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Dr. Jan-Marco Luczak: Ein starker Rechtsstaat braucht eine starke Anwaltschaft

Redebeitrag zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Brandner, dass Sie sich jetzt hier als Anwalt der Anwälte aufspielen,

(Stephan Brandner [AfD]: Ist richtig!)

ist wirklich hochnotpeinlich.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jeder, der sich ein bisschen in der Szene auskennt und mit Anwälten spricht, weiß um Ihr Verhältnis zu den Anwälten und zum Deutschen Anwaltverein. Damit meine ich nicht nur den Eklat, den Sie einmal bei einem Neujahrsempfang verursacht haben. Sie wissen ganz genau: Als wir Sie als Vorsitzender des Rechtsausschusses abgewählt haben,

(Stephan Brandner [AfD]: Abgesetzt!)

waren wir ganz auf der Linie des Deutschen Anwaltvereins, der genau das gefordert hatte, weil er der Meinung war, dass Sie der Würde dieses Amtes nicht gerecht werden. Genauso haben wir es dann gemacht. Dass Sie sich jetzt hierhinstellen als Anwalt der Anwälte, ist wirklich hochnotpeinlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Was wir heute machen, ist ganz wichtig. Wir alle sagen: Ein starker Rechtsstaat braucht eine starke Anwaltschaft; denn die Rechtsanwälte sind diejenigen, die den Zugang zum Recht garantieren. Der Zugang zum Recht, meine Damen und Herren, ist vor allen Dingen für das Funktionieren und – viel wichtiger noch – für die Akzeptanz des Rechtsstaates unabdingbare Voraussetzung. Deswegen ist der Zugang zum Recht sogar in unserer Verfassung garantiert.

Es ist wichtig, dass wir nun das vorliegende Kostenrechtsänderungsgesetz – längst überfällig – auf den Weg bringen und die Gebühren der Rechtsanwälte erhöhen; denn – auch das ist eine Binsenwahrheit – Anwälte können nicht alleine von hehren Zielen und honorigen Worten, wie wir sie hier im Bundestag verwenden, leben. Sie können nicht von Luft und Liebe allein leben, sondern sie müssen natürlich auch wirtschaften. Sie müssen sich und ihre Familien ernähren und auch ihren Kanzleibetrieb aufrechterhalten. Wenn man sich einmal anschaut, was in den letzten Jahren so passiert ist, stellt man ganz schnell fest: Die Gehälter der Mitarbeiter sind gestiegen. Der Strompreis ist gestiegen. Kosten für Versicherungen und Software sind gestiegen. Natürlich sind auch die Kosten für die Räume der Kanzleien gestiegen. Deswegen ist es jetzt, nach über sieben Jahren, Zeit für eine Anhebung der Gebühren. Wir wollen auch zukünftig eine fundierte und qualitativ hochstehende Rechtsberatung garantieren. Auch das spiegelt sich in den Gebühren wider. Wie gesagt, die letzte Erhöhung ist sieben Jahre her. Es ist jetzt wirklich Zeit, dass das passiert.

Ich will an dieser Stelle auch sagen – Kollegin Dilcher hat das schon angesprochen –: Wir müssen darauf achten, dass die nächste Gebührenerhöhung nicht erst wieder in sieben Jahren erfolgt. Es darf sich nicht wieder aufstauen. Wir haben zwar keine gesetzliche Dynamisierung vorgenommen. Aber für uns ist ganz klar, dass wir regelmäßige Anpassungen in der Zukunft wollen. Das ist die Aufgabe, die wir alle miteinander haben.

Mir ist wichtig, noch einen anderen Punkt zu betonen. Wir heben die Rechtsanwaltsgebühren nicht alleine für die Anwälte in den großen Städten, in den Ballungsgebieten an. Die dort tätigen Anwälte haben häufig Mandate, die von der Struktur und der Höhe der Streitwerte her so sind, dass man dort gar nicht nach dem RVG arbeitet. Dort werden vielmehr Honorarsätze auf Stundenbasis vereinbart. Uns als Union ist aber wichtig, dass der Rechtsstaat auch in der Fläche präsent ist und dass auch die Anwälte in ländlichen und strukturschwachen Regionen auskömmlich wirtschaften können. Da hat man eine völlig andere Struktur als in den großen Städten, in den Ballungsgebieten. Die in ländlichen Regionen tätigen Anwälte haben es in den letzten Jahren unglaublich schwer gehabt, überhaupt noch ihren Kanzleibetrieb wirtschaftlich aufrechtzuerhalten. Ich zitiere einmal die Kollegin Keul, die einmal die schöne Formulierung verwendet: Die Anwälte sind sozusagen die Hausärzte des Rechts. – Das ist ein sehr schöner Ausdruck. Für uns ist ganz wichtig, die Hausärzte des Rechts, die Anwälte, in der Fläche auch weiter gehend zu unterstützen. Deswegen ist die Erhöhung notwendig.

Die lineare Erhöhung beträgt im Schnitt 10 Prozent. Wir haben an einigen Stellen strukturelle Anpassungen vorgenommen. Das war das, was möglich war. Es ist darauf hingewiesen worden: Wir müssen immer mit den Ländern gemeinsam Vereinbarungen treffen. An dieser Stelle will ich aber auf einen Wermutstropfen aufmerksam machen. Wir passen mit diesem Gesetz nicht nur die Höhe der Gebühren für die Rechtsanwälte an, sondern im gleichen Zug auch die Gerichtskosten. Das ist etwas, was den Zugang zum Recht natürlich ein Stück weit erschwert. Ich persönlich hätte mir auch einen nicht ganz so starken Anstieg der Gerichtskosten vorstellen können. Ich finde, gerade in Zeiten von Corona ist der Zugang zum Recht, ist ein starker Rechtsstaat unheimlich wichtig. Am Ende war mit den Ländern nichts anderes möglich. Das ist etwas, was ich mir noch hätte anders vorstellen können.

Unter dem Strich aber: ein gutes Gesetz! Es stärkt unseren Rechtsstaat, es stärkt die Anwaltschaft. Deswegen bitte ich Sie fraktionsübergreifend um Zustimmung zu diesem Gesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])