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Max Straubinger: "Wir arbeiten daran"

Rede zu IT-Freelance-Arbeit

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns ja wieder mit dem Statusfeststellungsverfahren. Vor drei oder vier Wochen haben wir hier ja bereits einen ähnlichen Antrag der FDP diskutiert; darauf haben mehrere Vorredner auch schon hingewiesen.

(Frank Sitta [FDP]: Er wurde abgelehnt!)

Ich habe bei „Rubikon“ nachgeschaut und habe gemerkt, dass es praktisch nur einen Unterschied gibt, nämlich dass im ersten Antrag der FDP Herr Dr. Sattelberger vergessen worden ist.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und deshalb gibt es einen neuen Antrag.

(Ulli Nissen [SPD]: Hört! Hört!)

Offensichtlich sind Sie von der FDP sich nicht einig; denn es ist ja bezeichnend – normalerweise sind ja die Arbeitsmarktpolitiker mit zuständig für diese Frage –, dass der Kollege Vogel diesmal nicht in der ersten Reihe sitzt. Er sitzt ganz weit hinten, beobachtet das jetzt einmal von der Hinterbank.

(Ulli Nissen [SPD]: Das passt zum Karneval!)

Lieber Johannes Vogel, mir ist einfach aufgefallen: Also, offensichtlich habt ihr von der FDP jetzt eine linke und eine rechte Abteilung für die Behandlung von einzelnen Fragen. Das ist ja wirklich hervorragend.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Fast wie bei einer Volkspartei!)

Viel Spaß dabei! Aber – ich sage es ganz ernsthaft –: Die Zeit ist uns eigentlich zu schade, die fast gleiche Vorlage einer Fraktion gleich unter zwei Tagesordnungspunkten diskutieren zu müssen, weil da in der Regel nicht viel Neues rauskommen kann.

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Weil ihr ja nicht hört!)

Es ist ja so, dass sich die Bundesregierung mit dieser Frage beschäftigt; wir haben es auch im Koalitionsvertrag hinterlegt. Aber es geht nicht nur um die Freelancer, sondern es geht um eine grundsätzliche Beurteilung, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, und es geht auch um Abgrenzungen. Der Inhalt des Antrags unterscheidet sich ja nicht groß von den Vorschlägen, die im ersten Antrag, für den Johannes Vogel hier gekämpft hat, enthalten sind.

Es wird eine Positivliste gefordert. Die FDP hat sich ja auf der linken Seite und rechten Seite darüber Gedanken gemacht; aber sie hat noch keine Kriterien für eine Positivliste aufgestellt.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Da hat er recht!)

Auch eine Positivliste bedeutet, dass eine Abgrenzung vorgenommen wird. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, es wird schließlich auch wiederum möglicherweise Streitfälle darüber geben, ob jemand als selbstständig zu beurteilen ist oder als Arbeitnehmer oder als jemand, der in arbeitnehmerähnlicher Tätigkeit gearbeitet hat. Das bedeutet letztendlich auch Streit.

Obwohl Sie in Ihrer Beurteilung der Rentenversicherung eine, gelinde gesagt, sehr subjektive Einstellung unterstellen, möchte ich durchaus darauf hinweisen, dass bei den ganzen Streitverfahren im vergangenen Jahr 65 Prozent der Anträge positiv verbeschieden worden sind. Im Jahr vorher waren es 62 Prozent. Also, ich sehe das Problem gar nicht. Ich glaube, dass wir auch bei einem neuen Verfahren ähnliche Ergebnisse haben werden, dass nämlich bei Gerichtsentscheidungen die Entscheidungen der Rentenversicherungen zu 70 Prozent bestätigt werden. Das Ganze ist also ein ähnlicher Fall.

Dass es Irrtümer in einer Beurteilung geben mag, ist menschlich und liegt in der Natur der Sache. Das ist bedauerlich und kann dann möglicherweise in einem weiteren Verfahren begradigt werden. Aber alles, was Sie vorschlagen, würde nicht dazu führen, dass wir dann eine heile Welt und eine heile Beurteilung haben.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Straubinger, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

 

Max Straubinger (CDU/CSU):

Moment. – Wenn Sie glauben, allein mit einer Einkommensregelung die Selbstständigkeit angemessen erfassen zu können, dann frage ich: Welches Einkommen soll die Grundlage sein? Selbst vor dieser Frage drücken Sie sich.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Straubinger, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Herrn Hebner?

