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Kai Whittaker: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet zum Wohle des Gesamten zu agieren

Rede zur Erleichterung von Betriebsratswahlen

Herr Präsident! Werte Kollegen! Frau Krellmann, ich finde es immer wieder interessant und faszinierend, wie Sie sich an diesem Pult als einzig wahre Vorkämpferin der Betriebsrätinnen und Betriebsräte in diesem Land gerieren

(Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Das war der Michael Gerdes!)

und uns quasi in eine Ecke stellen und den Eindruck erwecken, als hätten wir von Mitbestimmung in diesem Land keine Ahnung.

Ich will noch einmal daran erinnern: Es war meine Fraktion, die 1952 – das ist schon ein bisschen her – dieses Betriebsverfassungsgesetz überhaupt eingeführt hat und zu einem großen Erfolg in Deutschland gemacht hat. Darauf sind wir sehr stolz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn wir haben auch in unseren Reihen engagierte Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die hervorragende Arbeit leisten. Ich habe das selbst in meinem Berufsleben erlebt. Als wir in der Wirtschaftskrise 2008/2009 vor erheblichen, schwierigen Entscheidungen standen, haben die Betriebsräte gemeinsam mit den Unternehmen versucht, möglichst viele Arbeitsplätze zu retten. Ich bin daher jedem Betriebsrat dankbar, der sich da engagiert.

Dass es so funktioniert, liegt in dem Geist des Gesetzes begründet. Ich halte es für hilfreich, das hier noch einmal zu zitieren. § 2 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz lautet:

Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

Daran wird deutlich, worum es eigentlich geht. Es geht darum, dass Arbeitgeber nicht einseitig ihre betrieblichen Interessen egoistisch verfolgen dürfen und Arbeitnehmer genauso wenig egoistisch handeln dürfen. Vielmehr sind beide verpflichtet, zum Wohle des Gesamten zu agieren. De facto haben wir ihnen zwei Seelen in dieselbe Brust gelegt. Dieses System hat sich bewährt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie versuchen stattdessen, mit dem Betriebsverfassungsgesetz eine Arena für Gladiatorenkämpfe aufzubauen. Sie wollen Misstrauen säen und versuchen, zu spalten.

Ich möchte einen Punkt aufgreifen, den Kollege Gerdes schon genannt hat. Wir haben im Grundgesetz die Koalitionsfreiheit verankert. Das heißt nichts anderes, als dass die Menschen entscheiden können, ob und, wenn ja, wie sie sich betrieblich organisieren wollen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt aber wirklich mal ins Betriebsverfassungsgesetz reingucken!)

Es gibt keine Pflicht, sich zu organisieren.

Sie wollen in Ihrem Antrag ganz klar verankern, dass jedes Jahr darüber abgestimmt wird, ob es einen Betriebsrat geben soll oder nicht, nach dem Motto „So lange wählen, bis das Ergebnis passt“. Das hat mit demokratischen Entscheidungen unserer Meinung nach nichts zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb müssen wir noch einmal genau hinschauen: Ja, wir haben unterschiedliche Arten der Vertretung. In großen Konzernen, solchen ab 500 Mitarbeitern, haben wir eine Vertretung durch Betriebsräte von 85 Prozent. Bei kleinen Unternehmen – mit 5 bis 50 Mitarbeitern – sind es gerade einmal 6 Prozent. Das könnte auch einfach damit zusammenhängen, dass man sich kennt, wenn man sich in einem Zehnmannbetrieb auf dem Flur über den Weg läuft, und deshalb die vertrauensvolle Zusammenarbeit sich anders organisiert als über einen Betriebsrat.

Deshalb sagen wir: Ja, wir wollen auch in kleineren Betrieben den Betriebsrat fördern. Das tun wir, indem wir zum Beispiel das Wahlrecht erleichtern. Und wir stärken sogar in dieser Legislaturperiode die Betriebsräte, indem wir ihnen das Initiativrecht geben, was Weiterbildung angeht, ein wichtiges Thema, wie die Diskussion um die Digitalisierung zeigt. Darauf hat Kollege Gerdes gerade zu Recht hingewiesen.

Man könnte es auch ausweiten. Man könnte auch darüber diskutieren, ob wir bei den Betriebsratswahlen nicht auch Onlinewahlen bräuchten. Wir könnten darüber diskutieren, ob wir nicht eigentlich auch Betriebsräten das Recht geben müssten, sich per Telefonkonferenzen oder Videoschaltkonferenzen auszutauschen.

Wenn es stimmt, dass die Unternehmen aufgrund der Digitalisierung über ganz Deutschland und Europa verstreut sind, dann können wir ihnen doch nicht mehr zumuten, die Betriebsratsarbeit vor Ort zu organisieren.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege.

Kai Whittaker (CDU/CSU):

Wir müssen ihnen stattdessen die Möglichkeit geben, dass sie sich per Konferenz zusammenschalten. Ich freue mich auf die Debatte des Ausschusses darüber.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)