Skip to main content

Karin Maag: "Es gibt kein Impfchaos"

Rede zum Impfbeginn in Deutschland und in Europa

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Münzenmaier, Ihre Fraktionsvorsitzende hat heute Morgen im „ZDF-Morgenmagazin“ auf die Frage, ob sie sich denn persönlich impfen lassen wolle, ausweichend geantwortet; sie konnte sie schlicht nicht beantworten. Ihre Rede reiht sich jetzt in diesen verheerenden Eindruck ein;

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

sie war frei von jeder Fach- und Sachkenntnis.

Herr Lindner, ganz ehrlich: Vielleicht geben Sie uns die Ehre, einmal den Gesundheitsausschuss zu besuchen. Das würde bei der Argumentation tatsächlich helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ansteckungs- und Sterbezahlen sind – das ist fürchterlich – weiterhin sehr hoch, und, ja, auch Mutationen, so wie sie in Großbritannien aufgetreten sind, sind noch mal eine neue Gefahrenquelle. Deshalb haben wir im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz den Gesundheitsminister beauftragt, die Labore nicht nur zur Sequenzierung zu verpflichten, sondern vor allem auch die Daten an das RKI zu melden.

In vielen Regionen sind die Belastungsgrenzen erreicht. Kurz: Die Fallzahlen müssen runter. Deswegen ist es nicht nur richtig und unvermeidbar, dass wir den Lockdown bis zum 31. Januar aufrechterhalten und dass die Ministerpräsidentenkonferenz das Ganze sogar noch mal verschärft hat. Umso wichtiger – das ist ein Thema, das uns wirklich beschäftigt – ist doch, dass wir innerhalb eines Jahres schon zwei wirksame Impfstoffe zur Verfügung haben – ein großartiger Erfolg von Wissenschaft und Forschung. Ehrlich gesagt, finde ich es jammerschade, dass hier im Parlament der Versuch gemacht wird, solche Erfolge zu zerreden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für mich und meine Fraktion geht es jetzt vor allem ums Impfen. Frau Bas, natürlich kann man Fragen stellen; es kommt aber immer auf den Kontext an, es kommt darauf an, wer sie stellt und in welchem Zusammenhang. Ich gehe davon aus, dass im Kabinett wirklich ausreichend Möglichkeit bestand, dies zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt kein Impfchaos. Im Gegenteil: Wir sind in der Union unserem Gesundheitsminister Jens Spahn für seine Weitsicht dankbar. Es war sein Weg, gemeinsam mit Europa zu bestellen. Die 26 anderen EU-Staaten haben doch in den nächsten zehn Jahren im Gedächtnis, wie sich das wirtschaftsstarke Deutschland in der Not verhalten hat. Bulgarien, Kroatien und Portugal würden heute nicht impfen ohne die europäische Initiative. Und er war es, der die Impfstoffallianz mit Frankreich, Italien und den Niederlanden bereits im April ins Leben gerufen hat, um der „America First“-Politik etwas entgegenzusetzen und auch für Europa gute Bestellergebnisse zu erzielen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn alle Bestellungen bedient werden, dann verfügen wir in Deutschland über 300 Millionen Dosen Impfstoff und können – das wurde mehrfach schon gesagt – allen Deutschen bis zum Sommer ein Impfangebot machen. Wir haben also, Herr Lindner, kein Bestellproblem; aber der Impfstoff muss nach der Zulassung auch hergestellt werden. Und auch da unternimmt der Bundesgesundheitsminister alles, damit schnell mehr Impfstoff zur Verfügung steht. Bereits genehmigt hat die EMA, die EU-Arzneimittelbehörde, die Ausweitung der regelhaften Entnahme auf sechs statt fünf Dosen aus den Behältnissen; das sind 20 Prozent mehr. Die Länder wissen seit dem 27. Dezember 2020 Bescheid.

Dass BioNTech und Pfizer auch in Marburg produzieren können, hat ebenfalls sehr viel mit dem Gesundheitsminister zu tun. Er hat sich bereits im August, als sonst noch niemand daran gedacht hat, um weitere Produktionsmöglichkeiten bemüht.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Das muss ein Genie sein!)

BioNTech kann nicht zuletzt deshalb die Verdopplung seiner Produktionskapazitäten ankündigen. Der Bund und das Land Hessen streben einen Produktionsstart im Februar an. 2 Milliarden Dosen Impfstoff, das ist doch ein Wort! Der Gedanke jedenfalls, dass überall dort, wo Kopfschmerztabletten hergestellt werden, auch Impfstoff produziert werden kann, geht jedenfalls sehr entspannt mit Sach- und Fachkenntnis um und schlicht an der Realität vorbei.

Kurz: Wir sind im internationalen Vergleich nicht an der Spitze, aber auch bei Weitem nicht Schlusslicht.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist Afrika! Das kann man ja nicht vergleichen!)

Bislang sind in Deutschland – der Minister hat es gesagt – 700 000 Impfungen gegen Covid-19 registriert. Wir werden täglich besser, und ich empfehle allen Nörglern, sich nur einmal mit den Bürgern in Frankreich oder in Holland zu unterhalten; das erdet ganz bestimmt. Und übrigens: Dort, wo geimpft wird, funktioniert es. Ich kann die Organisatoren und die Mitarbeiter zum Beispiel im Impfzentrum am Robert-Bosch-Krankenhaus bei mir in Stuttgart nur ausdrücklich loben. Ich war mit meiner 84-jährigen Mutter dort. Wir haben einen Impftermin für sie ergattert; es lief wie am Schnürchen.

(Jan Korte [DIE LINKE]: „Ergattert“ ist das richtige Wort! Das ist nämlich das Problem!)

Was offensichtlich nicht funktioniert, ist das Einladungsmanagement. Da hätte ich mir gewünscht, dass die Länder auf ein bundeseinheitliches Angebot unserer Kassenärztlichen Bundesvereinigung zurückgegriffen hätten. Nicht jedes Land muss sein eigenes Modell fahren; den tatsächlich mehr oder weniger erzielten Erfolg kann man an den unterschiedlichen Länderimpfquoten ablesen. Klar ist für mich: Die Menschen wollen einfach und schnell einen Termin. Dabei kommt es nicht auf zwei Tage mehr oder weniger an; es geht um die Sicherheit, dass sie tatsächlich einen Termin erhalten.

Unser wichtigstes Etappen- und Zwischenziel heißt jetzt, die über 80-Jährigen in den Pflegeheimen zu impfen und dann sukzessive auch den über 70-Jährigen ein Impfangebot zu machen. Wir können im Februar/März damit schon sehr weit sein. Das wird nicht nur unser Gesundheitssystem, die Krankenhäuser deutlich entlasten; es wird einen entscheidenden Sprung in der Bekämpfung der Pandemie geben. Ich bin dankbar für jeden, der sich impfen lässt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Scheint alles gut zu laufen! – Gegenruf des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)