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Marlene Mortler: "Das Thema Welternährung wird ein zentrales Zukunftsthema sein"

Rede zu Gesunde Ernährung im Alltag einfach machen

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Künast, niemand muss Fertigprodukte essen, jeder kann.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: So ist es!)

Wie Sie es fertigbringen, unsere Bauern und Bäuerinnen im Land zu bedauern und gleichzeitig massiv in die Pfanne zu hauen, das bleibt Ihr Geheimnis.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hören, was Sie wollen!)

Die Menschen in unserem Land werden immer älter und bleiben immer länger gesund; auch das gehört zur Wahrheit dazu. Ob Mangel-, Fehl-, Unter- oder Überernährung – meine Damen, meine Herren, das Thema Welternährung wird neben der Digitalisierung ein zentrales Zukunftsthema sein. Insofern sind wir uns mit der Vorrednerin einig.

Es gibt aus meiner Sicht aber keine gesunden oder ungesunden Lebensmittel, sondern es gibt gesunde oder ungesunde Ernährungsweisen. Und, ehrlich gesagt: Ich möchte jetzt und in Zukunft nicht auf meinen geliebten „Bavaria blu“, auf mein Schäufele mit Kloß und auf einen mehrfach panierten und in Fett gebackenen fränkischen Karpfen verzichten. Das hat etwas mit Genuss, mit Lebensqualität und mit Regionalität zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Johann Saathoff [SPD]: Was ist mit Matjes?)

Natürlich muss uns allen klar sein, dass genießen heißt, nicht jeden Tag davon zu essen, sondern ab und zu. Auf der anderen Seite kann es nicht die Aufgabe des Staates alleine sein, uns jeden Tag unser Essen mundgerecht und bedarfsgerecht zu servieren. Es ist aber – ohne Wenn und Aber – Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen und zu kontrollieren, dass unsere Lebensmittel sicher sind.

Meine Damen, meine Herren, mir ist klar: Wir leben in einer Zeit, in der gute Nachrichten schlechte Nachrichten sind und in der schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind. Aber wir kommen nicht um die Fakten herum.

Die gute Nachricht ist für mich – das ist mein erster Punkt –, dass staatliche, neutrale Proben 2017 ergeben haben, dass nur 1,1 Prozent unserer Lebensmittel Rückstände über dem zulässigen Höchststand enthalten haben – diese Rückstände waren aber bei weitem nicht gesundheitsgefährdend –, dass gleichzeitig 1,9 Prozent der Lebensmittel aus anderen EU-Mitgliedstaaten belastet waren und dass 6,3 Prozent der Lebensmittelproben aus Drittstaaten entsprechend belastet waren. Das freut uns erst mal, weil die Zahlen aus deutscher Sicht nahezu um 1 Prozentpunkt zurückgegangen sind.

Zweitens: Das Nahrungsmittelangebot in unserem Land war noch nie so vielfältig wie heute; die Internationale Grüne Woche lässt grüßen. Auch hier erleben wir eine weltweite Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Darüber freue ich mich. Das heißt, die Basis für eine ausgewogene Ernährung wird uns Verbrauchern täglich auf dem Silbertablett serviert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Unabhängig davon gilt für mich nach wie vor: Die beste Medizin ist und bleibt eine abwechslungsreiche, eine bedarfsgerechte Ernährung, am liebsten auch noch saisonal und regional. Gerade die neuen Ernährungsstile – ob pegan, vegan, Paleo und wie auch immer sie heißen – entbinden uns als Verbraucher nicht davon, unser eigenes Ernährungsverhalten immer wieder zu hinterfragen. Essen findet eben nicht nur in der Gemeinschaftsverpflegung, sondern auch zu Hause statt. Essen ist für mich nicht nur bloße Nahrungsaufnahme. Essen hat für mich mit Ritualen zu tun, mit Werten, mit Wertschätzung. Wie emotional das Thema „Ernährung und Essen“ sein kann, haben wir gerade bei der Vorrednerin erlebt. Und dass Ernährung in hohem Maße politisch ist, wissen wir seit längerem.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Kollegin Christmann von den Grünen?

Marlene Mortler (CDU/CSU):

Das machen wir am Schluss, Frau Präsidentin. – Und wenn Foodwatch vor kurzem in einer Pressemitteilung Folgendes sagte – ich zitiere –: „Jetzt ist es also amtlich: Diese Ministerin“ – gemeint ist Julia Klöckner, unsere Ministerin – „ist gesundheitsgefährdend“, dann finde ich das in hohem Maße unanständig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir sind uns einig: Wir brauchen keine an Kinder gerichtete Werbung. Und wir brauchen somit auch keine Kinderlebensmittel; denn wir wissen, dass diese in der Regel teurer sind und oft auch gehaltvoller – alles Dinge, die Kinder nicht brauchen. Wir brauchen aber Initiativen und Lösungen wie zum Beispiel die von Frau Professor Ensenauer vom Haunerschen Kinderspital in München. Sie hat eine Studie durchgeführt mit adipösen Schwangeren und es mithilfe gezielter Aufklärung geschafft – da gehört bewusst das Stillen dazu –, dass deren Kinder und Babies in späteren Jahren seltener an Übergewicht leiden bzw. erkranken. Das ist aus meiner Sicht wirklich eine effektive Maßnahme.

Meine Damen, meine Herren, eine Ampelkennzeichnung kann und wird dem Verbraucher nicht abnehmen, Lebensmittel kritisch zu prüfen. Wer sich zum Beispiel ein Auto kauft, fällt ja seine Entscheidung auch nicht allein nach dem Aussehen oder irgendeinem Prüfsiegel, sondern informiert sich zumindest über Leistung, Verbrauch oder Ausstattung. Und deshalb finde ich es wichtig und richtig, dass unsere Ministerin Julia Klöckner mit ihrer Reduktionsstrategie – reduzieren heißt, Zucker, Fett und Salze im Blick zu haben – einen guten Einstieg geschafft hat, weil diese Strategie einerseits auf Innovationen bei der Ernährungsindustrie und beim Handwerk setzt, aber andererseits auch auf Bewusstseinsbildung beim Verbraucher.

Das heißt: Unser gemeinsames Ziel muss es sein, das Bewusstsein bei unseren Bürgerinnen und Bürgern für eine gesunde Lebensweise und für einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln zu stärken. Leider hat die Einführung von Nährwertangaben zuletzt noch nicht zu einem veränderten Konsumverhalten geführt; auch das gehört zur Wahrheit.

Abschließend sage ich – das ist eine ganz persönliche Meinung, von der ich aber fest überzeugt bin –: Wenn wir wirklich mehr in Sachen Aufklärung und Verbraucherverhalten verändern wollen, dann müssen wir jetzt und in Zukunft ernsthaft über eine staatliche und vor allem neutrale Ernährungsberatung nachdenken. In diesem Sinne: Wir lehnen die Anträge der Opposition ab.

Damit herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)