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Uwe Schummer: Betriebs- und Personalräte sind Co-Manager

Rede zur Erleichterung von Betriebsratswahlen

Sehr verehrtes Präsidium! Meine Damen! Meine Herren! Die betriebliche Mitbestimmung ist eng verbunden mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Sie geht weit zurück, nämlich bis in die Hanse. Das Erste, was eine Mannschaft, die auf einer Kogge angeheuert hatte, tat, war, einen Sprecher oder ein Sprecherteam zu wählen. Dieses Sprecherteam hat mit dem Kapitän oder dem ersten Steuermann die Arbeitskonditionen und Arbeitsbedingungen ausgehandelt.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das funktioniert doch heute überhaupt nicht mehr!)

Im Jahr 1837 wurde die erste sozialpolitische Rede in einem deutschen Parlament gehalten, die sogenannte Fabrikrede. Schon Franz Josef Buß behandelte das Thema der betrieblichen Mitbestimmung von Arbeitnehmern in den Fabriken. Das Betriebsrätegesetz ist letztendlich ein Werk des Pfarrers Heinrich Brauns aus Essen, der viele Jahre Reichsarbeitsminister war und es 1920/21 durchsetzte. Von daher ist die Mitbestimmung eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, aber auch mit der christlich-sozialen Idee in unserem Lande verbunden.

Wir haben Dankeschön an die Betriebs- und Personalräte zu sagen. Klar ist auch: Betriebs- und Personalräte, Kollegin Krellmann, sind keine Revolutionäre. Sie sind Co-Manager. Sie sind gemeinsam mit den Arbeitgebern und den Unternehmen bereit, ihre Arbeitskonditionen, die Wertschöpfung im Unternehmen zu verbessern und das stärkste und wichtigste Kapital im Unternehmen, den Menschen, den Aktivfaktor, entsprechend zu schützen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das ist Partnerschaft. Partnerschaft in der christlichen Soziallehre gibt es auch zwischen Ungleichen. Damit ist die soziale Partnerschaft, die wir kennen und fördern wollen – auch die betriebliche Partnerschaft –, das Kontrastprogramm zu vermeintlich unüberwindbaren Klassengegensätzen und zu vermeintlich unüberwindbaren Rassengegensätze. Wir sind für Brücken, für Miteinander, für soziale Partnerschaft, und die lebt in besonderer Weise in der betrieblichen Mitbestimmung. Von daher Dankeschön allen Betriebs- und Personalräten, die in dieser Aufgabe tätig sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir wollen, dass die Vereinbarungen zum Gesundheitsschutz verbindlicher gestaltet werden. Wir wollen, dass Vereinbarungen zur Weiterbildung schneller miteinander umgesetzt werden können. Wir wollen letztendlich, dass bei Mobilität, bei grenzüberschreitenden Betriebsverlagerungen, die Mitbestimmung mitwandert. Wir wollen Wandel, aber wir wollen den Wandel für die Beschäftigten ohne Angst. Von daher ist die Mitbestimmung bzw. die Mitwirkung ein zentrales Thema, das wir innerhalb dieser Großen Koalition auch weiterentwickeln werden.

Die Bildung eines Betriebsrates ist geschützt. Es gibt allerdings in der Tat eine Lücke, nämlich in der Zeit, in der man sich bemüht, einen Wahlvorstand zu begründen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Hier gibt es keinen Schutz. Es ist oftmals so, dass einige Agenturen Unternehmer beraten, wie man mit Mobbing und auch mit Rechtsverstößen einen solchen Betriebsrat, einen Wahlvorstand verhindert. Solche Consulting­unternehmen, die innerhalb der Unternehmerschaft ihr Consulting mit Rechtsbrüchen begründen, sind eine Schande für ihre Zunft.

(Beifall des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU])

Die gehören genauso bekämpft wie Beratung zum Steuerbetrug.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU])

Deshalb wollen wir die Rechtsgrundsätze in unserem Land durchsetzen. Dazu gehört, diese Lücke zu schließen.

(Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Das werden wir innerhalb der Ausschussdebatten, die wir führen werden, miteinander beraten. Frau Krellmann, wir werden im Ausschuss jede Menge Gelegenheit und Zeit haben, darüber zu diskutieren. Ich glaube, dass dort Ihre Zwischenfragen oder Ihre permanenten Zwischenbemerkungen hingehören. Von daher haben Sie Geduld! Im Ausschuss sehen wir uns wieder.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wichtig ist, dass wir letztendlich den Strukturwandel der Wirtschaft bezüglich Globalisierung und Digitalisierung gemeinsam mit den Gestaltungskräften der Arbeitnehmerschaft und der Arbeitgeberschaft entwickeln. Wir wollen ein vereinfachtes Wahlverfahren für Betriebe bis 200 Beschäftigte ermöglichen. Dies würde weniger Bürokratie bei der Einrichtung eines Wahlvorstandes und bei der Durchführung von Betriebsratswahlen bedeuten. Dies ist ein Thema, das wir miteinander besprechen werden.

Es gibt in unserem Lande eine produktive Kraft des sozialen Friedens. Das ist ein Standortvorteil für die Wirtschaft, für die Menschen. In Deutschland gehen mehr Arbeitsstunden durch Festreden als durch Arbeitskämpfe verloren. Das zeigt den Wert sozialer Marktwirtschaft.

Wir werden das Thema der Betriebsverfassung mit beiden Sozialpartnern bereden: mit den Gewerkschaften auf der einen Seite und den Arbeitgebern auf der anderen Seite. Den Interessenausgleich zu moderieren und Lösungen zu entwickeln, wird unsere gemeinsame politische Aufgabe in der Großen Koalition sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)