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Christoph de Vries

Christoph de Vries: Die Grauen Wölfe sind rassistische, antisemitische, türkische Ultranationalisten

Redebeitrag zur Ächtung von Gewalt, Extremismus und Terror

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben heute eine Premiere erlebt, ein Novum: Die AfD hat sich zum ersten Mal gegen Nazis in Deutschland ausgesprochen.

(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist doch sehr bemerkenswert. Ich hoffe, dass das in Ihren Reihen auch einmal Schule macht für die Zukunft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Niema Movassat [DIE LINKE]: Dann müssten die sich ja auflösen!)

Eines ist klar: Unsere freiheitliche Gesellschaft wird Tag für Tag aufs Neue auf die Probe gestellt und herausgefordert. Wir haben Extremisten von links und rechts, aber ebenso auch Islamisten und ausländische Extremisten. Alle diese Gruppierungen stellen unsere Gesellschafts- und Werteordnung infrage. Aber unsere Demokratie ist wachsam, und sie ist auch wehrhaft. Und Frau Storch, das will ich Ihnen sagen: Das beweisen auch die insgesamt 57 Vereinsverbote, die seit 1990 ausgesprochen wurden im Bereich ausländischer Extremismus, im Bereich Islamismus, aber auch im Bereich Rechts- und Linksextremismus. Unser Rechtsstaat ist wachsam und wehrhaft. Das beweisen wir auch heute hier im Parlament mit diesem gemeinsamen Antrag, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich will sagen: Für mich ist das persönlich auch ein freudiger Tag; denn ich habe mich seit Jahren für die Prüfung eines solchen Verbotsverfahrens gegen die Vereine der Ülkücü-Bewegung ausgesprochen. Deshalb möchte ich auch meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass die Regierungsfraktionen diese parlamentarische Initiative ergriffen haben und dass wir das gemeinsam mit den Fraktionen von FDP und Grünen machen, in deren Reihen es ebenso engagierte Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich schon länger für ein konsequentes Vorgehen gegen die Ülkücü-Bewegung ausgesprochen haben. An dieser Stelle herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines ist doch völlig klar: Die Grauen Wölfe sind alles andere als Idealisten. Das sind rassistische, antisemitische, türkische Ultranationalisten, die eine Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen. Mit einigen Verbänden, Vereinen und Sympathisanten umfasst diese Bewegung bis zu 18 000 Personen. Das ist die Zahl der Bundeszentrale für politische Bildung. Das ist damit die größte rechtsextremistische Bewegung, und sie ist auch etwa fünfmal so groß wie die NPD in Deutschland. Allein das unterstreicht, glaube ich, auch das Bedrohungspotenzial dieser Gruppierung.

Mit diesem Antrag machen wir heute eins ganz deutlich: Faschistische und rassistische Ideologien, die Angehörige anderer Ethnien und Religionen herabwürdigen, die sie bedrohen, dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Das gilt völlig unabhängig davon, ob sie deutschen oder ausländischen Ursprungs sind. Türkische Rechtsextremisten sind nicht besser als deutsche Rechtsextremisten. Deswegen müssen wir sie auch gleichbehandeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der AfD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn ihr biologistischer Rassismus, Antisemitismus, Antiliberalismus und auch ihr Streben nach einer Führerautorität richten sich eben gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Dieses Gift des Nationalismus darf sich nicht ungehindert ausbreiten, ganz egal, wer es spritzt.

Deshalb ist heute ein guter Tag, weil wir mit diesem Antrag umfangreich und entschlossen gegen die Grauen Wölfe und ihre Aktivitäten in Deutschland vorgehen. Ich sage, es ist auch ein guter Tag für Kurden, für Armenier, für Aleviten und andere Gruppierungen, die diesen Anfeindungen und Bedrohungen seit vielen Jahren in Deutschland ausgesetzt sind. Auch das muss ein Ende haben in unserem Land.

Eins muss man auch sagen: Die Grauen Wölfe sind nicht nur nationalistisch. Es gibt insbesondere mit ATIB auch einen islamisch orientierten Flügel der Ülkücü-Bewegung. Die Strategie der türkischen Mutterpartei MHP ist seit langer Zeit eine türkisch-islamische Synthese mit der Untrennbarkeit von türkisch-nationalen und islamischen Bestandteilen. Damit sind die Grauen Wölfe auch Teil des politischen Islam in Deutschland, der eine große Bedrohung für unsere freiheitliche Gesellschaft und für den Zusammenhalt in Deutschland ist.

Deswegen will ich den Antrag als Anlass zur Mahnung nehmen. Wir dürfen nicht zulassen, dass ausländische Regierungen unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit unheilvollen Einfluss auf Hunderttausende Muslime in Deutschland nehmen – durch die Verbreitung von Nationalismus, Kriegsverherrlichung und Hetze gegen Andersgläubige. Ich glaube, andere Parteien des politischen Spektrums haben hier durchaus noch etwas Nachholbedarf, wie Kevin Kühnert zu Recht gesagt hat.

(Zuruf der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])

Aber vielleicht ist mit diesem Antrag heute ein Anfang gemacht.

Unsere Hand bleibt ausgestreckt, auch im Kampf gegen den Islamismus, gegen den politischen Islam.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

 

Christoph de Vries (CDU/CSU):

Ich komme zum Ende. – Ich würde mich freuen, wenn wir auch diesen Kampf wie heute gemeinsam aufnehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)