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Uwe Schummer: Gleichbehandlung mit den heimischen Arbeitnehmern

Rede zur EU-Entsenderichtlinie

Uwe Schummer (CDU/CSU):

Verehrtes Präsidium! Meine Damen! Meine Herren! Ich will nur eines zu der Rede vorher sagen: Es gibt natürlich Probleme und Themen, die wir lösen und bereinigen wollen. Das ist für uns ein Ansporn, Europa besser zu machen. Es gibt auch Themen, die von der rechten Seite, von Herrn Kleinwächter aufgerufen werden, um Europa kaputtzumachen,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Es ist schon kaputt!)

kaputtzureden, um mit der alten Hetze Ihrer Truppe wieder Emotionen zu schüren.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Europa ist uns ein Herzensanliegen und nicht ein Thema zum Kaputtreden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Ist schon kaputt!)

Die EU-Entsenderichtlinie ist ein Beitrag zur Lösung von Problemen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Hören Sie doch auf zu hetzen!)

– Ja, wer schreit, fühlt sich getroffen, Frau von Storch. – Dieser Beitrag ist auch ein Herzensanliegen der Europäischen Volkspartei, die über Jahre hinweg das Thema vorangetrieben hat.

Ich habe mal nachgelesen: Wir haben das erste Entsendegesetz 1995 im Deutschen Bundestag behandelt, und zwar Union, also CDU/CSU, und die FDP gemeinsam. Natürlich hat Bundesarbeitsminister Norbert Blüm, die Jahrhundertgestalt der Sozialpolitik,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)

dieses Entsendegesetz eingebracht. Er sagte auch vor dem Hintergrund von massiven Verwerfungen aufgrund von Freizügigkeit durch Bauarbeiter, die auch in Deutschland entsprechend ihre Aufträge erfüllten, von Insolvenzen, von Arbeitslosigkeit bei dieser Einbringungsrede im September 1995: Europa wird nur dann toleriert und akzeptiert werden, wenn sich neben der Freizügigkeit auch der soziale Gedanke durchsetzen wird. Dafür brauchen wir das Entsendegesetz. – Er führte weiter aus: Wer portugiesische Löhne will, der muss dem Bauarbeiter auch portugiesische Preise anbieten. – Er formulierte weiter: Bei unserer Gesetzgebung geht es nicht darum, die Perfektion eines Paragrafen im Auge zu behalten, sondern das sehr konkrete Leben dort, in dem wir mit beiden Beinen stehen.

(Beifall des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU])

Wir wollen das derzeitige Entsendegesetz bis zum 30. Juli aktualisieren und der Wirklichkeit anpassen. Der Grundsatz der Entsenderichtlinie, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil es formuliert hat, ist auch bei grenzüberschreitender Beschäftigung der gleiche Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Ort. Das heißt Gleichbehandlung mit den heimischen Arbeitnehmern. Das heißt auch fairer Wettbewerb. Solche Unternehmen, die sich anständig verhalten – das sind die meisten –, dürfen nicht Opfer von Wildwest auf dem Arbeitsmarkt oder im Wettbewerb werden. Wir sind nicht die Schutzmacht von Täuschern und Tricksern. Wettbewerb braucht Regeln; das wissen wir in der sozialen Marktwirtschaft. Und die Regeln gelten für alle. Natürlich müssen sie auch eingefordert werden, indem man kontrolliert, ob es sauber läuft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Michael Gerdes [SPD])

Unser Maßstab sind die Tarifverträge mit ihrer regionalen Verbindlichkeit.

(Zurufe der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Pascal Meiser [DIE LINKE])

Wir stärken auch mit diesem Entsendegesetz den Vorrang der Tarifautonomie, die eigenes Recht setzt, so wie es in Deutschland üblich ist und wie es auch in der Europäischen Sozialcharta seit 1999 verankert wurde. Wir wissen – auch das wurde mehrfach gesagt –: Recht ohne Kontrolle bleibt oft unwirksam. Deshalb wird es auch wichtig sein, dass der Zoll die Umsetzung umfassend prüfen und bei Nichteinhaltung Bußgelder verhängen kann.

Neben den Arbeitsbedingungen, dem Gesundheitsschutz und der Entlohnung müssen auch die Unterkünfte entsandter Arbeitnehmer den deutschen Standards entsprechen. Diese Kontrolle muss zwischen Gesundheitsamt zum einen, dann der Kommune und den Bundesländern hinsichtlich Arbeitsschutz und schließlich dem Zoll für die Entgelte und für die Sozialversicherung koordiniert und auch wie aus einer Hand vernünftig zusammengeführt werden.

Wichtig ist für uns auch das Beratungsnetz „Faire Mobilität“. Es ist über mehrere Jahre modellhaft erprobt worden und hat sich bewährt. Es geht nun in die dauerhafte Förderung. Gewerkschafter informieren mobile Arbeitnehmer in verschiedenen Sprachen. Die frühzeitige und gute Beratung ist auch für die Unternehmen die beste Skandalprävention. Wer sich auskennt, wer weiß, welche Rechte und Pflichten es gibt, wird zumindest versuchen, Skandale, wie wir sie in der Fleischwirtschaft erleben, zu verhindern, weil sie imageschädigend für die Unternehmen, aber natürlich auch massiv belastend für die Beschäftigten und Verbraucher sind. Deshalb sind Beratung und Begleitung der mobilen Arbeitnehmer in den Unternehmen und in den Unterkünften wichtige Maßnahmen, die wir weiter verstetigen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die soziale Marktwirtschaft lebt; sie ist in Bewegung. Das Entsendegesetz ist hierauf eine Antwort. Wir wollen das konkrete Leben, nicht die Schönheit eines Paragrafen im Blick behalten – ganz im Sinne von Norbert Blüm.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das kann nur gut sein!)