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Dr. Günter Krings: "Der Staat muss für Chancengleichheit auch in der Coronakrise sorgen"

Rede zur COVID-19-Wahlbewerberaufstellungsverordnung

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne Wahlen gibt es keine Demokratie, ohne Kandidaten aber gibt es keine Wahlen. Am 26. September findet die nächste Bundestagswahl statt, und bis zum 19. Juli müssen die Wahlvorschläge dafür eingereicht sein. Simple Daten, simple Fakten.

Wer die Zeit geringer Coronainfektionszahlen im letzten Sommer nicht genutzt hat, hat bei der gegenwärtigen Pandemielage ein Problem. Artikel 39 unseres Grundgesetzes bestimmt, dass alle vier Jahre ein neuer Bundestag zu wählen ist. Diese Vierjahresfrist ist unbedingt und ist unabdingbar. Würde die gegenwärtige Coronapandemie es verhindern, dass Bundestagskandidaten, dass Landeslisten der Parteien zur Wahl rechtzeitig aufgestellt werden können, so gäbe es keine verfassungskonforme Bundestagswahl; darum geht es. Die Folge wäre nicht nur eine politische Krise, sondern dann eine veritable Verfassungskrise, die es zu vermeiden gilt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Am 14. Januar hat der Bundestag darum förmlich festgestellt, dass Versammlungen zur Kandidatenaufstellung derzeit unmöglich sind. „Unmöglich“ bedeutet nicht, dass sie nach den infektionsschutzrechtlichen Bestimmungen der Länder generell verboten sind, sondern – nicht mehr, aber auch nicht weniger – dass man es nicht verantworten kann, Mitglieder und Delegierte einem hohen regionalen Infektionsrisiko auszusetzen oder sie aus Angst vor Ansteckungen in einem Hochrisikogebiet von der Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte abzuhalten. Parteien würden hier jedenfalls ein denkbar schlechtes Beispiel setzen in einer Zeit, in der es auf die Vermeidung von Kontakten gerade ankommt.

Das Bundeswahlgesetz schreibt für die Kandidatenaufstellung der Parteien Versammlungen der Mitglieder oder Delegierten vor. Wir ermöglichen mit dieser Verordnung als Notfallregelung, in der Coronalage Wahlbewerber ausnahmsweise in digitaler, in schriftlicher oder in gemischter Form aufzustellen. Die Schlussabstimmung muss aber weiterhin nachprüfbar auf Stimmzetteln erfolgen.

Wenn die Verordnung des BMI abweichende Verfahren erlaubt, hilft das alleine aber noch nicht, wenn die Parteisatzungen solche Verfahren zugleich verbieten. Die Verordnung lässt darum zu, dass die Parteien in der Krise von ihren Satzungen abweichen dürfen. Ob eine Partei das will, entscheidet eben nicht der Staat, sondern der eigene Landesverband, und der Parteitag kann den Beschluss natürlich auch wieder aufheben.

Der Staat muss für Chancengleichheit auch in der Coronakrise sorgen, gerade bezüglich der Wahlen. Nicht jede Partei und nicht jeder Kreisverband kann einen solch erheblichen Aufwand ermöglichen wie beim digitalen CDU-Parteitag am vorletzten Wochenende. Der Entwurf sieht darum für Wahlvorschlagsträger eine große Bandbreite an Möglichkeiten als Alternative zu der – natürlich immer vorzugswürdigen – Präsenzveranstaltung vor.

Der Innenausschuss hat dem Deutschen Bundestag die Zustimmung nach Maßgabe verschiedener Erwägungen und Ergänzungen empfohlen. Das Bundesinnenministerium als Verordnungsgeber teilt die darin festgehaltenen Erwägungen. Die gewünschten Ergänzungen werden wir in die Verordnung übernehmen. Die Verordnung kann dann bereits in der nächsten Woche in Kraft treten.

Meine Damen und Herren, was bis jetzt getan werden musste, um die Bundestagswahlen sicher durchzuführen, ist damit getan. Hoffen wir gemeinsam, dass von den Möglichkeiten dieser Verordnung nur in Einzelfällen Gebrauch gemacht werden muss und dass wir in der Pandemiebekämpfung bis September über den Berg sind.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)