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Maik Beermann: Eltern in Arbeit zu bringen trägt dazu bei, Armut abzuschaffen

Rede in der aktuellen Stunde zur Familienförderung und Bekämpfung der Kinderarmut

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass Kinderarmut zu einer Gesellschaft wie der, in der wir hier bei uns in Deutschland leben, einfach nicht passt. Da gibt es auch gar nichts schönzureden. Das wollen wir nicht. Es gilt, daran zu arbeiten, dass dies anders wird. In unterschiedlichen Wortbeiträgen haben wir ja schon wahrnehmen können, wie wir das machen wollen und dass es da unterschiedliche Interessen oder unterschiedliche Herangehensweisen gibt. Das ist ja auch nachvollziehbar und richtig.

Aber, Frau Zimmermann, für mich persönlich ist dieses Thema schon ein sensibeles.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Sie reden alles schön!)

Es kommt auch immer darauf an, wie man sich hier an das Rednerpult stellt und gewisse Dinge verkauft. Aber es so darzustellen, als ob wir in einem so schwierigen und schlechten Land leben und nicht alles im Blick haben, stimmt so doch gar nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Sie reden alles schön!)

– Moment, nein. Wir reden nichts schön. Wir wollen diese Probleme lösen. Da lohnt sich auch einmal ein intensiver Blick in den Koalitionsvertrag. Wenn Sie das getan hätten, dann wären einige Dinge schon erledigt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Nein, nein!)

– Danke schön. – Ich gebe Ihnen auch recht, dass die immerhin 20 Prozent aller Kinder, die sich dauerhaft oder allgegenwärtig wiederkehrend in einer gewissen Armutslage befinden, eine Größenordnung ist, die wir alle nicht wollen und nicht gutheißen können. Aber zur Wahrheit gehört auch – das sage ich in Richtung von Frau Dörner –, dass eine der größten Errungenschaften in unserem Land – das vergessen wir immer – der Sozialstaat ist. Dieser Sozialstaat sorgt dafür, dass es niemandem an der Grundversorgung mangelt. Das gehört zur Wahrheit in dieser ganzen Debatte dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU – Helin ­Evrim ­Sommer [DIE LINKE]: Sie haben es bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, mit Hartz-IV-Gesetzen und, und, und!)

– Man kann das natürlich so darstellen wie Sie. Ich kann Ihnen aber auch Beispiele geben, dass unsere Familienpolitik im Land wirkt.

(Zuruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

– Schauen auch Sie sich einmal die Zahlen an. – Unsere Familienpolitik wirkt auch dahin gehend. Seitdem Frau von der Leyen das Elterngeld eingeführt hat, haben wir Gott sei Dank wieder steigende Geburtenraten. Das heißt, auch die Menschen in unserem Land sind wieder bereit, Kinder zu bekommen, weil sie wissen, dass sie eine vernünftige Unterstützung seitens des Staates bekommen. Wir haben einen Rechtsanspruch auf Krippenbetreuung geschaffen usw. Das gehört doch einfach zur Wahrheit dazu. Warum blenden Sie das immer aus? Das hat nichts mit Schönreden zu tun, sondern das sind klare Zahlen, die man belegen kann. Auch das ist eine Errungenschaft unseres Staates, auf die man einfach stolz sein darf.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Aber 2 Millionen Kinder leben immer noch in Armut!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Armut bedeutet auch Bildungsarmut. Aber Bildung und Teilhabe sind für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig und von grundlegender Bedeutung für Kinder. Es ist schon angeklungen, dass wir das Bildungs- und Teilhabepaket definitiv nicht abschaffen wollen – wie es die Grünen in ihrem Wahlprogramm geschrieben haben –, sondern wir wollen es verändern, wir wollen es entbürokratisieren. Wir wollen natürlich, dass mehr Menschen – in diesem Fall mehr Kinder – darauf zugreifen können. Ich finde es gut, dass wir gemeinsam mit der SPD vernünftige Lösungen im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Dort wird klar gesagt: Das Geld, das wir dafür zur Verfügung stellen, soll ausgegeben werden. Wir wollen es gar nicht horten. Es wird nicht komplett abgerufen, also verändern wir etwas in diesem Bereich. Wir entbürokratisieren es, digitalisieren es. Damit führen wir Verbesserungen herbei.

Herr Reichardt, ich bin nicht derjenige, der immer nur basht. Ich möchte auf einige Dinge eingehen und versuchen, diese sachlich anzusprechen. Sie haben durchaus recht mit dem, was Sie sagen: dass Arbeit, Arbeit, Arbeit nicht immer nur der richtige Weg sein kann. Ich bin einmal ganz ehrlich: Ich persönlich kann mich damit anfreunden und eine Diskussion darüber führen, ob es richtig ist, ein Elterngehalt einzuführen. Aber nichtsdestotrotz gibt es in unserem Land eine Wahlmöglichkeit. Diese Wahlmöglichkeit sollte auch erhalten bleiben, und zwar deswegen, damit sich Eltern bewusst entscheiden können, arbeiten zu gehen. Deswegen ist arbeiten zu gehen eine Art der Armutsbekämpfung. Das dürfen wir nicht vergessen. Deswegen gehört es in diesen großen Blumenstrauß der familienpolitischen Leistungen, dafür zu sorgen, Eltern in Arbeit zu bringen, dass sie Beschäftigung haben, dass sie ein vernünftiges Gehalt bekommen. Das trägt nicht nur dazu bei, Armut abzuschaffen. Es trägt zu etwas anderem bei – das ist viel wichtiger –: Es hat eine Vorbildfunktion, wenn Kinder sehen und erfahren, dass es Leistung braucht, um gewisse Dinge zu erreichen, dass Eltern arbeiten gehen müssen, um den Kindern etwas zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss, Frau Dörner, etwas zu dem, was Sie am Schluss Ihrer Rede gesagt haben. Sie haben wieder das angesprochen, was Sie vor einigen Wochen in Ihrem Antrag zum Kinderzuschlag gefordert haben. Auf den Kinderzuschlag möchte ich nicht eingehen, sondern ich möchte etwas zum Kinderfreibetrag sagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie sprechen im Zusammenhang mit dem Kinderfreibetrag immer von der Förderung von Spitzenverdienern. Das ist jedes Mal so, wenn man davon hört. Diese Diktion ist einfach nicht richtig. Hierzu kann ich nur sagen, dass es vielmehr richtig ist, dass der Kinderfreibetrag dafür sorgt, dass das Existenzminimum von Kindern nicht besteuert wird; das sagt sogar das Bundesverfassungsgericht.

(Beifall des Abg. Michael Theurer [FDP])

Deswegen ist der Kinderfreibetrag ein gutes und vernünftiges Instrument zum Einsparen von Steuern.

Wir haben viel erreicht; wir haben auch noch einiges zu tun. Wir werden in der Großen Koalition dafür sorgen, dass wir einen guten Maßnahmenplan auf den Weg bringen, und versuchen, die Kinderarmut bis zum Ende dieser Legislatur auszurotten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)