Skip to main content

Dorothee Bär: "Wir wollen bei der innovativen Datennutzung Vorreiter sein"

Datenstrategie der Bundesregierung, eine Innovationsstrategie für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute zu einer so prominenten Zeit am Donnerstag über ein ganz wichtiges Vorhaben der Bundesregierung sprechen können: die Datenstrategie der Bundesregierung.

Ich bin in den letzten Wochen auch öfter gefragt worden: Es steht ja gar nicht im Koalitionsvertrag. Jetzt kommt die Datenstrategie der Bundesregierung. Hat das jetzt etwas mit Corona zu tun? – Ich würde mal sagen: nicht unmittelbar, weil wir tatsächlich auch schon vor Corona mit der Datenstrategie begonnen haben. Aber was sich natürlich auch im letzten Jahr ganz deutlich gezeigt hat, war, dass sich eben datengetriebene Geschäftsmodelle, digitale Geschäftsmodelle in dieser Pandemie wesentlich resilienter gezeigt haben, als es bei anderen Geschäftsmodellen der Fall war.

Warum ist die Strategie so wichtig? Ich fange mal mit dem wichtigsten Thema zuerst an: Daten retten Leben. Mein Lieblingsbeispiel, das wir auch in der Datenstrategie hinterlegt haben und das wir gestern schon im Kabinett haben umsetzen können – Sie sehen, das geht auch Schlag auf Schlag, was die Maßnahmen betrifft –, ist das Beispiel Krebsregister. Wir haben jetzt erstmals auch dank der Datenstrategie ein bundesweites Krebsregister, das alle wertvollen Daten der Länder nochmals zusammenführt. So kann die Forschung erstmals sehen, wo welche Krebsart besonders häufig vorkommt, was besonders gut hilft. Krebs ist immer noch die Todesursache Nummer zwei. Mit dem zentralen Krebsregister leisten wir einen ganz wichtigen Beitrag, damit diese Krankheit nicht jedes Jahr unzählige Familien leiden und trauern lässt.

Aber es geht nicht nur um die Wissenschaft – die Wissenschaft ist natürlich ein ganz wichtiger Bereich in unserer Datenstrategie –; vielmehr entscheidet sich an der Frage, ob und wie wir unsere Daten nutzen, in einer digitalisierten Gesellschaft nicht weniger als alles. Innovation, Wirtschaftswachstum, Fortschritt in Gesundheit, Fortschritt in Mobilität, eine moderne Bildung, ein effektiver Klimaschutz – das alles ist natürlich mit Daten wesentlich einfacher.

Natürlich ist das Thema Daten nicht neu. Wir neigen nur vielleicht an der einen oder anderen Stelle immer sehr stark dazu, die Gefahren zu betonen, weniger die Chancen, weniger die Innovation, die dahintersteckt, zu sehen. Deswegen haben wir mit der Datenstrategie auch diesen innovativen Ansatz gewählt, dass wir das Potenzial heben wollen, das vor allem in der Datennutzung liegt. Dieses Potenzial müssen wir heben. Auch bei Daten gilt: Size matters. Laut BDI beträgt das Wertschöpfungspotenzial der Datenökonomie bis 2025 alleine für Deutschland bis zu 425 Milliarden Euro. Betrachtet man in diesem Punkt ganz Europa und nicht nur Deutschland, so wird das Wertschöpfungspotenzial für die nächsten zehn Jahre auf bis zu 1,25 Billionen Euro geschätzt.

Daran sieht man, was wir im letzten Jahr auch digitalpolitisch in der Pandemie beobachtet haben. Deswegen haben wir auch die Datenstrategie noch ein paar Monaten nach hinten verschoben, weil wir noch die Erkenntnisse aus dem letzten Jahr mit hineinnehmen wollten.

Erstens sind, wie gesagt, diese datengetriebenen Geschäftsmodelle resilienter.

