Skip to main content

Stephan Stracke: "Wir lassen die Menschen nicht allein"

Rede zur Änderung des SGB II - Teilhabechancengesetz

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben Rekordbeschäftigung in unserem Land. Davon profitieren unvermindert auch Menschen, die schon länger arbeitslos sind. Im letzten Jahr ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 93 000 Personen zurückgegangen. Das ist erfreulich. Aber richtig ist auch: Wer länger als drei Jahre arbeitslos ist, hat es schwer, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen; und dies wollen wir ändern.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Drei Jahre?)

Wenn langzeitarbeitslose Menschen das Gefühl haben, keinen Platz in dieser Gesellschaft zu haben, die sich so häufig über das Erwerbsleben beschreibt, dann ist dies auf Dauer keine Situation, die erträglich ist. Darauf geben wir als Koalition nun eine kraftvolle Antwort. Wir setzen bei den Arbeitgebern an, geben hohe Anreize – unterlegt mit viel Geld –, Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen anzubieten. Zentraler Bestandteil unseres Gesetzentwurfs sind dabei zwei Lohnkostenzuschüsse.

Der erste Zuschuss richtet sich an Menschen, die noch relativ arbeitsmarktnah sind. Wir bauen damit eine stabile Brücke in den ersten Arbeitsmarkt. Wir haben dabei durchgesetzt, dass die Jobcenter auch dieses Instrument mit genügend Mitteln ausstatten können. Der Deckel, den es bislang für diese Mittel gab, ist weg. Ich glaube, es ist ein gutes Ergebnis, das wir hier als Koalition insgesamt erzielt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir streichen auch die Nachbeschäftigungspflicht. Damit machen wir dieses Instrument gangbarer und attraktiver. Insofern setzen wir auch große Hoffnungen in diesen Bereich.

Der zweite Lohnkostenzuschuss richtet sich an diejenigen Arbeitslosen, die schon sehr lange arbeitslos sind und oftmals den Halt in ihrem Leben verloren haben. Unser Ziel ist es, dass wir sie wieder auf eigene Beine stellen, sodass sie ihr Leben selbst gestalten können. Arbeit gibt Struktur, Arbeit stärkt das Selbstwertgefühl und die innere Zufriedenheit. Das erfordert Zeit, Kraft und Geduld. Wir wollen Erfolg für unser Gesetz. Deswegen orientieren wir den Zuschuss zunächst am gesetzlichen Mindestlohn. Überall dort, wo die Arbeitgeber Tariflohn zahlen, orientiert sich der Zuschuss am Tariflohn. Das ist sinnvoll, das ist praxistauglich und korrigiert im Übrigen auch das, was die Sozialdemokraten ursprünglich im Koalitionsvertrag haben wollten, nämlich den gesetzlichen Mindestlohn. Das korrigieren wir nun in großer Gemeinsamkeit, weil es richtig ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich ist es richtig, dass auf diese Weise der Zuschuss für den einzelnen Förderfall teurer wird. Wir müssen uns natürlich auch die Wirkungen in den Betrieben genauer anschauen. Wenn Beschäftigte, geförderte und ungeförderte, nebeneinanderstehen und unter Umständen genau oder annähernd das Gleiche verdienen, aber eine unterschiedliche Arbeitsleistung erbringen, dann kann dies natürlich auch auf den Betriebsfrieden Wirkungen entfalten; deswegen müssen wir uns das genau anschauen. Deswegen haben wir gesagt: Wir müssen dieses Instrument auch gesetzlich befristen. Wir haben ein gesetzliches Verfallsdatum durchgesetzt. Bis Ende 2024 tritt dieser Lohnkostenzuschuss außer Kraft. Dann ziehen wir Bilanz und sehen, ob das Instrument wirkt oder nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir lassen die Menschen nicht allein. Wir unterstützen dort gezielt, wo es notwendig ist. Das tun wir mit einer engmaschigen beschäftigungsbegleitenden Betreuung. Wir stärken die Sozialpartner vor Ort und verhindern damit auch Wettbewerbsverzerrungen zwischen geförderter und ungeförderter Beschäftigung. Wir sorgen auch für mehr Personal und mehr finanzielle Spielräume für die Jobcenter. Ich finde, wir haben ein stimmiges Gesamtkonzept vorgelegt. Jetzt kommt der Praxistest. Wir orientieren uns dabei an dem Grundsatz „Fördern und Fordern“. Daran halten wir fest. Er hat sich bewährt. Es gibt nichts Besseres. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzesvorhaben.

Herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)