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Max Straubinger: Wir propagieren die Freiheit der Selbstständigen

Rede zur Absicherung von Solo-Selbständigen

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Linke-Fraktion beschäftigt sich mit den Selbstständigen – da rauft man sich meistens die Haare, da man in der Regel weiß, dass dabei eine Gängelung der Selbstständigen herauskommt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Buh! – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das Gespenst geht um!)

Wenn man den Antrag liest und bis zum Ende liest, dann verstärkt sich dieser Eindruck. Natürlich gibt es auch bei Selbstständigen Probleme; das wollen wir nicht verschweigen. Die Große Koalition geht diese Probleme jetzt an. Die Lösung dieser Probleme ist bei uns bestens aufgehoben.

Es gibt derzeit Probleme bei der Altersversorgung von Selbstständigen. Wir sind der Meinung, dass Selbstständige einen eigenständigen Beitrag für ihre Vorsorge leisten müssen. Das steht außer Zweifel; denn es kann nicht sein, dass sich Selbstständige unter Umständen im Alter auf die Solidargemeinschaft verlassen. Deshalb soll jeder eine Vorsorgeverpflichtung eingehen. Diese Vorsorgeverpflichtung muss so ausgestaltet sein, dass sie auf der einen Seite für den Selbstständigen finanziell tragbar ist, auf der anderen Seite sicherstellt, im Alter über ein Einkommen zu verfügen, das über dem Grundsicherungsniveau liegt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Straubinger, das steht fast so in unserem Antrag!)

Von daher, Herr Kollege Birkwald, sind wir uns im Prinzip einig, nur über den Weg können wir nicht einig werden; denn wir propagieren die Freiheit der Selbstständigen, Sie hingegen wollen diese Freiheit einschränken, indem Sie sie verpflichten wollen, nur in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Dadurch verhindern Sie, dass alternative Wege beschritten werden. Das, glaube ich, ist der große Unterschied. Dass die Anlagen natürlich mündelsicher sein müssen, nicht pfändbar sein dürfen, tatsächlich für eine dauerhafte Rentenleistung zur Verfügung stehen müssen und dergleichen mehr, steht außer Frage.

Das zweite Problem, das aufgelistet wird, ist der Beitrag zur Krankenversicherung. Entgegen dem Antrag der Linken besteht schon heute die Verpflichtung, eine Krankenversicherung abzuschließen. In Ihrem Antrag wird zum Ausdruck gebracht, diese Verpflichtung gäbe es noch nicht. Aber es gibt die Verpflichtung, eine Krankenversicherung abzuschließen. Natürlich stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage man das macht. Da sehen Sie natürlich nur die gesetzliche Krankenversicherung. Wir stehen auch hier wieder für ein pluralistisches System und wollen, dass auch eine private Krankenversicherung die Grundlage sein kann. Hier ist natürlich mitentscheidend, wie hoch der Beitrag ist, den der Einzelne zu zahlen hat.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege!

Max Straubinger (CDU/CSU):

Dazu muss ich feststellen: Den Beitrag auf Basis eines Satzes von 450 Euro zu kreieren, kann wirklich nicht die Grundlage sein; denn dann würde die gesamte Solidargemeinschaft eine billige Krankenversicherung für einen Selbstständigen mitfinanzieren. Das kann doch wirklich nicht in Ihrem Sinne sein.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Straubinger, ich habe versucht, Sie nicht zu unterbrechen. Aber Sie atmen nur sehr wenig.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion der Linken?

Max Straubinger (CDU/CSU):

Mehrere, Herr Präsident – wenn es sein muss.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Bitte schön.

Friedrich Straetmanns (DIE LINKE):

Herr Kollege Straubinger, vielen Dank erst einmal, dass Sie die Zwischenfrage zugelassen haben. – Sie haben gerade auf die gesetzliche Rentenversicherung verwiesen und in diesem Zusammenhang mit Blick auf eine Pflichtversicherung von einer „Gängelung“ gesprochen; das waren, glaube ich, Ihre originalen Worte. Ich frage Sie daher: Würden Sie im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung die Pflichtversicherung für Hebammen und die Pflichtversicherung für selbstständige Lehrer ohne Mitarbeiter als eine Gängelung ansehen, oder sind Sie vielleicht wie ich der Meinung, dass dahinter eine weise gesetzgeberische Absicht steht?

(Beifall bei der LINKEN)

Max Straubinger (CDU/CSU):

Ich habe nur als Gängelung betrachtet, dass man keine Wahlfreiheit hat. Wir stehen dafür, dass sich ein Mensch, der sich selbstständig macht, auch überlegen kann, in welcher Form er seine Altersversorgung gestaltet. Wir wollen nicht, dass er, wie Sie laut Ihrem Antrag wollen, nur die gesetzliche Rentenversicherung wählen kann. Es gibt auch Alternativen, und diese Alternativen sollte man zulassen. Ich habe in meinen Ausführungen dargelegt, dass sie eine dauerhafte Alterssicherung darstellen müssen, dass sie mündelsicher sein müssen, vor allen Dingen nicht pfändbar sein dürfen und dergleichen mehr. Das alles habe ich, wie gesagt, dargelegt. Da gibt es auch keinen Unterschied zwischen uns. Ich glaube, da sind wir relativ nah beieinander. Wir unterscheiden uns nur, was den Weg der Absicherung betrifft.

Ich sage Ihnen: Eine private Absicherung wäre auch zum Vorteil der kommenden Generation; denn bei einer privaten Absicherung spart man jetzt an. Wenn man die Menschen in ein reines Umlagesystem hineinzwingt, bedeutet dies, dass die Versprechungen, eine Rente zu bekommen, in die Zukunft verlagert werden und dies dann die zukünftige Generation zu leisten hat. Hier sollte man Wahlfreiheit gewähren, um dies dementsprechend gestalten zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gäbe sehr vieles zu Ihrem Antrag anzumerken; leider Gottes komme ich wegen meiner Redezeit nicht mehr dazu. Aber es sei mir erlaubt, den Punkt 10 aufzugreifen, weil ich glaube, dass er das Selbstverständnis der Linken und die Art und Weise, wie Sie zur Selbstständigkeit stehen, deutlich macht. Da steht nämlich der großartige und glorreiche Vorschlag – ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten –: „Mitbestimmung und Verbandsklagerecht“. Sie wollen also – wohlgemerkt: für Selbstständige – ein Mitbestimmungs- und Verbandsklagerecht kreieren. Da heißt es:

Die Bundesregierung legt eine Analyse vor, wie die Selbstorganisation von Selbstständigen zu fördern ist und Möglichkeiten der Mitbestimmung in Betrieben geschaffen werden können.

Usw. usw.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Max Straubinger (CDU/CSU):

Die größte Mitbestimmung bei Solo-Selbstständigen haben sie selbst.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Nein! Es gibt auch Berufsorganisationen!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank. – Keine Zwiegespräche, bitte. Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Kollege Straubinger. Sie sind jetzt am Ende Ihrer Rede.

Max Straubinger (CDU/CSU):

Ich glaube, diese Mitbestimmungsklausel kann man nicht mehr erweitern.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Straubinger, ich werde Ihnen wirklich gleich das Mikrofon abschalten.

Max Straubinger (CDU/CSU):

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)