Skip to main content

Axel Müller: "Die Anzahl der Straftaten geht weiter zurück"

Rede zur Erfassung von Straftaten mit Messern

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich mich dem Antrag der AfD näher zuwende, möchte ich mit Ihnen einen Blick auf die Sicherheitslage in Deutschland werfen, und zwar so, wie sie wirklich ist,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und nicht so, wie sie Herr Brandner durch ein düsteres Bild zu zeichnen versucht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er lebt in einer Parallelwelt!)

Da gibt es nämlich gute Nachrichten zu verkünden. Die Anzahl der Straftaten, soweit sie von der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst werden, geht weiter zurück.

(Lachen bei der AfD)

In 2016 waren es 6,37 Millionen Taten, in 2017 noch 5,76 Millionen Taten, über 600 000 Taten weniger, was einem Rückgang von 9,6 Prozent entspricht.

Rückläufig waren vor allen Dingen Gewaltdelikte wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung und auch Körperverletzung, und nicht nur die einfache, sondern auch gerade die gefährliche Körperverletzung, worunter man die Körperverletzungen versteht, bei denen unter anderem ein Messer zum Einsatz kommt oder Baseballschläger, wie sie gewisse Kreise zu verwenden pflegen, auch der abgebrochene Stuhlfuß, wie man ihn gerne bei Saalschlachten verwendet, oder die mit Quarzsand gefüllten Handschuhe, die einige zum Training mit Andersdenkenden und politisch Andersgläubigen einzusetzen pflegen. In meinem ländlichen Wahlkreis gibt es zum Teil auch noch die Mistgabel. – Das alles fällt unter gefährliche Körperverletzung.

Aber fast noch wichtiger ist – und das haben Sie hervorgehoben, Herr Brandner –, dass die Aufklärungsquote kontinuierlich steigt. Über 96 Prozent aller Morde, über 80 Prozent aller Sexualdelikte, fast mehr als die Hälfte der Raubdelikte und vor allen Dingen auch mehr als 80 Prozent aller Körperverletzungen werden aufgeklärt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alice Weidel [AfD]: Boah! Ist das toll! Das ist eine tolle Statistik! Darauf können Sie stolz sein!)

– Ja, das ist eine tolle Statistik, und dafür danke ich an dieser Stelle den Strafverfolgungsbehörden, der Justiz, der Polizei, die hervorragende Arbeit leisten. Ihnen gebührt Anerkennung.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alice Weidel [AfD]: So eine Bananenrepublik! Sie haben aus diesem Land eine Bananenrepublik gemacht!)

– Frau Weidel, auf Sie komme ich noch zu sprechen.

Daraus ergeben sich drei Botschaften. Erstens. Wer solche Straftaten begeht, muss ernsthaft damit rechnen, dass er zur Rechenschaft gezogen wird; das schreckt Nachahmer ab. Zweitens. Das Leid der Opfer wird gesühnt. Drittens. Der deutsche Staat schützt erfolgreich seine Bevölkerung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Natürlich!)

Sie wollen nun die polizeiliche Kriminalstatistik weiter untergliedern, indem die „Verwendung des Tatmittels Messer“ erfasst wird, so wie es beim Gebrauch von Schusswaffen schon der Fall ist. Hierfür wollen Sie die Richtlinien für die Polizeiliche Kriminalstatistik entsprechend ändern. Hintergrund sind die von Ihnen erwähnten zunehmenden Meldungen in den Medien über Messereinsatz, aufsehenerregende Taten wie beispielsweise die Attacke auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker durch einen sicherlich fremdenfeindlich eingestellten Mann,

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja!)

die gegen den Bürgermeister von Altena durch einen arbeitslosen, psychisch kranken Täter,

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Rechtsradikaler!)

dem die Unterbringung von Asylbewerbern ein Dorn im Auge war.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Das war doch bestimmt ein Rechtsradikaler!)

