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Hermann Färber: Glyphosat ist nicht gefährlicher als Wein

Rede zum Glyphosatausstieg

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Glyphosat wird beherrscht von Emotionen, Verunglimpfungen, Angst und Panik; wir haben das alles soeben erlebt.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber ein ganz schwaches Argument!)

Um Ihre zahlreichen Anträge, die gestern eingegangen sind, sachgerecht beurteilen zu können, müssen wir uns deshalb heute mit vier Tatsachen auseinandersetzen:

Da ist zum Ersten das Zulassungsverfahren. Fakt ist nun einmal, dass jedes Pflanzenschutzmittel vor seiner Zulassung bzw. vor der Verlängerung seiner Zulassung wissenschaftlich genau begutachtet wird. Dafür gibt es ein aufwendiges Prüf- und Zulassungsverfahren, das in den einschlägigen EU-Verordnungen klar geregelt und definiert ist. Es wird auf einer rein rechtlichen und wissenschaftlichen Grundlage entschieden, ob eine Zulassung erteilt wird oder nicht. Das ist keine politische Ermessensentscheidung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn wir heute über den Ausstieg aus Glyphosat sprechen, werden daher nicht nur unsere eigenen Behörden und Wissenschaftler in ihrer fachlichen Qualität und Arbeit, sondern auch rechtliche Grundlagen insgesamt infrage gestellt.

Punkt zwei: Wie gefährlich ist Glyphosat? Der Wirkstoff Glyphosat wirkt auf Enzyme, die ausschließlich bei Pflanzen vorkommen, also weder bei Menschen noch bei Tieren. Sein Einsatz ist in Deutschland seit langem sehr streng geregelt. Glyphosat weist eine geringe Mobilität auf. Das heißt, es verbreitet sich nicht selbstständig. Es bindet schnell am Boden, kann also nicht ausgewaschen werden, und wird von Bodenbakterien biologisch rasch abgebaut. Glyphosat ist das am besten untersuchte Pflanzenschutzmittel weltweit. Es gibt dazu rund 1 000 Studien, so viele wie sonst zu keinem anderen Wirkstoff.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, es gibt sogar noch viel mehr!)

Es galt als unbedenklich, bis die Internationale Agentur für Krebsforschung, die IARC, im Jahre 2015 zu der Bewertung kam, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend sei.

Damit kommen wir zu Punkt drei, nämlich zur Bewertung durch die IARC. Meine Damen und Herren, die IARC ist die einzige Organisation überhaupt, die zu diesem abweichenden Urteil kam. Weltweit kamen staatliche Behörden zum gegenteiligen Bewertungsurteil. Ich nenne einige: das gemeinsame Gremium der WHO und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, die Umweltschutzbehörde der Vereinigten Staaten, die kanadische Bewertungsbehörde für Schädlingsbekämpfungsmittel, das kanadische Gesundheitsministerium, die japanische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die neuseeländische Umweltschutzbehörde und die australische Regierungsbehörde für Pflanzenschutzmittel und Tiermedizin. Auch und vor allem die europäischen Behörden, nämlich die EFSA und die ECHA, die Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Chemikalienagentur, bestätigten die Bewertung, dass Glyphosat nicht krebserregend ist.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Färber, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Künast?

Hermann Färber (CDU/CSU):

Das machen wir nachher.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie schade! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie lieber weiter vorlesen?)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Okay.

Hermann Färber (CDU/CSU):

Trotz der Einschätzung der IARC ist Glyphosat nicht gefährlicher als Wein, als Bratwürste, als Frittiertes, als Haarfärbemittel, als Schichtarbeit oder sogar als Matetee. All dies ist nämlich als wahrscheinlich krebserregend klassifiziert, aber niemand verzichtet darauf oder verbietet es gesetzlich. Denn grundsätzlich sagt eine Klassifizierung nichts darüber aus, ob tatsächlich eine Krebserkrankung ausgelöst wird oder nicht.

(Ulli Nissen [SPD]: Was sagen Sie den Krebs­erkrankten?)

Damit komme ich zum Punkt vier meiner Rede, nämlich zu den möglichen Alternativen zum Glyphosat:

Es gibt kein biologisches und auch kein anderes chemisches Pflanzenschutzmittel, das die positiven Eigenschaften von Glyphosat aufweist. Für die nahe Zukunft ist es fraglich, ob sich ein neues Herbizid entwickeln lässt. Selbst dann würde es bei den heutigen Zulassungsverfahren und vor allem ihrer langen Dauer ewig dauern, bis es uns zur Verfügung stehen würde. Insofern stimmen wir dem Antrag der FDP zumindest in einigen Punkten zu: Wir müssen nämlich die Zulassungsverfahren und die Verfahrensabläufe dringend optimieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Pflügen und Eggen werden oft als Alternativen genannt. Aber wir müssen schon ehrlich und fair sein und die Alternativen anhand der gleichen Kriterien wie Glyphosat bewerten. Der Eingriff in die Biodiversität ist beim Pflügen nämlich erheblich größer als der Eingriff durch Glyphosat.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das möchte ich mal belegt haben von Ihnen!)

Wer sein Feld zwischen den Fruchtfolgen umgräbt, der schadet den Mikroorganismen und den Regenwürmern. Die Bodenfeuchtigkeit nimmt ab, und Erosionen sind die Folge.

Von der Umweltbelastung durch Dieselabgase haben wir noch gar nicht geredet.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieselabgase! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Elektrotraktoren!)

Wir hätten dann ein Mehrfaches an Dieselabgasausstoß. Ich fahre selber seit 40 Jahren den Pflug. Glauben Sie mir; ich kann das beurteilen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es käme zu mehr Dieselabgasausstoß als beim Einsatz von Glyphosat,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Glyphosat gibt es keine Dieselabgase! Das ist klar!)

und wie Sie selber auch wissen: Dieselabgase sind sicher krebserregend.

Die Anträge der SPD, der Grünen und der Linken verweisen darauf, dass der Einsatz von Glyphosat der Biodiversität schade. Selbst wenn man Unkraut von Hand ausrupfen würde, hätte es die gleiche Auswirkung.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch, was Sie da erzählen!)

Ja, wir müssen etwas für die Biodiversität und für den Erhalt von Insekten und Vögeln tun. Hier sind wir ja beieinander.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen aber nichts! Das ist das Problem!)

Das können wir aber nicht mit dem Verbot eines Pflanzenschutzmittels tun, das nur in geregelten Fällen zum Einsatz kommt, sondern hier müssen wir schon selber proaktiv tätig werden.

Aus diesem Grund hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gleichzeitig mit der Zustimmung Deutschlands zu einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat wichtige Verbesserungen für die Pflanzen- und Tierwelt durchgesetzt, wie eben die Wiederaufnahme der Biodiversitätsklausel. Damit hat Bundesminister Schmidt erreicht, dass die in Ihren Anträgen geforderten Maßnahmen überhaupt erst in Erwägung gezogen werden können. All dies hätten wir bei einer Verweigerungshaltung nicht erreicht. Die Kommission hätte die Zulassung für den Wirkstoff dann nämlich ohne diese Bedingungen verlängert. Sie sollten dem Minister also dankbar sein und ihn nicht attackieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)