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Karin Maag: Unser klares strategisches Ziel ist es, Kontaktpersonen und Infektionen zu erkennen

Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Gesundheit zur Bekämpfung des Coronavirus

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Noch einmal zurück zur Strategie – es ist die Behauptung in den Raum gestellt worden, da seien noch Themen offen –: Unser klares strategisches Ziel heißt bis auf Weiteres, Kontaktpersonen und Infektionen zu erkennen, die Infektionsketten einzudämmen, sodass sich die Viren möglichst langsam verbreiten.

Es macht einen ganz großen Unterschied, ob alle Erkrankungen innerhalb von vier Wochen auftreten oder eben entzerrt innerhalb von ein bis zwei Jahren. Warum macht das einen Unterschied? Weil die Eigenschaften des Coronavirus momentan noch nicht ausreichend bekannt sind. Daher ist es umso wichtiger, weltweit Krankheitsfälle zu beobachten, zu analysieren und zu bewerten. Je mehr Zeit wir gewinnen, desto besser können sich unsere Wissenschaftler, unsere Ärzte, aber natürlich auch Verwaltung und Politik vorbereiten, Maßnahmen anpassen, sich national und international abstimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin unserem Minister Jens Spahn außerordentlich dankbar, dass er diese Abstimmung initiiert und betreut, dass er sich kümmert und dann auch handelt. Danke, Herr Minister! Ich danke an dieser Stelle insbesondere Bündnis 90/Die Grünen und auch der FDP für konstruktive Oppositionsarbeit. Das ist nicht selbstverständlich, wie wir bei anderen Oppositionsparteien sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])

Frau Weidel, es wäre schön gewesen, wenn Sie Ihre Fachpolitiker hätten reden lassen. Es ist für mich schwierig, Ihnen zuzuhören, so wie Sie mit der Angst der Menschen umgehen. Das ist zynisch und vor allen Dingen bar jeglichen Fachwissens.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde es ausgesprochen ärgerlich, wenn Ihr Fraktionskollege Herr Schlund das Vorgehen des Ministers und seine gute Aufklärungsarbeit ausdrücklich lobt, ihm im Namen der ganzen Fraktion, sogar der AfD, gedankt hat und Sie das Ganze ignorieren und ins Lächerliche ziehen. Da sollten Sie sich besser ein Beispiel an einigen Ihrer Fraktionsmitglieder nehmen.

Frau Ali, auch für Sie gilt: Es wäre besser gewesen, Sie hätten Ihre Fachpolitiker reden lassen. Harald Weinberg hat in der Debatte vor einem Monat ebenfalls die gute Aufklärungsarbeit des Ministers gelobt.

(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Zuhören hilft!)

Er sagt, keine Panik zu verbreiten, sei richtig und gut gewesen, und hat sich an dieser Stelle auch bedankt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gesundheitsämter vor Ort tun weiterhin alles, um dem Auftrag, einzudämmen, gerecht zu werden. Aber nachdem nun die Infektionsketten und die Kontaktpersonen teilweise nicht mehr nachvollziehbar sind, wird sich die Zahl der Infizierten geradezu selbstverständlich weiter nach oben bewegen. Genauso selbstverständlich – das sehen bereits die entsprechenden Pandemiepläne zum Beispiel des RKI, aber auch der Länder und der Kommunen vor – muss die Bekämpfungsstrategie schrittweise angepasst werden, auch lokal, hin zum Schutz der Schwächeren, weg vom bloßen Eindämmen.

Aber wichtig ist, dass wir weiterhin mit Augenmaß arbeiten, angepasst an die jeweilige Situation vor Ort – das Stichwort „Besonnenheit“ ist gefallen –, mit Vorsicht und vor allen Dingen auf der Basis des Fachwissens des Robert-Koch-Instituts. Aber es ist richtig, dass zum Beispiel Entscheidungen über die Absage von Großveranstaltungen oder über Schulschließungen lokal getroffen werden. Die Behörden vor Ort kennen die Situation und können das Ganze sehr viel besser einschätzen als wir von Berlin aus.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allem, was in Pandemieplänen und Strategien steht, bemerkt man erst im Echtbetrieb vor Ort tatsächlich, dass manches noch nicht so gut funktioniert. Das gilt es weder zu beschönigen noch zu dramatisieren. Die Handlungsempfehlungen des RKI, aber auch der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Umgang mit Patienten, Laborleistungen, Meldepflichten oder Abrechnungsmöglichkeiten sind angekommen. Das wird zurückgespiegelt. Frau Ali

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Mohamed Ali heiße ich, nur zu Ihrer Information!)

– Entschuldigung –, Frau Mohamed Ali – ich werde es mir merken –, das wurde auch von Ärzten bestätigt. Wir bekommen auch solche Rückmeldungen. Das ist der Unterschied zur Fachpolitik. Natürlich ist die Lage regional unterschiedlich.

Wir wissen um die Engpässe bei Desinfektionsmitteln oder Schutzmasken, insbesondere für Ärzte und Pflegekräfte. Wir werden den Apotheken nun ermöglichen, für einen begrenzten Zeitraum wieder selbst Desinfektionsmittel herzustellen. Schutzmasken werden zentral beschafft. Auch Ausfuhrbeschränkungen gelten mittlerweile. Dort, wo Abrechnungsfragen zu lösen sind, haben wir sie bereits gelöst.

Es wird weiterhin Stolpersteine geben. Das ist die Botschaft vor allen Dingen an die Leistungserbringer: Benennen Sie uns Ihre Probleme! Es ist in unserem gemeinsamen Interesse, dass wir den Herausforderungen begegnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Corona wird uns auch den Blick auf den medizinischen Alltag nicht verstellen. Entscheidend ist doch, dass der Regelbetrieb in den Praxen und Krankenhäusern aufrechterhalten wird. Dazu dient vor allen Dingen auch die heute Morgen erfolgte zeitweilige Aufhebung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung. Das ist gut; das ist für alle Beteiligten wichtig.

Im Nachgang, Herr Lindner, werden wir dann bewerten, was gut lief, was falsch lief, was besser eingeübt werden muss. Es bleibt der Dank an alle, die im Moment Tag und Nacht an der Bekämpfung des Coronavirus arbeiten. Danke für ihren gewissenhaften und angemessenen Umgang!

Und Ihnen herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)