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Frank Heinrich: Das Ziel ist eine ganzheitliche Unterstützung in allen Lebenslagen

Perspektiven für Langzeiterwerbslose durch gute öffentlich geförderte Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Diskussion ist nicht neu – das haben Sie, Frau Zimmermann, in Ihrer Rede gesagt; es war die Rede von 2005 und 1995. Wir haben einige Erfahrungen in dem Bereich gemacht; das wurde in anderen Reden zitiert.

Auch wir sehen Chancen bei öffentlich geförderter Beschäftigung, aber eben nicht nur im Blick zurück, sondern ganz besonders im Blick voraus. Wir haben im Koalitionsvertrag miteinander vereinbart, dass wir in diesem Bereich etwas machen.

(Kerstin Tack [SPD]: Richtig!)

Der eine kennt es besser, der andere weniger gut. Ich war einige Jahre Sozialarbeiter und habe direkt mit Langzeitarbeitslosen zusammengearbeitet. Natürlich hat das Auswirkungen, die man auch in den Gesichtern der Menschen sehen kann, die in solchen Projekten sind: gesellschaftliche Teilhabe, soziale Kontakte, Wertschätzung, Anerkennung, höhere Zufriedenheit, persönliche Entwicklung.

Aber ich weiß auch, dass das eigentliche Ziel, das wir in diesem Hohen Haus damit verbinden, nämlich Langzeitarbeitslose über öffentlich geförderte Beschäftigung nach Ende dieser Förderung in ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bekommen, mit diesem Instrument nicht in dem Maße erreicht worden ist, wie wir uns das vorgenommen haben. Unser ultimatives Ziel ist, dass die Menschen dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehen. Der Blick ist also nicht einer zurück, sondern einer voraus.

Deshalb plädieren wir – ich persönlich auch – für ein ganzheitliches Konzept: Sie nannten das Wort, das bei den Linken mehrfach im Antrag steht: individuelle und passgenauere Unterstützung von Langzeitarbeitslosen durch Programme, die dem Coaching ähneln. Kollege Rosemann hat das angesprochen.

Individuell, das bezieht sich zum einen insbesondere auf schwer zu erreichende junge Menschen gemäß § 16h SGB II, zum anderen auf Bedarfsgemeinschaften und Familien mit Kindern unter 18 Jahren – zwei Bereiche, die ich einfach mal rausgenommen habe.

Modellprojekte haben insbesondere dort Erfolge gezeigt, wo Leistungsempfänger im Jobcenter individuell gefördert wurden. Wenn häufiger persönlicher Kontakt bestand, dann ist der Erfolg viel größer gewesen. Im Moment ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Betreuer im Jobcenter für maximal 150 ALG-II-Empfänger über 25 Jahre und für maximal 75 ALG-II-Empfänger unter 25 Jahre zuständig ist. Allerdings haben wir an der Stelle die Erfahrung gemacht, dass in neun Bundesländern dieser Betreuungsschlüssel oft nicht eingehalten werden konnte.

Ich möchte ein Beispiel geben zum Thema „ganzheitliches Coaching junger Menschen“. Oft hilft es ja, wenn man Best Practices nimmt, um zu beschreiben, was wir damit meinen, und um ein Vorbild dafür zu haben, was ein Best Practice sein soll. Vor einigen Wochen habe ich hier in Berlin ein Projekt in Marzahn besucht. Der Kollege Schiewerling, unser geschätzter Kollege, hatte mich eingeladen, anhand dieses Beispiels den § 16h SGB II besser zu verstehen.

Es handelt sich um die „Manege“ – so heißt das Projekt – im Don-Bosco-Zentrum in Berlin-Marzahn. Das Ziel: ganzheitliche Unterstützung in allen Lebenslagen. Es umfasst „feste Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 16 und 25 Jahren, die über das Jobcenter … zugewiesen werden“. Es werden auch Selbstmelder unterstützt. Die Arbeit der „Manege“ ist „integriert in die aktivierenden Hilfen zur Heranführung an den Arbeitsmarkt“.

Einige Leitbilder dieser Einrichtung klingen ähnlich wie unser Ansatz: „Das individuell Beste suchen und geben“ – das meinen wir mit „passgenau“ –, „Nicht Not verwalten, sondern Not verwandeln“ und „Jeder hat das Recht auf einen neuen Anfang“. Aber das bezieht sich auf den Einzelnen.

Lassen Sie uns gemeinsam an den Rahmenbedingungen arbeiten, damit eine individuelle und passgenaue Unterstützung von Langzeitarbeitslosen bundesweit noch besser gelingt. Und warum? Weil individuelle Betreuung und Coaching nachweislich die besten, effektivsten Instrumente sind, um Langzeitarbeitslose wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. Damit werden wir – das steht ja im Titel des Antrags, über den wir heute debattieren – die Perspektiven für Langzeitarbeitslose verbessern. Das ist unser Plan.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)