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Dr. Jan-Marco Luczak: Wir werden einen Gewerbemietspiegel nicht mitmachen

Rede zu Gewerbemieten

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier einen Antrag von den Linken vorliegen, der nicht nur – das erwarten wir auch nicht anders – ein Griff in die sozialistische Mottenkiste ist – dazu komme ich gleich noch –, sondern der vor allen Dingen auch eines ist: Er ist eine Mogelpackung.

Er ist eine wirkliche Mogelpackung. Denn wie ist dieser Antrag überschrieben? Da steht: Wir wollen Kleingewerbe und soziale Einrichtungen vor der Mietenexplosion retten. Darüber kann man vielleicht sogar reden. Aber davon steht in Ihrem Antrag überhaupt nichts. Wenn Sie sich Ihren Antrag einmal genau anschauen, sehen Sie: Da steht überhaupt gar nichts von Kleingewerbe, sondern da geht es generell darum, das Gewerbemietrecht umzugestalten.

(Enrico Komning [AfD]: So ist das also!)

Generell wollen Sie die Dinge, die wir im Wohnungsmietrecht zu Recht haben, weil die Wohnung für Menschen natürlich mehr ist als eine bloße Ware, weil sie dort leben – das ist ein Stück Heimat, das ist Rückzugsraum –, wo wir aus guten Gründen einen hohen sozialen Schutzstandard haben, wo wir das Mietrecht in den vergangenen Jahren zugunsten der Mieter deutlich angepasst haben,

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Aber nicht ausreichend!)

weil wir diese Problemlagen auch sehen, auf das Gewerbemietrecht übertragen.

Aber all das trifft doch auf Gewerbemieter überhaupt gar nicht in dieser Form zu. Das, was Sie hier vorschlagen, trifft dann auch die Großen. Das trifft dann Aldi, das trifft Rewe, das trifft Obi. Das sind doch nicht diejenigen, die den Schutz brauchen. All das wollen Sie jetzt aber mit diesem Antrag machen. Deswegen ist dieser Antrag wirklich eine große Mogelpackung. Sie sollten vielleicht einmal deutlich formulieren, was Sie eigentlich damit wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Steineke [CDU/CSU]: Schutz der Millionäre durch Die Linke!)

Es geht nämlich überhaupt nicht darum. Man könnte ja der Auffassung sein, das ist irgendwie alles fachlich einfach nur schlecht formuliert und schlecht gemacht. Aber ich glaube, Ihnen geht es am Ende um etwas ganz anderes. Ihr wirkliches Ziel ist, dass Sie am Ende einen Systemwechsel erreichen wollen; Sie wollen regulieren, Sie wollen eine staatliche Bevormundung machen,

(Enrico Komning [AfD]: Richtig!)

Sie wollen eine staatliche Bewirtschaftung von Grund und Boden. So hatten wir das 40 Jahre in der DDR, und wir haben am Ende auch gesehen, wohin das geführt hat, nämlich zu einem völlig maroden Land. Seit 30 Jahren kehren wir die Scherben weg, und langsam werden wir erst damit fertig. Wir wollen das an dieser Stelle nicht noch einmal haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das ist ja auch ein Teil einer Gesamtstrategie. Wir haben heute im Berliner Abgeordnetenhaus gesehen, dass es Ihnen genau darum geht. Das ist Teil einer Strategie. Sie nehmen das Land Berlin immer als Experimentierfeld für Ihre sozialistischen Versuche. Heute ist der Mietendeckel hier in Berlin beschlossen worden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das hat Sie wohl getroffen?)

– Da können Sie klatschen. Aber ich kann Ihnen sagen: Dieser Mietendeckel wird den Menschen in der Stadt hier überhaupt nicht helfen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Abwarten!)

Ganz im Gegenteil: Er wird ihnen schaden, weil wir nämlich das, was allein die Wohnungsknappheit hier in Berlin bekämpfen könnte, was allein das Problem lösen könnte, dass wir nämlich mehr Angebote haben, nur schaffen, wenn wir mehr Neubau haben.

(Zuruf von der AfD: So sieht es aus!)

Mit diesem Mietendeckel, den Rot-Rot-Grün heute in Berlin beschlossen hat, schaden Sie den Menschen, weil Sie am Ende Neubau verhindern, weil Sie Klimaschutz verhindern, weil niemand mehr energetisch modernisieren will. Das wollen wir jetzt nicht auch noch im Gewerbemietrecht haben.

