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Prof. Dr. Matthias Zimmer: Seit 2010 ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen stetig zurückgegangen

Perspektiven für Langzeiterwerbslose durch gute öffentlich geförderte Beschäftigung

Hochgeschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die Kollegin Tack bereits das Notwendige zur FDP gesagt hat,

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: In welcher Partei war noch mal Frau von der Leyen, Matthias, von der eben die Rede war?)

kann ich mich vielleicht darauf beschränken, zunächst einmal einige kritische Anmerkungen zu dem Antrag der Linken zu machen.

Beginnen will ich mit einigen positiven Anmerkungen zu dem Antrag der Linken. Wenn wir eine öffentlich geförderte Beschäftigung fordern, eine Teilhabe am Arbeitsmarkt organisieren, dann sollten wir junge Menschen davon ausnehmen. Das haben Sie in Ihrem Antrag auch richtig vermerkt: Jugendliche bis 25 Jahre sollten von der öffentlich geförderten Beschäftigung ausgeschlossen sein. – Ich frage mich aber manchmal, ob man diese Regelung nicht erweitern sollte. Ich habe auch Bauchschmerzen, bei 26-Jährigen oder bei 30-Jährigen nicht eine Ausbildung, sondern eine öffentlich geförderte Beschäftigung zu veranlassen. Ich glaube, darüber müssen wir einmal gemeinsam nachdenken.

(Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])

Dann schreiben Sie in Ihrem Antrag: Die Maßnahmen sollten vorrangig Menschen angeboten werden, die auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum noch Chancen haben. Richtig! Wir wollen keine Creaming-Effekte, keine Mitnahmeeffekte, und wir müssen uns sehr viel mehr als bisher um diejenigen kümmern, die fern des ersten Arbeitsmarktes sind und die eine Tagesstruktur brauchen. Für diese Personen ist es ein ganz langer Weg zurück zum regulären ersten Arbeitsmarkt. Deswegen finde ich den Grundansatz richtig.

Gleichzeitig aber verwässern Sie die Perspektive ein wenig, indem Sie das Programm auch für Menschen öffnen wollen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind. Hier sind viele dabei, die auf dem ersten Arbeitsmarkt noch hervorragende Chancen haben. Das lädt zu Mitnahmeeffekten geradezu ein. Im Übrigen sind auch ältere Arbeitslose darunter, die Anspruch auf 18 Monate Arbeitslosengeld haben. Ich will nicht ausschließen, dass das auch eine Zielgruppe für öffentlich geförderte Beschäftigung sein kann; aber wir haben im Moment einen extrem aufnahmefähigen Arbeitsmarkt. Deshalb würde ich persönlich den Fokus hier etwas anders einstellen.

Problematisch finde ich bei Ihrem Antrag die Aussage, es müsste mindestens Mindestlohn gezahlt werden – nicht wegen des Mindestlohns, sondern wegen der 12 Euro. Im Moment liegt der Mindestlohn deutlich darunter. Wenn man einen Mindestlohn von 12 Euro zahlt, dann überholt man damit in einigen Bereichen die Tariflöhne. Man hat also über die öffentlich geförderte Beschäftigung die Tarifautonomie quasi ausgehebelt. Das muss man wollen. Wir wollen es jedenfalls nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine ganz erstaunliche Volte Ihres Antrages, meine Damen und Herren von den Linken, liegt darin, dass sich, wenn man sich Ihre Anträge der letzten Jahre zu diesem Thema ansieht, vieles ähnelt – das ist auch nicht verwunderlich; Textbausteine sind etwas Feines –, eines aber immer ändert, und das ist die Anzahl der zu fördernden Arbeitsplätze, die von Ihnen gefordert wird. Im heute zur Debatte stehenden Antrag sind es 300 000 Arbeitsplätze, im November 2017 waren es 200 000, ebenso im März 2015. Im April 2010 waren es 500 000.

Nun ist seit 2010 die Anzahl der Langzeitarbeitslosen sukzessive und stetig zurückgegangen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da haben wir doch unseren Job gemacht!)

Man könnte meinen: Jawohl, dem wird auch durch die Tatsache Rechnung getragen, dass die Anzahl der öffentlich geförderten Arbeitsplätze im Forderungskatalog der Linken zurückgeht – bis auf den heute vorliegenden Antrag, in dem sie wieder um 100 000 erhöht worden ist. Daraus schließe ich persönlich: Die Anzahl der Arbeitsplätze, die Sie fordern, hat nichts mit den tatsächlichen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu tun, sondern ist Funktion anderer Phänomene, vielleicht des inneren Zustands der Linken oder der Frage, ob ein solcher Antrag im Umfeld eines Parteitags gestellt wird. – Das kann man machen, ist aber eher weniger zielführend.

Als erste Bewertung bleibt: Brauchbares und weniger Brauchbares finden sich eng beieinander; eine konzeptionelle Klarheit findet sich eher nicht. Da freue ich mich doch auf unseren Referentenentwurf, der nun in der Ressortabstimmung ist, sodass ich vermute, dass durch real existierende sozialdemokratische Politik, verehrte Frau Kolbe,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

bajuwarische Best Practice und ordnungspolitisches Denken, zu dem die Union fähig ist,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

ein vernünftiger Gesetzentwurf zustande kommt, der dem Struck’schen Gesetz entspricht und den Langzeitarbeitslosen auch hilft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)