 

Max Straubinger (CDU/CSU):

Ja, bitte.

 

Martin Hebner (AfD):

Herr Straubinger, herzlichen Dank für die Erlaubnis der Zwischenfrage. – Sie haben so nett und wirklich sehr unterhaltsam gerade geschildert, dass sich die Anträge ähneln. Aber es steht ja immer noch die Frage im Raum: Wann tun Sie was? Denn wenn Sie sagen, es werde von den Gerichten positiv beschieden – 62 Prozent, 65 Prozent –, dann zeigt sich doch ganz klar, dass hier dringend eine gesetzliche Korrektur erforderlich ist. Wir können doch so nicht weitermachen. Was Sie momentan beschreiben, ist: Es gehen Leute Aufträge ein und bekommen dann in dem Fall ganz klar Bescheid, dass sie als „wahrscheinlich scheinselbstständig“ eingestuft wurden. Das schafft enormen Ärger. Das schafft enorme Unsicherheit. Das führt häufig auch zu Unterbrechungen von Projekten. Wollen Sie das? Sehen Sie das als normal an? Hier ist auch dringendes Handeln erforderlich.

Sie sagen, Sie überlegen jetzt erst mal. Wie lange wollen Sie denn noch überlegen? Wie lange überlegt die Bundesregierung noch? Das dauert doch jetzt schon mehrere Legislaturperioden an. Das ist doch ein denkwürdiger Zustand.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Gut. Die Frage ist angekommen. – Herr Straubinger.

 

Max Straubinger (CDU/CSU):

Herr Kollege Hebner, es geht eben immer auch um Abgrenzungsfragen, und Abgrenzungsfragen sind nicht so einfach zu entscheiden,

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Gegenüber der AfD schon!)

wie man es zum Beispiel in einer lockeren Diskussion tut. Sie handeln nicht verantwortungsvoll – das ist völlig klar –, in dem Fall auch hier, wie ich es sehe.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die haben ja gar keine Vorschläge! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, sie haben gar keine Vorstellung, wie sie das machen wollen!)

Man muss feststellen: Wir arbeiten daran.

(Martin Hebner [AfD]: Wie viele Legislaturperioden?)

Wir sind daran interessiert, dass für beide Teile, Herr Kollege Hebner, Rechtssicherheit besteht: für den Freelancer genauso wie für das Unternehmen, das einen Freelancer beschäftigt. Das ist entscheidend. Da gibt es entsprechende Kriterien, die wir jetzt festgelegt haben.

Ich kann Ihnen den Gesetzestext ja vorlesen. Es heißt im Gesetz zur Definition der nichtselbstständigen Arbeit:

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

So weit, so gut oder vielleicht auch so schlecht; denn man kann sich darüber natürlich ordentlich auseinandersetzen.

Aber Sie, liebe Kollegen von der FDP, drücken sich ja um die Formulierungen. Sie könnten ja auch einen Gesetzentwurf abliefern. Sie drücken sich aber um die Formulierungen.

(Metin Hakverdi [SPD]: Genau!)

Glauben Sie, dass Sie dann bessere Abgrenzungskriterien finden würden,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

und zwar für alle Beschäftigungsverhältnisse, nicht nur für die Freelancer, sondern für alle, für die ganze Breite der Wirklichkeit des Arbeitslebens, finden würden? Da drücken Sie sich.

Deshalb: Es ist schön, dass wir über den Antrag diskutiert haben. Aber ich habe eine Bitte an die Kollegen: Einigt euch zuerst, ob die linke oder die rechte Abteilung einen Antrag einbringen darf.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ein gemeinsamer Antrag wäre ja auch gut!)

Wenn ein Antrag gestellt wird, wäre es schön, wenn alle maßgeblichen Personen, auch Herr Dr. h. c. Sattelberger, mit dabei wären.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)