Zweitens ist aber auch klar geworden, dass wir bei dieser innovativen Datennutzung weltweit leider nicht an der Spitze zu finden sind. Ganz im Gegenteil: Der weitaus größte Teil der in Europa entstehenden Daten wird gar nicht, viele, viele Daten werden nur ein einziges Mal genutzt. Wissenschaftler und Unternehmen gehen sogar davon aus, dass wir über 90 Prozent aller vorhandenen Daten gar nicht nutzen. Das muss sich ändern, wenn wir als Staat, wenn wir als Gesellschaft zukunfts- und wettbewerbsfähig bleiben wollen. Datensätze sind Datenschätze.

Gerade wenn man sich den Mittelstand anschaut, unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen, sieht man: Die sitzen eben genau auf diesen ganz wichtigen und richtigen Datenschätzen. Es sind Sensordaten, es sind Maschinendaten, die oft noch völlig ungenutzt bleiben. Natürlich gilt auch, dass Daten und digitale Anwendungen Lebenserleichterungen für jeden einzelnen Menschen bringen. Das heißt, wir sind mittendrin in der Datengesellschaft. Wir wollen alle gesellschaftlichen Bereiche mitnehmen.

Dazu brauchen wir erstens natürlich die Infrastruktur als Fundament. Das reicht in der Datenwelt von Chips über Rechenkapazitäten bei Supercomputern, Cloud- und Edge-Computing bis hin zu Quantencomputern. Hier wollen wir die Datenbereitstellung auch noch verbessern, leichter machen und Daten über gemeinsame Infrastrukturen teilen. Das heißt, wir können mit den Supercomputern auch große Datenmengen für ganz komplexe Klimamodelle, für Simulationen nutzbar machen und können auch hier einen ganz wichtigen Beitrag zur Bewältigung dieser Jahrhundertaufgabe und zur Bewahrung der Schöpfung leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens: innovative Datennutzung. Das war auch unser Hauptfokus, zu fragen: Wie können wir da einfach besser, innovativer werden? Wir wollen Anreize schaffen, Daten zu teilen und daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, von Datentreuhändern bis zur Förderung der Technik und Forschung zur Anonymisierung personenbezogener Daten.

Drittens ist ganz, ganz wichtig – und das werden wir auch in diesem Monat noch mal sehr stark zeigen – das Thema Datenkompetenz. Uns helfen die besten Daten natürlich nichts, wenn wir sie nicht verstehen. Deshalb ist Datenkompetenz auch unser drittes Kapitel in der Datenstrategie.

Viertens. Wir wollen den Staat zum Vorreiter machen, weil – davon bin ich fest überzeugt – ein digitaler Staat nachweislich das Vertrauen in die Demokratie fördert. Deswegen müssen wir auch als Verwaltung unsere eigene Datenkompetenz noch verbessern. Ein Teil der Datenstrategie beinhaltet auch die Einstellung eines Chief Data Scientist in jedem einzelnen Bundesministerium – nicht nur in den Ministerien, auch bei uns im Bundeskanzleramt –, weil wir sagen: Auch die Daten, die in der Verwaltung sind, müssen noch besser genutzt werden.

Das heißt, es geht um viel. Wir wollen bei der innovativen Datennutzung Vorreiter sein, sonst geben wir die gesellschaftliche Gestaltung aus der Hand. Ich danke ganz besonders den Koalitionsfraktionen für den offenen und intensiven Austausch und für die gute Zusammenarbeit auch schon im Vorfeld. Ich hoffe aber auch auf eine große Unterstützung des ganzen Hauses; denn ansonsten werden wir nicht zukunftsfähig, nicht wettbewerbsfähig sein. Ich glaube, dass die Datenstrategie ein ganz positiver, wichtiger Aufschlag ist und sie uns auch dazu bringen wird, dass wir Deutschland an die Spitze, was Datennutzung und was Dateninnovation betrifft, bringen können.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Saskia Esken [SPD])