Diese Meldungen unterstreichen den Eindruck, dass Messertaten vermehrt zunehmen,

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Von Rechtsextremen, genau!)

ebenso wie die Messerattacke – das will ich nicht verschweigen – eines arabischen Asylbewerbers in einem Hamburger Einkaufszentrum.

Das Magazin „Kontraste“ vermeldete Entsprechendes und berief sich auf die Zahlen der 16 Bundesländer. In der Tat, die Berliner Kriminalstatistik weist einen Anstieg um 14 Prozent, die Brandenburger einen Anstieg um 32 Prozent und die in Hessen einen Anstieg um 29 Prozent auf. Allerdings vermeldet die Polizei Berlin, dass gerade bei Mord und Totschlag ein rapider Rückgang

(Dr. Alice Weidel [AfD]: „Rückgang“, natürlich! Natürlich! Ist alles super hier!)

der Fälle mit Messereinsatz zu verzeichnen ist; das Niveau bewegt sich auf dem des Jahres 2008. Bei Raubdelikten – das will ich nicht verschweigen – nehmen die Fälle mit Messereinsatz zu.

Der Senatsvorsitzende beim Bundesgerichtshof Dr. Thomas Fischer

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super-Fischer! – Jürgen Braun [AfD]: Der Richter, den keiner mehr als Kollegen haben wollte! Niemand mehr!)

hat seine Kolumne so überschrieben:

Die Messerangst in Mitteleuropa – oder: Warum die Kriminalstatistik nur dann nützlich ist, wenn man sie versteht

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja, Sie verstehen sie nämlich nicht!)

Zum besseren Verständnis könnte Ihr Antrag durchaus Sinn machen. Notwendig ist er nicht; denn die Innenministerkonferenz hat am 8. Juni 2018 genau das beschlossen, eine bundesweite, einheitliche und vergleichbare Erfassung von Messerangriffen. Deshalb kann man nur sagen, meine Damen und Herren von der AfD

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Dass er überflüssig ist, oder was?)

– das ist ein altes Sprichwort, ein alter Satz –: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

(Beifall bei der SPD)

Ihr Antrag ist völlig überflüssig.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: „Überflüssig“, ja!)

Sie werden ihn natürlich nicht zurücknehmen, weil es Ihnen nur um eines geht;

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Hetze! Hetze! Hetze! – Marianne Schieder [SPD]: Hetze, und sonst nichts!)

das ist in der Rede von Herrn Brandner deutlich geworden.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Hetze!)

Frau Weidel, jetzt komme ich auf Sie zu sprechen. Sie haben es doch in Ihrer Rede vom 16. Mai 2018 zum Ausdruck gebracht.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja!)

Es geht Ihnen um die „alimentierten Messermänner“.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau!)

Die wollen Sie hier an den Pranger stellen.

(Beifall bei der AfD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau!)

Darum allein geht es Ihnen. Genau darum. Sie wollen – und das hat Ihr Kollege Berg im Landtag von Baden-Württemberg mit einem gleichlautenden Antrag zum Ausdruck gebracht – Menschen selektieren. Genau dieses Wort hat er verwendet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Natürlich!)

Dieses Wort auf deutschem Boden – selektieren – ist – das muss ich Ihnen sagen – nicht mehr erträglich.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

(Stephan Brandner [AfD]: Lassen Sie ruhig! Der redet sich um Kopf und Kragen! – Jürgen Braun [AfD]: Der kann ruhig noch länger reden!)

Axel Müller (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss. – Sie wollen in der Bevölkerung eine ablehnende Haltung schüren. Ihr Kollege Hess hat dazu sogar eine Statistik gefälscht.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Natürlich!)

Das kommt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zum Ausdruck.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja, natürlich!)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Sie müssen jetzt Ihren Schlusssatz sprechen, Herr Kollege.

Axel Müller (CDU/CSU):

Ich sage es mit Winston Churchill: Traue keiner Statistik außer der, die du selbst gefälscht hast. Wir sagen – zum Schluss –: Statistik zur Grundlage kriminologischer Forschung ja, für Propagandazwecke aber nein.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja! Mutti ist stolz auf ihn! Muttis Bester!)