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Stephan Stracke: Unser Ziel ist es, eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu bauen

Rede zum Teilhabechancengesetz

Grüß Gott, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Arbeitsmarkt in Deutschland steht blendend da. Wir wollen Vollbeschäftigung in ganz Deutschland. Das ist unser Ziel – ambitioniert, aber wir sind dabei gut unterwegs. Dabei wollen wir auch die Menschen, die schon länger arbeitslos sind, mitnehmen und ihnen wieder Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt geben. Wenn nicht jetzt, wann dann? Dabei sind wir schon erfolgreich. Seit der Regierungsübernahme der Union Ende 2005 waren wir bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit erfolgreich. Die Arbeitslosenzahl hat sich mehr als halbiert: von rund 1,8 Millionen Langzeitarbeitslosen im Jahr 2005 auf deutlich unter 800 000. Auch im letzten Jahr gab es einen Rückgang von über 10 Prozent. Das zeigt hinsichtlich des vielbeschworenen zementierten Sockels: Wenn man sich dieser Themen annimmt, dann kann man da auch viel tun.

Der Freistaat Bayern ist hier besonders erfolgreich. Die beste Arbeitsmarktsituation aller Bundesländer herrscht in Bayern. Viel mehr profitieren die Menschen, die seit längerem arbeitslos sind, verstärkt von dieser hervorragenden Arbeitslosensituation. Sie ist deutlich besser als im Bund. Der Anteil derer, die arbeitslos und langzeitarbeitslos sind, ist um 12,6 Prozent gesunken. Das ist das Ergebnis einer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik in Bayern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausgaben des Bundes für die Grundsicherung für Arbeitsuchende liegen bei über 36 Milliarden Euro. Über 10 Milliarden Euro nehmen wir für aktive Arbeitsmarktförderung in die Hand. Unsere Philosophie dabei ist, keine neuen Sonderwelten zu schaffen, die sich parallel und dauerhaft zum allgemeinen Arbeitsmarkt entwickeln. Das führt – das zeigt die Vergangenheit – schnurstracks in die arbeitsmarktpolitische Sackgasse. Unser Ziel ist es, eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu bauen. Das zentrale Instrument hierfür ist der § 16e SGB II, den wir mit diesem Gesetzentwurf jetzt ein Stück weit gangfähiger machen. Ich glaube, das ist gut. Wir werden ihn auch noch mit besseren finanziellen Mitteln hinterlegen.

Auch wir als Union wollen Menschen natürlich unterstützen, die es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben, die kaum Aussichten auf eine Eingliederung in die reguläre Erwerbsarbeit haben. Sie haben oftmals den Halt im Leben verloren. Deswegen müssen wir wieder Struktur schaffen. Arbeit schafft Struktur. Vor diesem Hintergrund begrüße ich es ausdrücklich, dass die vorgesehene beschäftigungsbegleitende Betreuung der Betroffenen jetzt auch im Gesetz so verankert ist. Wir nennen das Coaching. Das macht Sinn, weil wir damit die gesamte Bedarfsgemeinschaft in den Blick nehmen, die Lebenssituationen stabilisieren. Auch hier ist der Freistaat Bayern erfolgreich. Wir haben das bereits in vielfachen Ansätzen modellhaft erprobt. Das ist auch die Blaupause für das, was wir jetzt vereinbart haben. Wir wollen Schluss machen mit Hartz‑IV-Karrieren, die sich tatsächlich auch vererben.

Wichtig ist es uns weiterhin, dass die neuen Förderinstrumente nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Wir wollen arbeitslose Menschen in Arbeit bringen, nicht Beschäftigte in Arbeitslosigkeit. Wir wollen die Vertreter des örtlichen Arbeitsmarktes verstärkt in die Pflicht nehmen. Ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt bietet sicherlich Chancen, birgt aber auch Risiken. Wir sollten deshalb auf Sicht fahren, die neuen Förderinstrumente zeitlich befristen und entsprechend qualifiziert evaluieren, was den Menschen hilft, im Arbeitsleben Fuß zu fassen und in den ersten Arbeitsmarkt zu gelangen. Das kann dann auch weiterlaufen. Alles andere muss und darf nicht weiterlaufen.

Das zeigt: Bei dem Instrument, das wir uns vorgenommen haben, ist zentral, dass die Auswahl der Geförderten, die tatsächlich sehr arbeitsmarktfern sind, tatsächlich klappt und funktioniert. Der jetzt vorgesehene Mechanismus sieben aus acht hinsichtlich des Leistungsbezuges macht Sinn. Er ist praktikabel, er ist einfach. Aber hinzu kommt eine nicht schablonenhafte Anwendung durch die Prognose besonders niedriger Eingliederungschancen bei der Ansprache durch die Jobcenter.

Die Vorlage des Landes Berlin, das den Zugang in den öffentlichen Arbeitsmarkt bereits für Menschen eröffnet, die ein Jahr arbeitslos sind, gleicht einer arbeitsmarktpolitischen Geisterfahrt. Dieser Ansatz verbaut Chancen und schadet den Menschen mehr, weil der Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich erschwert ist. Wir dürfen nichts dafür tun, dass die Geförderten in dem Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung gehalten werden. Genau das ist die Intention des Landes Berlin. Das machen wir selbstverständlich nicht mit.

Uns eint das Ziel, langzeitarbeitslose Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Ich freue mich auf die Diskussion, was den vorliegenden Gesetzentwurf angeht.

Herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)