kein Extremismus – um das klar und deutlich zu sagen – ist besser oder schlechter als ein anderer, und man muss auch für keine Form von Extremismus irgendwie Verständnis haben. Wir lehnen alles gleichermaßen ab.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das sieht ja nicht jeder so!)

Politische Straftaten sind immer eine ganz schwierige Sache, weil sich die Täter durch ihre Ideologie – manchmal auch vorgeschobene Ideologie – in besonderer Weise gerechtfertigt fühlen und weil im Unterschied zur Alltagskriminalität nicht nur die jeweiligen Opfer betroffen sind, sondern häufig ganze Gruppen von Personen in der Gesellschaft, die sich aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit, ethnischen Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung durch solche Straftaten bedroht fühlen und letzten Endes auch Angst entwickeln. Deswegen gefährden solche politisch motivierten Straftaten unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung insgesamt, und deswegen stellen wir uns diesen Straftaten mit besonderer Härte und mit besonderer Konsequenz.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhard Lischka [SPD])

Das zeigt, dass wir am Ende nicht differenzieren dürfen. Es war richtig, dass wir über Chemnitz, über die Straftaten, die es dort gegeben hat, die Ausfälle, nicht nur die Hitlergrüße, sondern auch andere Dinge – ob es jetzt Hetzjagden waren, spielt keine Rolle –, hier im Haus klar und deutlich gesprochen haben. Die Durchsetzung des Rechts und das Gewaltmonopol dieses Staates sind nicht relativierbar, ganz gleich, aus welcher Richtung die Bedrohung kommt, ob von links oder von rechts.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich habe mich gefreut – das sage ich Ihnen ganz deutlich –, dass die Leute, die da den Hitlergruß gezeigt haben, zwei Wochen später vor dem Richtertisch standen. Es ist richtig so, dass unser Rechtsstaat schnell reagiert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber ich sage auch ganz klar in alle Richtungen dieses Hauses: Wenn Steine oder Flaschen geworfen werden oder sonst wie Gewalt angewandt wird, darf es überhaupt keine Rolle spielen, ob sich das gegen einen Flüchtling, gegen einen Polizeibeamten – wie bei G 20 – oder gegen irgendwelche Politiker, ob von links oder von rechts, von der AfD oder von sonst wem, richtet. Das alles sind miese und fiese Straftaten, die dringend und hart verfolgt gehören.

(Beifall der CDU/CSU, der SPD, der AfD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es darf keine Unterschiede geben. Genauso klar, wie wir über Chemnitz gesprochen haben, müssen wir auch über G 20 und die Taten im Hambacher Forst sprechen. Zwillenschüsse auf Polizeibeamte, das Werfen von Molotowcocktails, Brandstiftungen und Fäkalienwürfe auf Polizisten sind keine Aktivitäten von Aktivisten, sondern Straftaten, die verfolgt gehören.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Absolut!)

Wir verfolgen unseren konsequenten Kurs weiter, gegen rechts wie gegen links. Zahlenmäßig gibt es da übrigens gar keinen Unterschied. Laut Verfassungsschutzbericht gibt es in Deutschland 24 000 Rechtsextreme und 28 000 Linksextreme. Bei den Rechtsextremen ist der Anteil gewaltorientierter etwas höher, bei den Linksextremen etwas geringer. Aber im Grunde macht es wenig Unterschied. Gegen beide Gruppierungen und auch gegen religiös motivierte Gruppierungen werden wir weiter konsequent vorgehen, mit der Stärkung unseres Rechtsstaats, mit einer wehrhaften Demokratie und mit dem Pakt für den Rechtsstaat, den wir hier im Haus in seinen einzelnen Schritten regelmäßig beraten. Diesen Kurs – gegen links, gegen rechts und gegen religiös Motivierte – werden wir konsequent fortsetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)