Skip to main content

Frank Heinrich: "Die Wälder der Penan werden durch Holzfirmen bedroht"

Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 27. Juni 1989

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich nahtlos der kleinen Gratulation an das Parlament anschließen, dass wir diese Ratifizierung heute so vornehmen dürfen. Frank Schwabe hat in seiner Rede davon gesprochen, dass es lange, lange, viel zu lange gedauert hat. Aber ich freue mich riesig, dass ich heute sprechen darf, weil ich beiden Ausschüssen angehöre, die in den letzten zehn Jahren fast jährlich über dieses Thema diskutiert haben: dem Ausschuss für Arbeit und Soziales auf der einen Seite – wir haben die Staatssekretärin gehört – und dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe auf der anderen Seite. In beiden hat es eine gravierende Bedeutung. Wir dürfen damit klar Stellung beziehen und international ein Zeichen setzen. Ich möchte kurz daran erinnern, dass wir uns die Ratifikation ja auch als Aufgabe im Koalitionsvertrag vorgenommen haben. Da können wir jetzt einen Haken dran machen.

Auf den allgemeinen Stand der Dinge sind meine Vorredner immer wieder eingegangen; ich will nicht alles davon wiederholen. 1989 wurde das Übereinkommen beschlossen, 1991 ist es in Kraft getreten. Dennoch haben erst 23 der 187 ILO-Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifiziert, ganz überwiegend lateinamerikanische Staaten, auch weil ein beachtlicher Bevölkerungsteil dort indigener Herkunft ist. In Europa haben es – die Länder haben Sie jetzt mehrfach gehört – Norwegen und Dänemark, weil in ihrem Staatsgebiet Bevölkerungsgruppen im Sinne des Übereinkommens leben, sowie die Niederlande, Spanien und vor Kurzem Luxemburg ratifiziert. Wenn wir international in dieser Geschwindigkeit weitermachen würden, dann bräuchten wir noch 170 Jahre, bis alle Staaten das Übereinkommen unterzeichnet haben. Da sieht man, wie langwierig wir leider unterwegs waren.

Warum hat es bei uns so lange gedauert? Es kam mehrfach zur Sprache: Bei uns leben keine Gruppen, die unter dieses Übereinkommen fallen. Bei der Anerkennung bestimmter Rechte, die in dem Übereinkommen verankert sind, bestand die Gefahr, dass sie deutschen Gesetzen widersprechen würden; das konnte glücklicherweise endlich ausgeräumt werden. Und es gab einige Bedenken von deutschen Unternehmen, dass sich ihnen daraus Nachteile ergeben würden. Da bin ich als Menschenrechtler umgekehrter Ansicht.

Was erhoffen wir uns davon, das Übereinkommen zu ratifizieren? Die außenpolitische Position Deutschlands in Bezug auf die Rechte indigener Völker zu stärken, die allgemeinen menschenrechtlichen und klimapolitischen – und damit auch uns betreffenden – Ziele Deutschlands zu fördern – unsere Ziele –, eine positive Signalwirkung – das hat auch mein Vorredner schon gesagt – insbesondere an die Industrienationen zu senden, es ebenfalls zu ratifizieren, und damit den Schutz der indigenen Völker international zu stärken.

ILO 169 und Klimaschutz mit Relevanz für uns alle: Wenn indigene Völker ihr Land verlieren, zerstört dies ihre Gesellschaften und macht ihre Angehörigen oft anfälliger für gravierende soziale Schwierigkeiten bis hin zu schweren Krankheiten. Das Übereinkommen hilft aber nicht nur indigenen Völkern; es hilft, wie mehrere Vorredner gesagt haben, tatsächlich uns allen. Es spielt eine Schlüsselrolle beim weltweiten Schutz der Wälder, indem es jenen Menschen die Kontrolle über ihr Land zurückgibt, die sich seit Generationen darum gekümmert haben. Ein hoher Anteil – mein Kollege Patzelt hat das vorhin erwähnt – der weltweit verbliebenen Regenwälder und Biodiversität entfällt auf Regionen, auf das Land dieser indigenen Völker. Und jetzt werden die Landrechte indigener Völker anerkannt und wertgeschätzt. Das ermöglicht ihnen eine Zukunft und schützt die Wälder, in denen sie leben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein kleines Beispiel. Wir haben viel von den Wäldern gehört, die, wenn man an das Klima denkt, ja doch mit uns zu tun haben. Zitat: „Land ist unser Leben und unser Blut. Ohne den Wald können wir nicht überleben“, so ein Angehöriger der Penan, einer indigenen Volksgruppe von etwa 10 000 Mitgliedern auf der Insel Borneo. Inzwischen leben nur noch wenige Hundert dieser Penan auf ihre traditionelle nomadische Lebensweise im tropischen Regenwald. Die Wälder der Penan werden durch das immer tiefere Eindringen von Holzfirmen in den unberührten Regenwald bedroht. Gerade noch 10 Prozent der Urwälder Sarawaks – ein malaysischer Bundesstaat auf Borneo – gelten als einigermaßen intakt. Diese Restgebiete liegen vor allem im Territorium der Penan. Die nomadisch lebenden Penan sind vom Regenwald abhängig. Sie sind angewiesen auf die in ihm vorkommenden Wildtiere, Sagopalmen und anderen Pflanzen, die zur Herstellung für ihre Naturmedizin gebraucht werden. Eine Ausrottung des Regenwaldes bedeutet das Verschwinden dieser Volksgruppe. Bis heute kämpfen sie um die Anerkennung ihrer Landrechte und die Beendigung dieser Waldzerstörung, die wir mit verantworten. Es ist ein guter Tag für sie, für uns und von uns.

Um ein Zitat von Staatssekretärin Griese vom Anfang der Debatte zu gebrauchen: „Richtet eure Augen auf die indigenen Völker … und ihre Rechte!“ – Für sie und für uns alle.

Danke, dass wir die Debatte hier haben durften.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])