(Zurufe von der LINKEN)

– Da können Sie noch so sehr schreien.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Falsch! Wir schreien nicht, wir korrigieren Sie!)

Aber Sie müssen sich einmal genau anschauen, was Sie hier fordern. Sie sagen ja zum Beispiel, dass man einen Gewerbemietendeckel machen will, dass Sie einen Gewerbemietspiegel machen wollen. Ich frage mich jetzt wirklich, wie Sie das machen wollen. Gewerbeimmobilien sind so unterschiedlich, dass es fachlich in der Praxis überhaupt nicht möglich ist, einen einheitlichen Mietenspiegel zu erstellen.

(Zuruf von der AfD: Das wissen die auch nicht!)

Ich möchte das einmal an einem Beispiel deutlich machen. Für einen Bäcker zum Beispiel, der sein Unternehmen, seinen Laden in einem Wohngebiet hat, kann das eine Toplage sein, weil die Leute morgens losgehen und auch sonntagmorgens Brötchen kaufen. Da kann ein Bäcker richtig florieren. Wenn aber an der gleichen Stelle vielleicht ein Fachhandel für Schrauben aufmachen sollte, hätte der in einem Wohngebiet überhaupt gar keine gute Lage. Wie wollen Sie denn da jetzt eine irgendwie angemessene Miete im Sinne eines Mietspiegels machen?

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt so nicht!)

Das ist fachlich absolut unmöglich.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Lay?

 

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU):

Nein, erlaube ich nicht.

Deswegen werden wir einen solchen Gewerbemietspiegel an dieser Stelle auch nicht mitmachen.

Man muss an dieser Stelle auch noch einmal verdeutlichen: Wir haben hier eine fundamental andere Ausgangslage. Am Ende geht es bei Gewerbemieten um Unternehmer, die nicht in der gleichen Weise schutzwürdig sind wie etwa Menschen, die in ihrer Privatwohnung wohnen, wo sie einen Rückzugsraum haben, wo sie ein Stück weit Heimat haben. Deswegen gibt es an dieser Stelle einfach fundamentale Unterschiede.

Der einzige Punkt, an dem wir wirklich darüber nachdenken müssen – das hatte ich eingangs gesagt –, sind die sozialen Einrichtungen. Das sind Kindertagesstätten, das sind Seniorentreffpunkte. Sie sind tatsächlich unter Druck. Da gibt es mehrere Punkte, die wir uns anschauen müssen.

Viele von diesen sozialen Einrichtungen sind bei kommunalen Trägern angesiedelt, die eine staatliche Unterstützung erfahren. Da kann man schon einmal schauen: Wie können wir sozusagen staatliche Unterstützung an dieser Stelle vielleicht besser organisieren, damit sie eben nicht so stark unter Druck geraten? Ich bin sehr dafür, dass man überlegt, wie man schützende Regelungen einführt. Aber wir müssen das, glaube ich, mit Augenmaß tun, nicht so, wie Sie das machen: das gesamte Wohnungsmietrecht mit all seinen mieterschützenden Regeln, die dort völlig angemessen und richtig sind, jetzt einfach über einen Kamm zu scheren und auf das Gewerbemietrecht zu übertragen. Das hat keinen Sinn.

Vielmehr müssen wir sehr genau schauen, dass, wenn wir dort Veränderungen vornehmen, dies am Ende nicht dazu führt, dass gerade solche sozialen Einrichtungen, aber auch kleine Handwerksbetriebe, wie sie jetzt gerade hier genannt werden, am Ende überhaupt gar keinen Laden mehr bekommen, weil die Vermieter dann sagen: Wenn die jetzt auch so stark geschützt sind, dann vermiete ich an sie nicht mehr. Deswegen müssen wir an dieser Stelle sehr sorgsam damit umgehen.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Deshalb sollen alle gleich behandelt werden!)

Deswegen noch einmal: Das Ziel, soziale Einrichtungen auch in Kiezen zu erhalten, sodass sie durchmischt sind, dass wir dort lebendige Kieze haben, teilen wir. Aber das, was Sie jetzt vorschlagen, das Gewerbemietrecht vollständig umzugestalten, hilft am Ende nicht, das schadet nur, und deswegen werden wir das auch nicht mittragen.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Das schadet den Profiten! Das ist richtig!)

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Tosender Applaus! Das finden nicht einmal Ihre eigenen Leute gut, was Sie da sagen!)